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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1898 No. 1 —
Auf der Mercator’sehen Karte hat der Längengrad überall dieselbe lineare Grösse, soll also das Ver-
hältniss von Längengrad zu Breitengrad überall dasselbe sein wie auf der Kugel, so muss der Breitengrad
mit der Breite im Verhältniss 1 : sec y wachsen. Der lineare Abstand des Breitenparallels y vom Aequator
auf einer für den Radius 1 entworfenen Karte ist demnach:
= § sec y dy> = l .n .tg (45°+j-y)
0
wo l.n den natürlichen Logarithmus bedeutet. Für den Radius r ist dies mit r zu multipliziren. Nehmen
wir den 60 sto " Theil des Längengrades (die Längenminute) als Einheit, so haben wir obigen Ausdruck mit
dem Bogenwerth, welcher = dem Radius ist oder mit 3437'7 zu multipliziren, oder was dasselbe ist, durch
sin 1' zu dividiren. Daher ist der Abstand des Breitenparallels y vom Aequator in Längenminuten aus-
SCdrU W = 3437i7 l.ntff (45°+ 3y) -=
J ^ 7 ’ sin 1
Dies sind die Zahlen, welche in der Tabelle der Meridionaltheile oder der wachsenden Breiten ent
halten sind.
Im nachfolgenden werden nun diese Zahlen nicht allein für die Breitengrade gebraucht, sondern all
gemein für jeden beliebigen Winkel, und da dürfte es sich empfehlen, eine Bezeichnung für dieselben ein
zuführen, welche jede spezielle Beziehung ausschliesst. Hierfür scheint die Bezeichnung Mercator’sche
Funktion ganz besonders empfehlenswertli zu sein, da sie zugleich dem Andenken des grossen Geographen
eine wohlverdiente Huldigung darbringt und an die enge Beziehung zu der seinen Namen tragenden Karten
projektion erinnert. Wir werden daher im folgenden den Namen Mercator’sche Funktion gebrauchen und
dieselbe mit f(x) bezeichnen, sodass
0)
/(*) =
l.n. tg (45°+ $x)
sin 1'
ist.
Die erste Aufgabe ist nun, die Eigenschaften dieser Funktion, soweit es hier erforderlich ist, zu ent
wickeln.
Setzen wir in Formel (1) 90°— x anstatt x, so wird:
/ (90°—x) =
l.n. tg (45°+ 45° — ¿» x)
sin 1'
l.n. cot 2 X
sin 1'
Es empfiehlt sich für diesen Ausdruck eine besondere Bezeichnung einzuführen, und zwar soll, analog
mit der aus der Goniometrie bekannten Bezeichnung: sin (90°—x) — co-sin x, tg (90°—x) — co-tang x u. s. w.,
nach dem Vorgänge von Kapitain Guy0u, f (90°—x) als Kofunktion von x bezeichnet werden, sodass also:
(2)
/(90°—x) — cof(x) —
l .n . cot ix
sin 1'
Ferner ist:
/(90° +x)
l .n .tg (45°+45°+ja:) _ l.n .tg (90°+ja:)
sin 1' sin 1'
l.n. {—cot ix)
sin 1'
Abgesehen von dem negativen Vorzeichen von cot ix würde dies — + cof (x) sein. Um aber anzu
deuten, dass die in dem Ausdrucke für die Kofunktion vorkommende Kotangente negativ ist, hängen wir
der cof (x) das Zeichen n an, indem wir uns vor Augen halten, dass wir es bei der Mercator’schen Funktion
mit Logarithmen zu thun haben, es ist also
Ferner wird:
/(90°++) = +cof(x) n
l .n .tg (45°+90°—ix) l.n. tg {180°—(45°+ \ x)} l.n. (¿—tg (45°+ ja-))
/(180 x) sini' sin 1' sin 1'
= +/(»)«
Endlich sei noch die Beziehung zwischen der Funktion von 180°+ x und der Funktion des spitzen
Winkels x zu suchen. Es ist: