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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S9S No. 4 —
II. Th eil.
Das Ergebniss der Sturmwarnungen in den Jahren 1886 95.
Bezeichnet man allgemein 1) die Zahl der Fälle, wo bei einer sturmdrohenden Wetterlage ohne nach
folgenden Sturm gewarnt wurde mit c und wo nicht gewarnt wurde mit k. und 2) die Zahl der Fälle, wo
bei nachfolgendem Sturm rechtzeitig gewarnt wurde mit a, wo gar nicht oder zu spät gewarnt wurde, oder
wo ein Signal zu zeitig abgenommen wurde, der Reihe nach mit b, p und d, so stellen sich k + a günstige
und c+p+b+d ungünstige Fälle heraus. Es würde sich somit der Erfolg des Sturmwarnungswesens unter
vollständiger Berücksichtigung von Handeln und Unterlassen durch folgendes Verhältniss darstellen, in dem
die durch das Unterlassen einer Warnung bedingten Grössen in Zähler und Nenner durch Klammerstellung
« (-F k)
gekennzeichnet sind:
Dieser Bruch lässt sich indessen nicht berechnen, da die An-
a-\-p-\-c (+ k + d -f- b)
zahl der Fälle k, wo bei sturmdrohender Wetterlage korrekter Weise nicht gewarnt wurde, offenbar dem
subjektiven Ermessen einen zu grossen Spielraum gewähren würde.
Da die Grösse k gegen die übrigen Grössen einen erheblichen Werth besitzt und somit zur Vergrösserung
jenes Bruches beitragen wird, ihr Fortlassen demnach den wahren Werth des Erfolges vermindert, so wäre
es unbillig, wollte man dann nicht auch gleichzeitig l + d unterdrücken und sich mit dem Ausdruck
als Ausdruck für den Sturmwarnungserfolg begnügen.
a+p + c
Dieser, somit nur den Erfolg nach den erlassenen Warnungen beurtheilende Ausdruck — durch Multi
plikation mit 100 als Signalerfolgprozent oder kurz,,Signalerfolg zu bezeichnen — kann aber nun kein für die
Praxis ausreichendes Urtheil über den Erfolg des Sturmwarnungswesens darstellen, da er insbesondere die
ohne Warnung eintretenden Stürme nicht berücksichtigt.
Berechnet man andererseits den Erfolg des Stnrmwarpungswesens aus den Sturmtagen durch den ent
sprechend gebildeten Ausdruck
ö,
wo ö, die Zahl der Sturmtage mit rechtzeitig gehisstem,
«i +jh + d, + ft,
pi diejenigen mit zu spät gehisstem, d, mit vorzeitig gesenktem Signal und &, die Zahl der übrigen Sturmtage
ohne Signal bezeichnen, so berücksichtigt man diesmal die umsonst erlassenen Warnungen nicht, die ebenfalls
für den praktischen Erfolg von grosser Bedeutung sind. Der gleiche Mangel haftet natürlich auch dieser
Berechnungsweise an, wenn an Stelle der Sturmtage die Sturmphänomene eingestellt werden.
Die auf 100 Sturmwarnungen oder 100 Sturmtage bezgl. Sturmphänomene gegründeten Erfolgprozente,
kurz als Signal- und Sturmerfolg zu bezeichnen, stehen offenbar in einem gewissen Gegensätze zu einander,
durch den sie sich gegenseitig ergänzen. Zu häufiges Warnen, in der Absicht, möglichst wenige Stürme
ungewamt zu lassen, erhöht die auf Sturmtage gegründeten Trefferprozente und vermindert den Signalerfolg
in Folge der Zunahme der Fälle von umsonst erlassenen Warnungen, während ein verhältnissmässig seltenes
Warnen durch Verminderung dieser Fehlwarnungen den Signalerfolg erhöhen und den Sturmerfolg durch eine
Steigerung der ungewarnten Stürme verkleinern muss.
Die richtige Beurtlieilung des Erfolges des Sturmwarnungswesens erfordert somit wegen der Unmög
lichkeit der Ermittelung eines an sich allein ausreichenden Ausdruckes die Berechnung zweierlei sich er
gänzender Erfolgprozente, des Signal- und des Sturmerfolges. Auch für die Praxis giebt der Sturmerfolg
allein keinen genügenden Anhalt zur Beurtheilung, da die darin nicht zum Ausdruck gelangende Häufigkeit
von umsonst erlassenen Warnungen von sehr grosser Wichtigkeit für die Beurtheilung des praktischen Er
folges des Sturmwarnungswesens ist.
Da die Feststellung von besonderer Wichtigkeit ist, wie weit die Stürme der verschiedenen Stärken
an dem Erfolge der Sturmwarnungen betheiligt sind, und welche Erfolgprozente den Stürmen der verschie
denen Richtungen zukommen, so ist bei der Berechnung der auf die Sturmtage und die Sturmphänomene
gegründeten Trefferprozente die Trennung nach Richtung und Stärke der Stürme durchgeführt worden.
Ferner ist wegen des von Mitte September bis Ende April in der III. Abtheilung bestehenden Abend
dienstes und der Möglichkeit seiner Beeinflussung des Erfolges der Sturmwarnungen hier durchweg eine
Trennung nach den Jahresabschnitten September/April und Mai/August durchgeführt worden.