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Full text: 22, 1899

22 
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1899 No. 4 — 
Rückblick und Ergebnisse. 
Am Schlüsse dieser Untersuchung, welche leider keine vollständige Lösung der Aufgabe: „Die Strö 
mungen des atlantischen Ozeans nördlich von 50° X-Br. aus den physikalischen Verhältnissen jenes Meeres- 
theiles zu bestimmen", zu liefern vermochte, scheint es angebracht, einen kurzen Blick auf die Ergebnisse 
zu werfen, welche dieselbe für die Mohnsche Theorie im besonderen und für die der Meeresströmungen 
im allgemeinen geliefert. 
Bezüglich der Wind Strömungen ist an der betreffenden Stelle schon genugsam darauf hingewiesen, wie 
die Bestimmung der erzeugenden Kraft genauer, d. h. den thatsächlichen Verhältnissen entsprechender, und 
auch einfacher als bisher üblich, aus den empirischen Beziehungen zwischen Gradient und Windstärke, ein 
facher jedenfalls als nach den barischen Windformeln vorzunehmen ist, welch’ letztere ausser der genauen 
Luftdruckvertheilung noch die Kenntniss der Isothermen und der Luftfeuchtigkeit voraussetzen. Falls man 
sich der Scottscheu Reduktion der Windgeschwindigkeit von Beaufort auf Meter pro Sekunde bedient, 
wäre allerdings das Endergebniss dasselbe. Da sich jedoch die Scott sehen Werthe als zu gross heraus 
gestellt haben, liefern die Mohn sehen Formeln falsche Resultate. 
Wesentlicher noch sind die Bedenken, welche gegen den Aufbau der Windfläche geltend gemacht 
werden können. Bezüglich dieses Punktes scheint der norwegische Meteorologe selbst seine Ansicht ge 
ändert zu haben, wie ein Vergleich der deutschen Ausgabe mit dem 3 Jahre später erschienenen Haupt 
werke zeigt. Nur schwer lässt sich vermuthen, was den Verfasser bewogen haben mag, die stufenweise 
Berechnung der Erhebung der Windfläche über die Niveaufläche — welches Verfahren umgekehrt bei der 
Bestimmung der Stromstärke aus der Erhebung der Stromfläche angewandt ist — durch die Berechnung 
mittels Parabelschnitten zu ersetzen. Sodann leuchtet die Behauptung, dass längs derselben Küstenlinie die 
Erhebung der Windfläche die gleiche sein müsse, keineswegs ein. Dass für das Nordmeer die Mohnsche 
Behauptung nach der Methode der Parabelschnitte bewiesen werden konnte, ist unter Berücksichtigung der 
ziemlich einfachen Stromverhältnisse nicht verwunderlich. Aber zugestanden, das Niveau längs fortlaufender 
Küsten wäre gleich; dann müsste man sich fragen, warum können nur Windströmungen diese Wirkung 
hervorbringen, warum nicht auch die Dichte- oder die aus beiden resultirenden Strömungen? wie die 
Mohn sehen Untersuchungen selbst ergeben haben. Dies ist um so auffälliger, als doch im allgemeinen 
die Windströmungen bei weitem den Hauptbeitrag zu der resultirenden Strömung liefern und man deshalb 
auch erwarten darf, dass sie ähnliche Veränderungen des Meeresniveaus bewirken werden. Für ein Strom 
system, dessen Achse nicht ungefähr in die Mitte des Meeresraumes gerückt ist, wie im europäischen Nord 
meer, wird man darum schwerlich verlangen können, dass die Erhebung an fortlaufenden Küsten stets die 
gleiche sei, wie z. B. im nordatlantischen Ozean Westeuropa entlang oder schon Grönland entlang. Sollte 
sich aber diese Bedingung als nothwendig erweisen, so würde man auf stromlose Punkte, von denen aus 
die Parabeln gelegt werden, verzichten müssen und wird Stromachsen parallel zu den Küsten einzuführen 
sich genöthigt sehen, welche man so lange schiebt und dreht, bis ihre Lage das gewünschte Ergebniss zu 
liefern ermöglicht. Die Konstruktion der Windfläche wäre damit von dem Erfolge eines Probirens abhängig, 
was für komplizirte Meeresräume zeitraubend und bezüglich des Resultates unsicher sein dürfte. 
Unter diesen Umständen dürfte es vielmehr rathsamer erscheinen — allerdings nur dann, wenn es 
sich um angenäherte Bestimmung lediglich der Oberflächenströmungen handelt (s. S. 19), denn die Berech 
nung der Tiefenströmungen beruht noch im wesentlichen auf derselben — überhaupt darauf zu verzichten, 
die Deformationen der Meeresoberfläche durch die Windströmungen zu berechnen. Man wird vielleicht 
klüger thun, aus der Dichtigkeitsfläche die Dichteströmungen zu bestimmen, analog etwa, wie dies aus der 
Stromfläche (s. S. 19) geschehen und wird dann für zahlreiche Punkte des Meeres nach dem Prinzipe des 
Kräfteparallelogramms die beiden Stromsysteme kombiniren. Auf diese Weise erspart man sich viel Arbeit 
und manches Kopfzerbrechen, welches die Berechnung der Windfläche erfordert, da Mohn keine allgemeine 
Theorie derselben giebt, sondern nur die speziellen Verhältnisse des europäischen Nordmeeres berücksichtigt, 
während andererseits die Berechnung der Dichteströmungen aus der Dichtigkeitsfläche mittels graphischer 
Hiilfsmittel sich einfach gestaltet und obendrein die Darstellung der Dichteströmungen die Wirkung der 
Dichteunterschiede im Meere anschaulicher macht, als die Dichtigkeitsfläche. Als Vorzug der Mohnschen
	        
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