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Full text: 19, 1896

E. Engelenburg, C. I.: Aerodynamische Theorie der Gewitter. 
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Archiv 1896. 4. 
ziemlich stark gegen den Meridian-Durchgang der Sonne. Nachmittags sinkt sie und zwar desto schneller je 
später. Die Maximalhöhe kurz vor Mittag ändert sich mit den Jahreszeiten. Mittelst einiger Temperatur- 
Beobachtungen während Luftreisen, und mittelst vieljähriger Beobachtungen von zwei Stationen auf ver 
schiedenen Höhen im Schwarzwald macht der Autor es klar, dass, während einer Gewitter-Periode, die 
Temperatur mit zunehmender Höhe rascher fällt als sonst, mit anderen Worten, dass die Isothermfläche 
Null niedrig liegt. 
Alle Wolken gruppirt Sohncke in zw r ei Abtheilungen: Wasser- und Eiswolken. Die letztere Gruppe 
bilden die Cirruswolken; dass diese aus Eiskristallen bestehen, wird nachgewiesen durch die Betrachtung der 
Höfe, welche in ihnen zustande kommen. 
Die Gewitter theilt Sohncke ein in zwei Gruppen: Gewitter von lokaler Natur und solche, welche 
einem allgemeinen Wetter Umschlag vorangehen oder ihn begleiten. Beide werden auch wohl als Warme- 
und Wirbelgewitter unterschieden. Die ersteren sind seiner Meinung nach am meisten bekannt und werden 
ausschliesslich behandelt. Die dabei auftretenden, sehr ins Auge fallenden Wolken weisen deutlich auf einen 
stark aufsteigenden, feuchten, warmen Luftstrom hin. Nach lleye’s Untersuchungen ist die Hauptbeding 
ung für das Zustandekommen einer anhaltenden aufsteigenden Luftströmung, dass ausserhalb derselben eine 
sehr schnelle Temperatur-Abnahme bei zunehmender Höhe stattfindet. Die Temperatur-Aenderung in der 
Säule von aufsteigender Luft ist jedoch in Folge der bei der Kondensation des Wasserdampfes freiwerden 
den Wärme viel geringer. Liegt ja doch bei Neigung zu Gewitter die Isothermfläche Null sehr tief; in der 
aufsteigenden Luftmasse selbst befindet sie sich dagegen höher. Eine Folge davon ist, dass Wasser in Tropfen 
form in die Höhe geführt wird, bis oberhalb der Fläche, wo nur Temperaturen unter dem Gefrierpunkt Vor 
kommen. Vermittelst des aufsteigenden Stromes können also Eiswolken und Wasserwolken in gleicher Höhe 
nebeneinander bestehen. Beide Wolken sind in heftiger Bewegung und die Reibung der Wassertropfen gegen 
Eistheilchen ist nun die Quelle der Elektrizität. 
Ganz ohne Grund ist diese letzte Annahme nicht. Faraday hat bereits bei seinen Untersuchungen 
über die Elektrizitäts-Erregung der Armstrong’schen Dampf-Elektrisirmaschine nachgewiesen, dass durch 
Reibung kleiner Wassertropfen gegen die verschiedensten festen Körper Elektrizität entwickelt wird. Wenn 
man stark verdichtete, feuchte Luft gegen feste Körper ausströmen lässt, entsteht in Folge der raschen Aus 
dehnung Abkühlung, welche, unterstützt durch die Anwesenheit von Staubtheilclien, einen Nebel hervorruft. 
Diese Wassertröpfchen werden durch die Reibung an dem fremden Körper immer positiv. Als man jedoch 
die Luft gegen Eis ausströmen Hess, machte sie dieses positiv und der Nebel ward negativ. 
Sohncke bestätigte die Resultate Faraday’s und fand überdies, dass je kälter und trockener das 
Eis, je stärker die Elektrizitäts-Erregung; was wohl damit zusammenhängt, dass das Insolationsvermögen 
des Eises mit abnehmender Temperatur ungemein schnell zunimmt. 
Zuletzt versucht Sohncke, die gewöhnliche Elektrizität aus derselben Ursache zu erklären, nämlich 
Reibung der Eis- und Wassertheilchen von verschieden gerichteten, mit einander in Berührung kommenden 
Luftströmungen, und hierneben weist er auch der Reibung der Eis- und Wassertheilchen an der Oberfläche 
der Erde einige Wirkung zu. 
Sohncke’s Theorie hat etwas Anziehendes, dessen Ursache unseres Erachtens in den an die Spitze 
gestellten meteorologischen Betrachtungen zu suchen sein dürfte. Assmann 311 ) hat nachher noch Beobach 
tungen beigebracht zur Unterstützung der Sohncke’sehen Theorie über die schnelle Temperatur-Ab 
nahme bei zunehmender Höhe während des Gewitters.*) Und doch ist Sohncke’s Theorie gegründeten 
Bedenken ausgesetzt, sowohl der meteorologische, als der physikalische Theil. Im allgemeinen ist es ge 
wagt, kleine Laboratorium-Experimente zur Erklärung von in solchem enormen Maassstabe sich vollziehen 
den Erscheinungen, als die meteorologische, anzuwenden. Das Experiment zeigt, wie plötzlich ent 
standener Wasserdampf, in Folge der Temperatur-Erniedrigung der sich schnell ausdehnenden feuchten 
Luft, durch Reibung an einem trockenen Eisblocke Elektrizität erregt. In einer späteren Erörterung er 
klärt Sohncke trockenes Eis als eine nothwendige Bedingung. Sobald die Oberfläche einigermaassen an 
geschmolzen war, blieb jede Spur der Elektrizität weg. Nach Sohncke’s meteorologischen Betrachtungen 
tritt bei der Erscheinung in der Natur nicht plötzlich Kondensation ein. Der Wasserdampf in der auf 
steigenden Luft verdichtet sich nach und nach. Ebenso wenig ist man berechtigt, in der Umgebung der 
*) Sohncke hat später selbst einen neuen Beitrag geliefert in der Abhandlung der Kgl. Bayr. Akademie der Wissen 
schaften, II. Kl., XVIII. ßd., III. Abth., 1894. Gewitterstudien auf Grund von Ballonfahrten.
	        
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