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Full text: 22, 1899

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S99 No. 4 — 
grösste Stärke wird an der Grenze des Treibeises beobachtet, etwa 0.22 cm pro Sekunde oder '/z Seemeile 
pro Stunde. Während von hier die Geschwindigkeit nach dem Zentrum des Stromzirkels bis 0 abnimmt, 
vermindert sie sich von der Packeisgrenze bis zur grönländischen Küste bis auf '/« Seemeile pro Stunde. 
Hiermit wäre zum ersten Male theoretisch der Nachweis der Existenz jenes von Prof. Krümmel als eines 
der ozeanographisclxen Ergebnisse der Plankton-Expedition von 1889 gefundenen und auf den Strömungs 
karten seitdem verzeichneteu Stromkreises aus den physikalischen Verhältnissen der Irmingersee erbracht. 
Das System der atlantischen Strömungen 67 ) nördlich von 50°N-Br. wird, mit Ausnahme des Gebietes 
um Cap Earewell und der Newfoundlandbank, im wesentlichen mit dem oben beschriebenen Windströmungs 
system übereinstimmen. Die Stärke der nordöstlichen Windtrift, östlich von 40 2 W-Lg. und 45°N-Br., 
welche die Mitte des Gebietes beherrscht, ist im Durchschnitt weniger als 1 Seemeile in der Stunde (12 in 
24 Std.) 6S ). Dies entspricht auch den thatsächlichen Verhältnissen, indem die beobachteten Stromversetzun 
gen ein Vorwiegen der nordöstlichen Richtung über die anderen zeigen, mit einer mittleren Stärke von 
10—12 Seemeilen, während als Maximum das Dreifache und mehr festgestellt ist. Auch der im Norden 
herrschende cyklonale Stromkreis 68 * ) in der Irmingersee und Davisstrasse, welcher durch Prof. Krümmel 70 ) 
bereits vor 10 Jahren in die Stromkarten eingetragen wurde, lässt sich aus den englischen Monatskarten der 
atlantischen Meeresströmungen nachweisen, wenn derselbe auch bei der Lückenhaftigkeit des Beobachtungs 
materials weniger scharf ausgeprägt ist. Die Verhältnisse um Island 71 ) und an der Grenze des europäischen 
Nordmeeres sind von Irminger und Mohn bereits erkannt und beschrieben. Nur zwei Erscheinungen im 
Norden und Westen verdienen noch kurz erwähnt zu werden, nämlich der ostgrönländische und der La 
bradorstrom, welcher indes z. Th. als Fortsetzung des ersteren betrachtet werden kann. 72 ) Aus dem un 
bekannten Polarmeer kommend fliesst er zunächst an der Küste von Ostgröuland entlang nach Süden in 
ziemlicher Breite durch das Nordmeer, gelangt dann, durch die Erdrotation hart an die Küste gedrängt, 
durch die Dänemarkstrasse in die Irmingersee, wo er sich verschmälert, bis er, Cap Farewell umströmend, 
in die Davisstrasse und Baffinsbay eintritt, wo ihn z. Th. das Packeis, wie eine Küste wirkend, zwingt, um 
zuwenden und als Labradorstrom 73 74 75 ) unter dem Einfluss des Luftdruckmaximums über Labrador und des 
Minimums über der Davisstrasse in SSE-Iiichtung wieder in den atlantischen Ozean zurückzukehren. Während 
dieser Strom mit ’/4 bis 1 Seemeile (in 1 Std.) Stärke (erstere an der Küste) sich seiner ganzen Länge nach 
unter dem Packeise fortbewegt, ist seine theilweise Fortsetzung längs der Küste von Labrador die treibeis 
führende Strömung des nordatlantischen Ozeans, welche ebenso wie die erstere je nach den Eis- und Wind 
verhältnissen Schwankungen in der Geschwindigkeit zeigt zwischen 1 j bis 1 Seemeile und mehr pro Stunde. 
Ivomplizirter noch gestalten sich die Verhältnisse am Südende des Stromes, wo derselbe östlich von New 
foundland mit dem FIorida(Golf-)ströme zusammentrifft. 15 ) Hier theilt sich der Polarstrom und zwar setzt 
der östliche Theil der Gewässer seinen Weg in E- und NE-ltichtung fort, um später den Stromkreis der 
Irmingersee zu durchlaufen. Der mittlere Theil des Labradorstromes dagegen leistet dem Floridastrom theil 
weise Kompensation, indem er, die Newfoundlandbank umströmend, in entgegengesetzter Richtung seinen 
Weg als kalter NE-Strom nimmt, bis er sich mit dem, kaltes Wasser (Auftriebwasser) fortführenden Cabot- 
strom aus dem Mauren tischen Randmeer vereinigt. Das westliche Drittel endlich fliesst über die grosse 
Bank von Newfoundland, 76 ) z. Th. hart an der Küste in den St. Lorenzgolf, z. Th. durch die Rinne, welche jene 
durchzieht, w r ie Prof. Krümmel dargetlian hat, als Berichtigung zu der von Dr. Schott irrthümlich auf- 
gestellten Ansicht. 77 ) Alle diese Strömungserscheinungen übertrifft indes der Floridastrom in jeder Beziehung. 
67 ) Karte IV. 
68 ) Krümmel: Ozeanographie II, S. 429. Monthly Current charts of the Atlantic, Hydrogr. department, London 1897. 
68 ) Gr. Schott: Karte der Meeresströmungen. Krümmel: Geograph. Jahrbuch, XXII, 1899. 
70 ) Ergebnisse der Plankton-Expedition. Krümmel: Geophysikal. Beobachtungen. 
7t ) Ann. der Hydr. etc. 1880, S. 171. Mohn: De Norske Nordhavs Exp., II. Stromninger. 
Deutsche Seewarte: Segelhandbuch des atlantischen Ozeans, II. AufL., 1899, S. 361. 
72 ) Krümmel: Ozeanographie, II, 434. 
73 ) Deutsche Seewarte: Segelhandhuch des atlantischen Ozeans, II. Auf!., 1899, S. 362. 
74 ) Deutsche Seewarte: Segelhandbuch des atlantischen Ozeans S. 32—34. Ann. der Hydr. etc. 1887, S. 271. 
75 ) Ann. der Hydr. etc. 1S95, S. 41G. Libbey: Golf- und Labradorstrom. Ann. der Hydr. etc. 1885 u. 1890, S. 419. 
7e ) Annalen der Hydrographie etc. 1S96, S. 229. 
7: ) Ann. der Hydr. etc. 1896, S. 229. Ann. der Hydr. etc. 1897, S. 201—212. Geographisches Jahrbuch XXII, 1899.
	        
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