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Full text: 19, 1896

E. Kngelenburg, C. I.: Aerodynamische Theorie der Gewitter. 
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Luft zur Leeseite fortpflanzt, so wird auch die horizontale wirbelnde Bewegung in der landeinwärts relativ 
ruhigeren Luft seitlich übertragen. Die Luft rotirt dabei nicht in vertikalen Flächen, sondern in schrauben 
förmigen Bahnen. Die F ortpflanzung der Wirbelung kann man sich denken wie saugend in diesen Schrauben 
linien oder durch Uebertragung der Bewegung auf die benachbarten Schraubenwindungen. Die in einiger 
Höhe vorkommenden grossen Windgeschwindigkeiten treten dabei unterstützend auf. Die Wirbelung schreitet 
also nach einer Richtung senkrecht zur Windesrichtung immer weiter, indem sie nach hinten fortwährend 
abstirbt, analog wie wenn eine vorn scharf begrenzte schmale Scheibe aus rotirender Luft über eine senk 
recht zur Windrichtung stehende Achse fortgeschoben wird. 
Es wird jetzt nicht schwierig sein, die bei solchen Gewittern beobachteten Er 
scheinungen aus dieser über die Achse schiebende Luftscheibe zu erklären. In bei 
gehender Skizze möge der grosse Pfeil die Windrichtung, der kleine die Richtung, in 
welcher das Gewitter fortschreitet, angeben. Das Gewitterterrain ist zwischen den 
beiden parallelen Linien eingeschlossen. Das Gewitter selbst ist nach dem schraffirten 
Theil vorn scharf begrenzt. An der unteren Seite des Wirbels, also in geringer Höhe 
über der Erde, bewegt sich die Luft aus XXE. Sie versucht auch die umgebende Luft 
in gleicher Richtung zu bewegen. Wenn das Gewitter über einem Beobachtungsort 
losbricht, muss man den herrschenden SW-Sturm mit der Wirbelung aus XE zusammen 
setzen, das resultirende II giebt nach Richtung und Grösse den neuen Wind aus XW 
an. Wenn man noch bedenkt, wie die Wirbelung vorn scharf begrenzt ist, hinten nach 
und nach abstirbt und die eigentliche Wirbelscheibe nur geringe Dicke besitzt, so ist 
das plötzliche Umspringen und sofortige Abflauen des Windes beim Anfang und das 
nachherige Zurückdrehen und Anwachsen des Windes erklärt. 
Die ganze Erscheinung wird eingeleitet von einer schwachen Druckabnahme, und damit stimmt das 
etwas schnellere Sinken des Barometers kurz vor dem Ausbruch. Das auffallendste ist die 1—2 mm be 
tragende Druckstufe, welche eine unmittelbare Folge der Druckvermehrung an dem Umfang des Wirbels ist, 
zusammen mit ihrer Fortbewegung. In dem Augenblick, wo die Wirbelung bis zum Beobachtungsort fort 
geschritten ist, muss das Barometer schnell steigen und zwar rascher und mehr, je nachdem die Intensität 
des Wirbels kräftiger ist, die Wirbel näher zur Erde und der Ort mehr in der Mitte der Zone gelegen ist. 
Das Barometer müsste aus demselben Grund schnell sinken bei Abzug des Gewitters, doch ist die Wirbel 
scheibe an der hinteren Seite nicht scharf begrenzt wie vorn, die Wirbelung nimmt hier allmählich ein Ende, 
deshalb ist hier die Luftdruck-Abnahme nicht rasch. Das Barogramm zeigt mehrere schwache Unregel 
mässigkeiten, über grösserem Raum verbreitet, und also zum Theil verdeckt von den allgemeinen Luftdruck- 
Aenderungen, welche mit dem ausgedehnten Minimum in Verbindung stehen. 
Die Luft wird jäh in Rotation versetzt und kommt nach einigen schnell ausgeführten Umläufen bald 
in weniger intensive und unregelmässige Bewegung und nach und nach nimmt die Wirbelung ein Ende. Die 
dynamische Abkühlung innerhalb und zu Folge des Wirbels ist folglich nur schwach. Sie tritt plötzlich auf 
und dabei wird immer neue Luft und Wasserdampf in Mitleidenschaft gezogen. Die herrschende Temperatur 
war schon niedrig, so dass nur geringe Abkühlung nöthig ist, damit Temperaturen unter Xull Vorkommen 
und der Wasserdampf sofort als Schnee kondensirt wird. Dieser Schnee wird von der wirbelnden Luft mit- 
geführt, grössere Flächen schlagen auf kleinere an, jede Fläche geräth dabei in Rotation um eine eigene 
Achse und so entstehen die mehr oder weniger festen homogenen Schneekugeln, welche grösser werden, je 
nachdem sie längere Zeit von dem Wirbel herumgeführt werden. 
Die Dauer des Gewitters ist abhängig von der Geschwindigkeit, mit der die wirbelnde Bewegung sich 
ausbreitet und ab stirbt, mit anderen Worten, sie ist proportional mit der Dicke der Wirbelscheibe und mit 
der Geschwindigkeit, mit welcher sich diese über die Achse fortbewegt. Die geringe Dicke und grosse Ge 
schwindigkeit erklären die kurze Dauer des Gewitters. 
Später werden wir Gewitter erklären, bei denen die Wirbelung zu gleicher Zeit über grosse Achsen 
länge stattfindet, also einen rohrförmigen Wirbel, der ziemlich parallel mit sich selbst fortbewegt wird. Die 
Dauer dieser Gewitter ist proportional mit der Translations-Geschwindigkeit des Rohres und mit der Länge 
des Diameters des Querschnittes des Wirbels, und daraus kann man auf längere Dauer schliessen. 
Bei den Sturmgewittern sind die verschiedenen Eigenschaften der Wirbel, z. B. der Ausdehnung des 
Wirbeldurchmessers, wenn das Gleichgewicht gestört ist, noch zu spüren. Wir werden hierauf bei den links
	        
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