Dr. C. Kassner: Untersuchungen über die Bewölkungsverhältnisse von Tiflis.
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und dass die schon mehrfach erörterte Lage von Tiflis zwischen zwei Meeren dem Klima der Stadt einen
singulären Charakter aufdrückt.
Die heiteren Tage waren oben definirt als Tage mit einer mittleren Bewölkung von 0 bis 19, wolkige
mit einer solchen von 20 bis 80 und trübe über 80. Es fragt sich nun aber, welches die durchschnitt
liche Bewölkung an den so unterschiedenen Tagen ist. Man könnte zunächst annehmen, dass diese gesuchten
Zahlen die Mittel aus den Grenzwerthen sind, dass also die heiteren Tage eine durchschnittliche Bewölkung
von 9.5, die bewölkten von 50.0 und die trüben von 90.5 hätten.
Ganz analog ging Herr Mante 4I ) von der „a priori nicht zu bezweifelnden“ Hypothese aus, dass
diese Durchschnittswerthe 1, 5 und 9 betragen; die Abweichungen beseitigte er in der Weise, dass er die
für die drei Tagesarten angenommenen Bewölkungsmittel um dieselbe Grösse in demselben Sinne änderte.
Hiergegen wandte Herr Kremser 42 ) mit Recht ein, dass dadurch Herrn Mantels Folgerungen an realer
Bedeutung verlieren, weil sie eben nur hypothetische Grundlage haben. Er trat der Frage selbst näher
und berechnete für fünf norddeutsche Stationen die mittlere Bewölkung der drei Tagesarten; sie ergab
sich im Mittel .... , .. ^ .
für heitere läge zu 6.1,
„ wolkige „ „ 55.3,
„ trübe „ „ 96.2.
Danach liegt also nur der Durchschnitt der heiteren Tage unter dem Mittel der Grenzwerthe, der der
wolkigen und trüben Tage aber über demselben. Dieser Satz „lässt sich durch die Thatsache erklären,
dass völlig bedeckter und völlig klarer Himmel in Norddeutschland durchaus vorherrschend, und dass alle
anderen Bewölkungszustände gewissermaassen nur als üebergangsstadien zu betrachten sind; dabei muss
sich auch für die gemischten (d. h. wolkigen) Tage ein höherer Werth ergeben, weil ganz bewölkter Himmel
um ein bedeutendes häufiger als völlig klarer ist.“
Ich habe nun für Tiflis gleichfalls die mittlere Bewölkung der heiteren, wolkigen und trüben Tage
abgeleitet und zwar für die heiteren und trüben Tage direkt aus den Tifliser Jahrbüchern, während der
Durchschnittswerth für die wolkigen Tage nach der Formel
ph + qw + rt = mn
berechnet wurde. Hierin bedeuten h, w und t die Zahl der heiteren, wolkigen und trüben Tage, p, q und
r ihre mittlere Bewölkung, m diejenige des betreffenden Monats und n die Anzahl seiner Tage. Ausserdem
aber schied ich in der Gruppe der heiteren und trüben Tage noch die völlig klaren und völlig bedeckten
Tage, d. h. bei denen alle 24 Stunden hindurch ausschliesslich 0 oder 10 notirt wurde, aus, da, falls nicht
prinzipielle Beobachtungsfehler vorliegen, 43 ) der Uebergang von 0 zu 1 und 10 zu 9 physikalisch ein grösserer
ist als der von irgend einer anderen Stufe zur benachbarten. In Tabelle VI sind zunächst die Häufigkeits
zahlen und sodann die mittlere Bewölkung dieser fünf Tagesarten für jeden Monat und im Jahresdurch
schnitt für ein mittleres Jahr während des Dezenniums 1881 — 90 mitgetheilt. Dividirt man die Zahlen für
Januar bis Dezember durch 10, so erhält man die durchschnittlich jährlich zu erwartenden Häufigkeitszahlen.
Die Zahl der völlig klaren Tage ist im August am grössten, dann folgen Oktober und November, und
auch die nach ihrer mittleren Bewölkung so trübe erscheinenden Wintermonate können
noch eine über dem Durchschnitt liegende Zahl klarer Tage aufweisen, während umge
kehrt in den heiteren Monaten die klaren Tage, abgesehen vom August, recht selten sind
— alle zwei bis vier Jahre nur einer. Man sieht daraus, wie wenig die mittlere monatliche
Bewölkung besagt, ja, wie sie in einzelnen Fällen geradezu irreleiten kann. Von der ge
ringen Klarheit des April war oben (S. 13) schon die Rede.
Tage mit völlig bedecktem Himmel sind naturgemäss am häufigsten im Winter und am seltensten im
Sommer; während sie in der kalten Jahreshälfte monatlich 3 bis 6 mal in jedem Jahre auftreten, kommen
sie im Juni, Juli und August nur alle 5 Jahre einmal vor.
Die zweite Hälfte der Tabelle VI giebt sodann die mittlere Bewölkung jeder der fünf unterschiedenen
Tagesarten (vergl. auch S. 22). Schon ein schnelles Ueberblicken lehrt, dass die oben erwähnten hypo
thetisch von Herrn Mantel angenommenen Mittelwerthe nicht richtig sind, und zwar liegt, wie die folgende
Tabelle für das Jahr zeigt:
<■) Anm. 37 ).
42 ) Anm. 3a ), a. a. 0. S. 325.
43 ) Anm. 39 ), a. a. 0. S. 328 und Anm. 23 ), a. a. 0. S. 3—5.