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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S9S No. 2 —
Uebersicht über die mathematischen Hülfsmittel der Entwickelung.
Die empirische Grundlage der ganzen Untersuchung bilden die von Dr. Neumayer für den Anfang
des Jahres 1885 konstruirten Karten der erdmagnetischen Elemente H, d, i oder vielmehr die von ihm
daraus entnommenen Werthe dieser Grössen in den 1800 Punkten, in denen die Meridiane von 0°, 5°,
10°.... 355’ östl. Länge von Greenwich und die Parallelkreise von 0°, 5°, 10°.... 60° nördl. und südl. geogr.
Breite einander schneiden. Der bereits erwähnte, ausführliche Text zum Atlas des Erdmagnetismus (dem
IV. Theile von Bergbaus’ Physikalischem Atlas) giebt über die bei der Konstruktion der Karten benutzten
Materialien und über das dabei angewandte Verfahren Auskunft; es ist daher nicht nöthig, hier weiter
darauf einzugehen.
Aus den Werthen der Elemente H. ö, i wurden nun weiter diejenigen der Komponenten X, Y, Z ab
geleitet. Diese letzteren sind hier in Tabelle III zusammengestellt. Es bedeutet X die nach Norden, Y die
nach Osten, Z die nach unten positiv gemessene Komponente der Kraft, so dass die Anordnung der posi
tiven Halbaxen mit der gegenwärtig fast ausschliesslich angewandten übereinstimmt. Als Einheit dient hier,
wie überhaupt bei allen Angaben in der vorliegenden Arbeit, 0.1 S d. h. die Einheit der letzten
bei sorgfältigen absoluten Bestimmungen gewöhnlich angegebenen und noch einigermaassen zu verbürgenden
Stelle und im allgemeinen auch der letzten sicheren Stelle bei Variations-Beobachtungen. Herr Professor
Eschenhagen hat dafür die zur Erinnerung an Gauss gewählte Bezeichnung y vorgeschlagen. (Vergl.
Terrestrial Magnetism., Vol. I, pag. 57, Anm. 2.) Ich werde mich in den nachfolgenden Ausführungen dieser
Bezeichnung bedienen.
Die Werthe der Komponenten wurden nun auf jedem Breitenkreise durch trigonometrische Reihen als
Funktionen der geographischen Länge / dargestellt. Die Koeffizienten dieser in der Gaussisclien Bezeich
nungsweise angesetzten und bis zu den Gliedern der 4 ten Ordnung entwickelten Reihen
X — k 0 + kt cos X + Kt sin X+ + K x sin 4 X
Y = f 0 + lt cos X + Lt sin /+ + Lt sin 4 /.
Z = m a +m\ cos X -f Mt sin X+ +J/ t sin 4 /.
stehen in Tabelle IVa, b, c. Sie bildeten die Ausgangsdaten meiner eigenen Rechnung.
Wenn die Abplattung der Erde unberücksichtigt bleiben sollte, so würden nun die gewonnenen Zahlen
durch Kugelfunktionen der geographischen Breite auszudrücken sein. Unmittelbar ist dies allerdings nur
bei Z möglich, da X und Y an den Polen unstetig werden, indem sie sich unendlich vieldeutigen Ausdrücken
von der Form
Ct cos (?.—af) und C\ sin (/.—«]) am Nordpole
— c-i cos (X—«2) und c-i sin O.—ai) am Südpole
nähern. Während also Z unverändert entwickelt werden kann, müssen X und Y durch solche aus ihnen,
sei es allein, sei es in Verbindung mit Z gebildete Ausdrücke vertreten werden, die von jener Unstetigkeit
frei sind. Dies kann auf unendlich viele Arten geschehen. Eine Beschränkung wird indessen durch die
Forderung eingeführt, dass die gewählten Ausdrücke eine bequeme und zu einer geschlossenen Reihenent
wickelung führende Ableitung des Potentials in der Erdoberfläche gestatten sollen. Die einfachsten hier
nach überhaupt möglichen Werthe, die zur eindeutigen Definition des Kraftvektors ausreichen, sind Xsinu,
Ysin u und Z, wenn u das Komplement der geographischen Breite bezeichnet. Ausser diesen könnten
etwa noch die folgenden in Betracht gezogen werden:
und
Xcos X + Y cos u sin X, Xsin). — YcosncosX, Z
—X cos u cos X — Y sin X—Z sin u cos X, —X cos u sin X + Y cos X — Z sin u sin X,
X sin n — Z cos u.
Die zweite Gruppe stellt, wie man leicht einsieht, die Komponenten der Kraft nach drei festen, d. h.
an allen Punkten gleichgerichteten Axen dar, welche den Erdradien nach den Aequatorpunkten von 0° und
90° östl. Länge und nach dem Nordpol parallel sind.
Soll nun, wie es hier geschieht, die Abweichung der Erdoberfläche von der Kugelgestalt berücksichtigt
werden, so macht dies einige Modifikationen der Rechnung nöthig. (Vgl. A, pag. 13; B, pag. 4.) Zunächst