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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1898 No. 1 —
In aller Kürze möge zum Schluss noch gezeigt werden, in welcher Weise der Einfluss von Fehlern
der gegebenen Grössen auf das Resultat der Rechnung ermittelt oder eine Fehlergleichung aufgestellt werden
kann. Solche Gleichungen können auch dazu dienen, die günstigsten Bedingungen für die Beobachtung
festzustellen, worüber im vorhergehenden fast nichts gesagt worden ist, weil diese Regeln von der Berech
nungsweise unabhängig sind und als genügend bekannt vorausgesetzt werden konnten; sie können aber ebenso
gut aus den hier aufzustellenden Fehlergleichungen abgeleitet werden, wie unten an einem Beispiele ge
zeigt werden wird.
Um zu der Fehlergleichung zu gelangen, hat man die Gleichungen, durch welche die gesuchten Grössen
gegeben werden, zu differentiiren und die darin enthaltenen Differentiale der Ilülfswinkel '£, li u. s. w. durch
solche der gegebenen Grössen zu ersetzen. Dabei hat man sich zu erinnern, dass:
d.f(x) — sec xd x und O.cof(x) — —cosec xd x
, sec x , cosec x
und — s= tax, — = cotx
cosec x sec x
ist. Da nun die angehängte Tabelle die Wertlie von sec x, cosec x, tg x und cot x auf 2 Dezimalen zu ent
nehmen gestattet, so lassen sich die, etwas komplizirt aussehenden, Fehlergleichungen numerisch leicht be
rechnen. Um dabei diesen Werthen die richtigen Vorzeichen zu geben, merke man sich die Regel:
„Der secx resp. cosec x ist das Zeichen — zu geben, wenn f(x) resp. cof(x) das Zeichen n hat
und tg x und cotx erhalten das Zeichen —, wenn f{x) und cof(x) verschiedene Zeichen haben, sonst
sind die Grössen mit dem Zeichen zu versehen.“
Als Beispiel möge die Aufstellung einer Fehlergleichung für den Fall dienen, wo Stundenwinkel und
Azimut mittels einer beobachteten Gestirnshöhe gefunden werden sollen. (C. Aufgabe 1.) Als fehlerhaft
sind dabei die gegebenen Grössen: Breite, Zenithdistanz und Deklination anzusehen. Die Differentiation
der Gleichungen (21) ergiebt:
sec g . e)g = —sec g dg + sec (z+d) (dz+3d)
secgi.8gi ■!= sec g Sg + sec (z—d) (dz—<?d)
cosec t .dt -- | cosec g #g -+- £ cösec gi egt
cosec a .da = £ cosec g 3g — 2 cosec gi e>g (
uud hieraus finden sich die Fehlergleichungen:
dt = -
(49)..
sec g
2 cosec t
{cot g—coigi) ^g
sec g
2 coseca
{cotg-f-co£$1) cg
cot£ sec {z+d)+cot sec (z—d) cot'£ sec (z+d)—cotl£ l sec{z~d)
T 2 cosec t 2 cosec t
, cot'£sec(z+d)—cot'£isec(z—d)„ , cot$sec(z+d)-\-cot'£ i sec(z—fi) oi
; — OZ+— —— s 1 «O
2 coseca 2 cosec a
Die Einheit für die Differentiale ist überall die Bogenminute. Will man dt in Zeitsekunden haben, so
ist die rechte Seite der betreffenden Gleichung mit 4 zu multipliziren.
Aus (48) ersieht man, dass ein Fehler in der angenommenen Breite einen Einfluss auf den erhaltenen
Stundenwinkel nicht hat, wenn cot g = cot g t oder g = gi ist. Wenn aber dies der Fall ist, so ist auch
co/(g)— f0 /(?i) — 0, d. h. es ist 2 cof(a) = 0 oder a = ±90°. Um also den Stundenwinkel möglichst
frei von einem etwaigen Fehler der angenommenen Breite zu erhalten, sollte möglichst in der Nähe des
ersten Vertikals beobachtet werden.
Ebenso sieht man, dass ein Fehler in der Breite auf das Azimut ohne Einfluss bleibt, wenn cot'£ = —cot^y
oder gi = 180°—g ist, und dass dieser Fall eintritt, wenn 2 cof(t) — 0 oder t = ¿90° ist. Um demnach
das Azimut frei von dem Einflüsse eines etwaigen Breitenfehlers zu erhalten, sollte die Höhe des Gestirns
in dem Augenblicke beobachtet werden, wo dasselbe im Stundenwinkel 90° steht.
Dies sind dieselben Regeln, welche sich aus den gewöhnlichen Formeln ergeben.
Zur Erläuterung der Formeln (49) diene das zweite Beispiel zur Aufgabe 1 des Abschnitts C., welches
wir hier nochmals durchrechnen, wobei wir mit den Funktionswerthen zugleich die entsprechenden Werthe
für sec, cosec und cot entnehmen: