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Prof. Dr. W. J. van ßebber: Wissenschaftliche Grundlage einer Wettervorhersage etc.
Die Wetterlage W und NW wird im Winter und Frühjahr am häufigsten abgelöst durch S und SW
oder durch N und NE, im Herbst und namentlich im Sommer folgt ihr die zentrale Lage.
Die zentrale Wetterlage geht im Winter und Herbst gewöhnlich in E und SE, im Sommer in S und SW
übel’, während im Frühjahr gesetzmässiges wenig zu erkennen ist.
Witterungscharakter bei den einzelnen Wetterlagen.
Die oben besprochenen Wetterlagen wechseln in zahlreichen Modifikationen mit einander ab, gestalten
sich in der mannichfaltigsten Weise um, gehen iu einander über und beherrschen so die Witterungserscheinun
gen in Eufiopa und speziell iu unseren Gegenden. So ist der Witterungscharakter kürzerer oder längerer
Zeitabschnitte, der Monate und der Jahreszeiten durch die Häufigkeit und Beständigkeit der verschiedenen
Wetterlagen bestimmt. Ob wir einen kalten oder einen milden Winter haben, ob der Sommer heiss und
trocken oder aber nass und kühl ist, ob das Wetter ruhig oder von starker oder böiger Luftbewegung be
gleitet ist, hängt lediglich von dem jeweiligen Verhalten der Wetterlagen ab.
Der Witterungscharakter bei den einzelnen Wettertypen ergiebt sich unschwer, wenn wir die Eigen
artigkeit der sie begleitenden Luftströmungen in Betracht ziehen und dabei die Jahreszeiten berücksichtigen
(vergl. Figuren 3 — 13).
Typus I (Hochdruckgebiet in W und NW, Depressionen in östlicher gelegenen Gegenden) bedingt in
unseren Distrikten Wincfe aus nördlichen Lichtungen, insbesondere Nordwestwinde. Diese sind in allen
Jahreszeiten böig, feucht und kalt und dementsprechend trägt auch die Witterung diesen Charakter. Für
die Witterung unserer Gegenden ist dieser Typus von der grössten Bedeutung, namentlich in der wärmeren
Jahreszeit, in welcher er am häufigsten vorkommt, entsprechend der normalen Druckvertlieilung in dieser
Jahreszeit (vergl. Fig. 2). Ihm ist es (in Verbindung mit Typus V) zu danken, dass unsere Sommer häufig
so kühl sind und so oft verregneft.
Typus II, welcher hauptsächlich den Sommermonaten und dem Friiliherbste angehört, zeichnet sich
aus durch schwache Luftbewegung aüs variabler Richtung, durch vielfach heitere oder neblige Witterung
und durch geringe Niederschläge, wobei die Temperaturverhältnisse insbesondere von der Strahlung ab
hängig sind. Im Sommer, bis in den September hin, begleiten ihn gewöhnlich sonnige und warme Tage,
verbunden mit Trockenheit, welche zuweilen zu Dürrperioden sich steigert. Im Winter und Herbst ist bei
seiner Herrschaft Nebelbildung die Regel. Im Spätfrühjahr und Frühherbste kommt es bei klaren Nächten
nicht selten zu Nachtfrösten und zur Reifbildung, namentlich, wenn Typus I in Typus II übergeht.
Typus III. Unter der Wechselwirkung der Hochdruckgebiete über Nordeuropa und der im Süden
gelegenen Depressionen sind bei der Herrschaft dieses Typus östliche und nordöstliche Winde vorwiegend.
Diese sind meist Landwinde, ihr Ursprung liegt in Russland. Ihrem Wesen nach sind sie dampfarm, im
Winter kalt, im Sommer meist warm. In Bezug auf Temperaturverhältnisse hat also bei der Herrschaft
dieses Typus das Wetter im Winter einen ganz anderen Charakter als im Sommer. Dieser Typus gehört
hauptsächlich der kälteren Jahreszeit an und spielt bei dem Zustandekommen und dem Verlauf unserer
strengen Winter (im Verein mit Typus II) eine bedeutungsvolle Rolle. Ich erwähne noch, dass bei seiner
Herrschaft im Winter das Wetter meist trübe, dagegen im Frühjahr und Sommer vorwiegend heiter ist.
Typus IV. Entsprechend der mittleren Luftdruckvertheilung gehört dieser Typus dem Winter (auch
Oktober und November) an. Südöstliche und südliche Winde, also Landwinde, sind vorwiegend, welche in
südlicher gelegenen Gegenden ihren Ursprung haben. Diese werden im allgemeinen trocken und warm sein.
Nur in der winterlichen Jahreszeit werden sie, je nach den im Südosten unseres Erdtheils obwaltenden
Wärmeverhältnissen, kalte Witterung bringen. Im allgemeinen ist der Typus IV als warmer zu bezeichnen.
Typus V ist der häufigste aller Wettertypen, er waltet in allen Jahreszeiten vor, nur im Frühjahr und
im Spätherbst tritt er etwas zurück. Die durch ihn bedingten südlichen bis westlichen "Winde sind ozeanischen
Ui’sprungs, feucht, im Winter warm, im Sommer kühl, also die Kälte der Winter und ebenso die Hitze
unserer Sommer mildernd. Im eigentlichen Sommer ist dieser Typus am meisten vertreten und cliarakteri-
sirt sich dann durch wnndige nasskühle Witterung. Die meisten Stürme in unseren Gegenden kommen bei
Herrschaft dieses Typus vor. Dabei ist die Wetterlage in Bezug auf unruhige Witterung am drohendsten,
wenn das barometrische Maximum über Frankreich liegt.
Das oben gesagte wird durch die folgende Tabelle, welche die Anzahl der w’armen und kalten Tage
(bezogen auf 8 h a. m.) bei den einzelnen Hauptw'ettertypen enthält, dargestellt.