40
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S96 No. 4 —
masse ist dünner und weniger kompakt, als der vorangehende Wolkenroll. Sie steigt rückwärts schnell in
die Höhe, wie deutlich sichtbar ist. F.s ist die sichtbare Spur am Himmel des vorübergezogenen Wirbels,
wie der liegen und Hagel auf der Erde. Dieser sich an den Wolkenwulst anschliessende, anfangs dichte,
nach hinten dünner werdende Schleier wird gebildet von dem zeitlich mitgeführten Dampf und den Luft-
theilchen, wenn die Rotations-Geschwindigkeit erschöpft ist, ähnlich in dem Experimente von Ball-Yeates,
vermehrt um die Kondensations-Produkte an der Trennungsfläche der unteren kalten westlichen Strömung
und der oberen wannen feuchten.
Anfangs, wenn der Wirbel im Zenith angelangt ist, fallen nur einige grosse Tropfen; die meisten
Tropfen werden durch die schnell rotirende, hier aufwärts gerichtete Luftmasse mitgeführt. Erst wenn die
Achse am Zenith vorüber ist und kurz vor oder nach der Eknephias eintritt, bricht der Regen oder Hagel
schauer los und dieser dauert, obsclion etwas gelindert, bisweilen noch lange, nachdem der Wirbel schon
längst hinter dem Horizont verschwunden ist. Der Wirbel selbst ist also nicht so sehr der Regenbringer,
als der Abkühler der feuchten, warmen Luftmenge, einestheils bewirkt durch Kälteausstrahlung, andererseits
durch das Zurücklassen der zeitlich mitgeführten Luft. Die rückwärts emporsteigende Wolkendecke ist also
die eigentliche Regenquelle, in welcher noch verschiedene kleinere Wirbel vorhanden sein können.
Mit dem Losbrechen des Sturmwindes wird es plötzlich und schnell kühler, das Barometer rückt
sprungweise ein oder mehrere Millimeter in die Höhe, die relative Feuchtigkeit steigt beträchtlich und
schnell. Die Druckstufe ist eine unmittelbare Folge des grösseren Druckes am Umfange des Wirbels, der
sich, obschon abnehmend, in einiger Entfernung noch bemerkbar macht. Eine genauere Betrachtung des
Barogramms lehrt noch folgendes. Die absteigende Kurve des Barogramms senkt sich kurz vor dem Ein
fallen der Böe viel rascher, worin die Wirkung der vorangehenden Furche niedrigen Druckes erkennbar ist.
Dann steigt die Linie beinahe vertikal empor. In der von hier an langsam absteigenden Linie treten noch
mehrere schwächere Störungen auf, in welchen manchmal noch kleine Druckstufen erkennbar sind, wonach
meistens ein langsames Steigen des Barometers folgt. Es giebt Fälle, in denen auf das rasche Empor
steigen des Barometers innerhalb der ersten Stunde ein ebenso grosses, jedoch viel langsameres Sinken
folgt. In anderen und zwar den meisten Fällen kommt das Barometer nicht mehr so tief und zeigt das
Barogramm nur eine kleine, scharf markirte Einsenkung oder steigt unmittelbar nach der Stufe allmählich
empor. Der Grund für diese weniger ausgeprägten Veränderungen ist. wahrscheinlich in den folgenden Um
ständen zu suchen. Einestheils fehlt hinten der Gegensatz, welcher vorne vorhanden ist in der niedrigen
Druckfurche mit aufsteigender Luft, und das Herannahen des Wirbels mit einem Druckmaximum an seinem
Umfang. Die Druckabnahme durch das Weiterziehen des Wirbels wird theils verdeckt durch die von den
kleineren und höher schwebenden Wirbel veranlassten Störungen, theils durch die schnell absteigende Luft,
Zweitens muss der allgemeinen westlichen Strömung schwerer Luft die Druckabnahme in Folge des ab
ziehenden Wirbels entgegenwirken. Die grosse Verschiedenheit in den Barographen - Kurven mit solchen
Störungen wird natürlich bedingt durch die verschiedenen atmosphärischen Zustände, unter welchen die
Wirbel auftreten. Die Grösse der eigentlichen Druckstufe ist abhängig von der lokalen Intensität der
Wirbelung und der Höhe des Wirbels über dem Beobachtungsort.
Die Abkühlung wird nur in geringem Maasse bedingt durch die niedrige Temperatur der westlichen
Strömung, der Hauptsache nach wird sie verursacht durch das Herannahen des kalten Wirbelzentrums und
zwar tritt an die Stelle der warmen, feuchten Luft diejenige Luft, welche während einiger Umdrehungen
um den Wirbel stark abgekühlt ist. Die Geschwindigkeit, mit welcher diese Abkühlung eintritt, ist muth-
maasslich beträchtlich grösser, als die Instrumente anzugeben im Stande sind.
Wie der an der Stelle losbrechende Sturmwind verursacht wird, ist bereits erläutert. Die Orkankraft,
mit welcher dieser vorübergehend und lokal auftritt, ist Folge der schon angedeuteten Wechselwirkung.
Der Wirbel bringt die umgebende Luft in gleich gerichtete Bewegung. Dieser Einfluss wird kräftig ver
spürt in der ziemlich dünnen Schicht zwischen dem Wirbel und der Erdoberfläche. Die bereits ostwärts
eilenden Lufttheilchen empfangen also einen neuen Antrieb. Die Geschwindigkeit des Stromes unter dem
Wirbel wächst, und je grösser diese, je kräftiger die Wirbelung und umgekehrt. Als hinzukommender Um
stand mag noch die plötzlich eintretende Verengung des Querschnittes im Strömungsprofil gelten, wenn die
Lufttheilchen den Wirbel eingeholt haben und unter diesem vorwärts eilen. Die beiderseitige Beschleunigung
der wirbelnden Bewegung und des unter dieser tobenden Sturmwindes kann nicht unbegrenzt weiter gehen.
Fis muss ein gewisser Gleichgewichtszustand erreicht werden können, welcher die Bedingung in sich hält,