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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1898 No. 3 —
heiter
wolkig
trübe
Hypothese ....
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wahrer Werth.
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derjenige für die heiteren Tage über, für die beiden anderen unter dem wahren Werthe. Die Differenzen
sind für Tiflis nicht so gross, wie sie Herr Kremser für Norddeutschland gefunden hatte; es rührt das
offenbar daher, dass in Tiflis wolkiger Himmel vorherrscht, während trüber Himmel seltener als in Nord
deutschland ist.
Betrachtet man den jährlichen Gang der Mittelwerthe, so sind diese gegen die hypothetischen Werthe
im allgemeinen im Sommer zu klein, im Winter —- und zwar hier in höherem Maasse als im Sommer —
zu gross. Im Februar, dem trübsten Monat, machen sich sowohl die wolkigen, wie auch die trüben Tage
durch eine besonders hohe mittlere Bewölkung bemerkbar, während die heiteren Tage nichts excessives
zeigen. Gehen wir zum August über, dem sonnigsten Monat, während dem der Aufenthalt in Tiflis wegen
der schwachen Luftbewegung und der geringen Abkühlung nachts nach dem Urtheil von Barrot 44 ) und
anderen Reisenden dem in einem Glühofen gleicht, so ergiebt sich die Bewölkung trüber und wolkiger Tage
als die relativ kleinste im ganzen Jahre, während diejenige der heiteren Tage dem Durchschnitt entspricht.
Hieraus ist zu erwarten, dass bei einer Auszählung der Bewölkungsbeobachtungeu nach den 11 Stufen die
niedrigeren (etwa zwischen 2 und 5) besonders häufig sein werden. Ich komme später hierauf zurück.
III b. Der tägliche Gang der Bewölkung an heiteren und trüben Tagen.
Schon an verschiedenen Stellen der bisherigen Diskussion musste es wünschenswert!! erscheinen, dass
auch der tägliche Gang der Bewölkung an heiteren wie an trüben Tagen näher untersucht würde. Die
Zahlen sind in Tabelle VII und VIII enthalten, wobei wieder die Jahre 1881—90 zu Grunde gelegt wurden.
Für diese Werthe die Konstanten der Bessel’schen Formel abzuleiten, ist nicht zulässig, da die einzelnen
Tagesreihen, welche zur Stundenmittelbildung benutzt wurden, einander nicht zyklisch folgen, sondern meist
eine oder mehrere Reihen, welche einer anderen Tagesart angehören, zwischen sich haben, während man bei
langjährigen Mitteln, bei welchen keine derartige Aussonderung geschah, annehmen darf, dass die 24 Stunden-
werthe in sich zyklisch geschlossen sind. Deshalb darf man auch solche Kurven nicht über die Mitternachts
stunde hinaus fortsetzen durch Benutzung der Werthe für 1“ derselben Tage. Da man aus dem Verlauf
der Kurven für den Gang an heiteren und trüben Tagen auf den an den wolkigen Tagen schliessen kann,
so ist von einer Berechnung des letzteren abgesehen worden.
Betrachten wir zunächst nur die heiteren Tage, so finden wir, dass allen ein Minimum vor
Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang gemeinsam ist, und dass sich in vielen Monaten auch
in den Vormittagsstunden ein Minimum bemerkbar macht. Die ersten beiden Minima fallen in den Früh
lingsmonaten auf etwa 3 a und 9 P und nähern sich bis gegen das Jahresende um je 1 Stunde, um sich dann
wieder zu verfrühen und zu verspäten. Das dritte Minimum zeigt sich besonders deutlich in der zweiten
Jahreshälfte und zwar zwischen 9 und 12". Dementsprechend fallen die Maxima in die Zeiten des Auf-
und Unterganges der Sonne, sowie um Mitternacht. Der allgemeine Verlauf der Bewölkung an heiteren
Tagen, wie er sich im Jahresmittel darstellt und der naturgemäss ganz entsprechende Ursachen wie der
normale Gang hat, ist daher folgender: Der heitere Tag beginnt um Mitternacht mit relativ grosser Be
wölkung, die rasch zum ersten Minimum abnimmt, an welchem es fast völlig klar ist; ebenso rasch erfolgt
aber bis zum Sonnenaufgang wieder die Zunahme. Diese Zunahme ist durch die bei dem vorherigen Klar
werden eintretende verstärkte Ausstrahlung und Nebel- sowie Stratusbildung bedingt. Mit der aufgehenden
Sonne tritt Erwärmung und Auflösung der Kondensationsprodukte ein, daher das zweite Minimum; aber
die Sonnenwirkung erzeugt jetzt im Laufe des Vormittags aufsteigende Luftströmung und damit den Schön
wetter-Kumulus, wodurch die Tageskurve wieder ansteigt bis gegen den Sonnenuntergang hin. Der auf
steigende Luftstrom verliert seinen Impuls, die Wolken sinken und lösen sich auf: die Kurve erreicht ihr
letztes Minimum, um gegen Mitternacht hin infolge von Nebel- oder Stratusbildung wieder sich zu heben.
Dieser allgemeine Verlauf erleidet in den Jahreszeiten je nach der Wetterlage und dem dadurch be
wirkten wechselnden Verhalten der übrigen meteorologischen Elemente mancherlei Modifikationen, deren
44) Yt. Parrot, Reise zum Ararat 1, 29. Berlin 18341