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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S98 No. 3 —
normalen vertikalen Luftströmung verhindert oder vermehrt werden. “ Mit diesen Worten leitet HerrLeyst
seine schönen „Untersuchungen über den täglichen und jährlichen Gang der meteorologischen Elemente an
den Zyklonen- und Antizyklanentagen“ 45 ) ein, denen ich in diesem Abschnitt folge. Denn es erschien mir
einerseits aussichtsvoll, durch eine derartige Untersuchung vielleicht einen tieferen Einblick in die Bewölkungs
verhältnisse von Tiflis zu erlangen, wie auch andererseits sehr interessant, als Gegenstück zu den von Herrn
Leyst benutzten, im Norden Russlands gewonnenen Beobachtungen von St. Petersburg-Pawlowsk Material
aus dem südlichsten Russland zu verarbeiten. Zyklonentage werden diejenigen Tage genannt, welche den
niedrigsten, Antizyklonentage diejenigen, welche den höchsten Luftdruck in jedem Monat aufweisen. Dabei
verfuhr ich auf zweierlei Weise, indem ich einmal die stündlichen Beobachtungen der Jahre 1881—95 und
sodann wegen des genauen Anschlusses an die Abhandlung des Herrn Leyst die dreimal täglichen (7 a ,
1P, 9 p ) der Jahre 1871—90 zu Grunde legte; während ich dabei aber für die erste Reihe nur die Tage
selbst benutzte, an welchen der höchste und tiefste Luftdruck des ganzen Monats eintrat, wurden für die
zweite Reihe aus dem eben genannten Grunde auch der jeweilige Vor- und Nachtag ausgezogen. Dabei
stellte sich, wie von vornherein zu erwarten war, heraus, dass in den den beiden Reihen gemeinsamen Jahren
die Extreme nicht immer auf dieselben Tage fielen, da ja dort 24, hier nur 8 Stundenwerthe in Betracht
kamen; derartige Abweichungen wurden in 16 Fällen gefunden, von denen an 7 eine Verschiebung des
Extrems um einen Tag eintrat.
Die 20 jährige Reihe 1871 — 90 mit den dreimal täglichen Beobachtungen soll zunächst untersucht
werden. Die Zahl der ausgewählten Tage beträgt nicht gleichmässig 20 für jeden Monat der ganzen Periode,
sondern mehrfach auch 21 oder 22, weil das Maximum oder Minimum des Luftdrucks bisweilen an zwei
Tagen desselben Monats beobachtet wurde. Für die Vergleichbarkeit der 20jäkrigen Mittel macht dieser
Unterschied so wenig aus, dass die Mittel zwar stets mit dem betreffenden Divisor gebildet, aber nicht auf
dieselbe Einheit reduzirt worden sind. Als Grundlage für die nachfolgende Untersuchung habe ich zunächst
(Tabelle IX) die normale 20jährige mittlere Bewölkung für die drei Termine und das Tagesmittel berechnet,
und zwar dieses sowohl nach der gewöhnlichen Formel — (7+1 + 9), wie nach der oben von mir begrün-
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deten —-(2X7 + 1+ 9). Jedoch habe ich von letzteren Werthen, um nicht die Vergleichbarkeit der Resul-
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täte mit denen des Herrn Leyst zu stören, keinen Gebrauch gemacht. 46 )
Die Bewölkung im normalen Verlaufe — ich wiederhole noch einmal, dass alle folgenden Auseinander
setzungen zunächst nur für dreimal tägliche Beobachtungen Gültigkeit haben — hat ihr Maximum fast aus
schliesslich um 7 a , nur im Mai und Juni aus den schon früher erörterten Gründen am Mittage und Abend.
Die geringste Bewölkung dagegen tritt allein im Hochsommer mittags, sonst aber abends ein. In Pawlowsk
liegt das Minimum im Juni und Juli früh und ein nur um 1% höheres Minimum am Abend, sonst auch
stets abends; das Maximum schwankt zwischen Morgen und Mittag. Im grossen und ganzen erscheint die
Kurve der Monatsmittel in Pawlowsk gegen die von Tiflis um zwei Monate nach dem Jahres
anfang zu verschoben.
Zeigen sich schon beim normalen Gange solche Unterschiede, so werden sie sich um so mehr an den
Störungstagen, als welche ja doch die oben definirten Antizyklonen- und Zyklonentage aufzufassen sind,
bemerkbar machen. Wir sahen schon (S. 9), dass wir den täglichen Gang der Bewölkung im Januar, April,
Juli und Oktober als typisch für ihre betreffende Jahreszeit ansehen können; gehen wir nun hiervon aus
und bilden, um einen bequemeren Ueberblick über den täglichen Gang an antizyklonalen und zyklonalen
Tagen zu erhalten, die Abweichungen vom normalen Gange, so ergeben sich folgende Wertlie: (siehe Tabelle
Seite 19 oben.)
Der Haupttag, der eigentliche Störungstag, zeigt bei den Antizyklonen ein Vorwiegen kleinerer (unter
10°/o) Abweichungen gegenüber den meist positiven und grösseren (über 10%) hei den Zyklonen, mit anderen
Worten: hei Hochdruckwetter ist der Himmel heiterer als hei Depressionen. Jedoch folgen, wie die zweite
Hälfte der Tabelle IX sofort erkennen lässt, die einzelnen Monate, im Gegensatz zu dem Pawlowsker
Klima, nicht immer dieser Regel. Im Februar und im Juli bis Oktober haben die Zyklonaltage eine bis zu
24%, d. h. bis zu 2 l /i Stufen kleinere, in den übrigen Monaten aber eine bis 38%, d. h. 4 Stufen grössere
* 5 ) Repert. f. Met. 16, Nr. 8. St. Petersburg 1893, S. 1. Vergl. auch H. Meyer, Anleitung u. s. w. (s. Anm. **) S. 175.
46 ) Jakreszeitenmittel habe ich aus den S. 9 erörterten Gründen nicht abgeleitet.