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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S9S No. 3 —
Da nun die Formel -7-(2X7" +l p + 9 p ) bei vieljährigen Terminmitteln dem wahren sehr nahe kom-
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mende Monatsmittel ergiebt, so habe ich danach aus den Stundenmitteln 7®, D’ und 9 p der Jahre 1871
bis 1895 letztere gleichfalls berechnet und nachstehende Werthe erhalten:
Januar Fehl*. März April Mai Juni Juli August Sept. Ükt. Nov. Dez. Jahr
-i- (2X7° + l p + 9 P ) 63 66 60 62 55 46 42 39 46 53 57 61 54
Normalmittel 60 65 62 63 57 47 42 39 45 51 55 59 53
Die in der zweiten Reihe beigefügten Werthe sind folgendermaassen entstanden: wenn man in den
Jahren 1881—95 gleichzeitig das Mittel aus allen 24 Stunden und nach letztgenannter Formel aus den
Terminen berechnet, so bekommt man in den Differenzen beider Werthe Korrektionen der Formelresultate
auf wahre Mittel (vergl. S. 5). Diese Korrektionen wurden nun zur Verbesserung an obige Monatsmittel an
gebracht. Die so erhaltenen Werthe sind als die Normalmittel für die Periode 1871 — 95 zu be
trachten; sie sind als Kurve auf S. 12 wiedergegeben.
Danach nimmt die Bewölkung vom August an, wo sie ihr Minimum hat, stetig zu bis zum Februar,
ihrem Maximum, sinkt zum März hin, steigt nochmals zum April ein wenig und fällt dann rasch bis zum
August hin. Da nun die Bewölkung als ein Kondensationsprodukt nicht nur von einem, sondern gleichzeitig
von mehreren Elementen abhängig sein muss, kann man bei keinem einzelnen einen parallelen Gang er
warten. Am ähnlichsten ist noch der Gang der relativen Feuchtigkeit, dann kommt — im umgekehrten
Sinne — der Gang der Temperatur und absoluten Feuchtigkeit, während der Niederschlag und die Wind
geschwindigkeit einen davon ganz verschiedenen Verlauf haben. Die Windrichtung endlich, die ohnehin bei
der Thallage von Tiflis nur lokale Bedeutung hat, ist so konstant NNW fast das ganze Jahr (nur im Oktober
N gegen W) hindurch, dass man von ihr wenig Einfluss auf den Gang der Bewölkung annehmen kann. Wenn
man aber bedenkt, dass die Wolkenregion meist um 1000 und mehr Meter über derjenigen Luftschicht liegt,
in welcher wir unsere Beobachtungen anzustellen pflegen, so wird man ohne weiteres aus den Beobachtun
gen zu Tiflis selbst keinen Schluss auf die Kondensationsverhältnisse in jenen Höhen ziehen wollen. Nun
könnte man ja an die Aufzeichnungen von Hochstationen denken, welche von Tiflis nicht zu weit entfernt
sind, und diese Werthe in Beziehung zur Bewölkung von Tiflis setzen, 13 * ) aber man kommt auch hier zu
keinem Ziel, weil die Lage der beiden nahe genug gelegenen Stationen Gudaur (2204 m) und Dschelalogly
(1410 m) ungünstig ist. Gudaur ist eine Pass Station im Kaukasus nördlich von Tiflis, während Dschelalogly
südlich der Stadt in einem Hochtliale liegt und von diesem durch hohe Gebirgszüge getrennt wird. Es ist
daher sehr zu bedauern, dass es im Kaukasus oder im armenischen Hochlande keine Gipfelstation gieht.
Auch die Untersuchungen des Herrn Rykatschew über die „Typen der Zyklonenbahnen in Europa
nach den Beobachtungen von 1872—87“ “) bieten für die Beurtheilung des jährlichen Ganges keinen ge
nügenden Anhalt.
Nur soviel lässt sich über denselben sagen, dass im Winter der Feuchtigkeitsgehalt der Luft und zu
gleich die Gelegenheit zur Wolkenbilduiig wegen der niedrigen Temperatur und der grösseren Windgeschwin
digkeit, wodurch immer neue Massen feuchter Luft vom Schwarzen Meere herangeführt werden, grösser
ist, während im Sommer die geringe Windgeschwindigkeit und die hohe Temperatur (vereint mit dem Wasser
bedarf der Vegetation) 15 ) eine geringe Feuchtigkeit und damit eine kleinere Bewölkung veranlassen müssen.
Dazu kommt noch, dass während der Mittagszeit nach Herrn Rykatschew 16 ) ein östlicher Wind vorherrscht,
der hei seinem zentralasiatischen Ursprung trotz seines (allerdings nur kurzen) Weges über das Kaspische
Meer trockener sein muss als ein nordwestlicher.
Die Zahl der Nebeltage, welche für die Jahre 1871—95 insgesammt im
Januar Febr. März April Mai Juni Juli August Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
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n ) Vergl. z. ß. Schoenrock a. a. 0. S. 47.
**) Mémoires de l’Acad. imp. de St-Pétersbourg, VIII, Classe phys.-niath. 3, Nr. 3.
15 ) Dieser Wasserbedarf wird aber von den Niederschlägen nicht befriedigt, sodass bei Tiflis künstliche Bewässerung
nöthig ist und seit langem betrieben wird. Vergl. Petzold, Der Kaukasus, Leipzig 1866—67; Woeikoff, Die Klimate
der Erde, 2, 282, 1SS7. ,5 ) Siehe Anm. ‘),