E. Engelenburg, C. I.: Aerodynamische Theorie der Gewitter.
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Elektrizitäts-Erregung bei Verdampfung von Salzlösungen der Reibung und nicht den chemischen Prozessen
zugeschrieben werden muss. Die Elektrizitäts-Erregung durch Pflanzenwachsthum widerlegte bereits de la
Iiive dadurch, dass gerade im Winter, wenn jedes Waclisthum eingestellt ist, die Luftelektrizität am stärksten
ist. Die Hypothese von Pouillet ist endgültig zurückgewiesen von Riess, der bei sehr sorgfältigen Ex
perimenten niemals Elektrizität durch Pflanzenwachsthum erregen konnte.
Erman"), 1803, verwirft gänzlich das Vorhandensein der Luftelektrizität, fassend auf zahlreichen
von ihm und anderen (hauptsächlich B ec caria und Saussure) gemachten Beobachtungen, aus welchen
hervorgeht, dass ein stillstehendes Elektroskop nur langsam das elektrische Potential angiebt, dagegen die
Goldblätter des Elektroskops schnell und stark divergiren bei dem Nähern oder dem Wegführen von der
Erdoberfläche oder den sich darauf befindenden Gegenständen; dadurch veranlasst, führte er alle elektrischen
Erscheinungen der Atmosphäre auf Induktion der geladenen Erde zurück. Jetzt wird es allgemein anerkannt,
dass in der That sehr hohe elektrische Spannungen in der Atmosphäre Vorkommen, welche unmöglich als
Induktions-Erscheinungen der Erde aufgefasst werden können.
Wiewohl Peltier 12 ), 1842, sich theilweise auf einen anderen Standpunkt stellt, findet man auch in
seiner Hypothese denselben Grundgedanken. Die Erde besitzt ursgrünglich eine starke negative Ladung,
das Weltall ist überhaupt nicht elektrisch; diesen letzten Zustand nennen wir den positiv elektrischen.
(Peltier verwarf nämlich die dualistische Theorie der Elektrizität.) Alle Luftelektrizität ist eine Eolge der
beiderseitigen Induktion der negativen Erde und des positiven Weltraumes. Hauptsächlich sind es die
Wolken, welche unter dieser Wechselwirkung an ihrer Oberseite negativ, an ihrer Unterseite positiv elek
trisch werden. Diese Induktion und die der Wolken unter sich veranlasse die hohen lokalen Spannungen
während eines Gewitters. Unter anderen zählte auch Lamont”) sich zu den Anhängern dieser Hypothese.
Pellat") hat versucht, Peltier’s Hypothese wieder neu zu beleben. Auch er glaubt an eine ur
sprüngliche negative Ladung der Erde von sehr geringer Dichtigkeit, deren Induktion die elektrischen Er
scheinungen der Atmosphäre hervorrufen würde. Ueber diese Annahme als Basis der Hypothese lässt sich
nicht streiten; c’est ä prendre ou ä laisser.
Planté’s 15 ) Hypothese ist auf dieselbe Annahme gebaut, nämlich die einer von dem Bildungsprozess
der Erde herrührenden negativ elektrischen Ladung, welche unser Planet nach und nach ebenso wie seine
eigene W ärme an das Weltall abgebe. Die unmittelbar auf der Erdoberfläche ruhenden Luftschichten sind
schlecht leitend, deshalb zeigen die Instrumente hier nur schwache Spuren der Elektrizität. Die allerhöch
sten Schichten der Atmosphäre seien dagegen sehr gut leitend; von hier aus breitet sich die Elektrizität
langsam aber stetig im Weltall aus. Verdampfung befördert die elektrische Ausstrahlung der Erde, und
diese ausgestrahlte Elektrizität häuft sich grösstentheils in den Wolken auf, welche deswegen gleichnamig
elektrisch mit der Erde sind. Schliesslich hat sich in der Wolkenmasse soviel Elektrizität angesammelt,
dass diese in der nur schwach geladenen Erde stellenweise die entgegengesetzte Elektrizität induzirt, bis
endlich die Spannung genügend gross ist, sich in Blitzform auszugleichen. Die stark geladene Wolke würde
auch in den benachbarten Wolken dieselben Induktions-Erscheinungen hervorrufen, wie auf der Erde.
Ohne weiteres wird es aus dem Vorhergehenden deutlich sein, dass die Luftelektrizität nicht zu er
klären ist entweder aus Verdampfung oder Kondensation, oder Pflanzenwachsthum, oder Induktion von der
Erde. Die Anzahl dieser Hypothesen wäre beliebig um viele andere zu vermehren, so z. B. um Wilcke’s
Erklärungsversuch durch Pyroelektrizität (1758). Ursprünglich rühren die meisten aus dem vorigen Jahr
hundert, einige aus der erste Hälfte dieses Jahrhunderts her. Alle führen die elektrischen Erscheinungen
der Atmosphäre auf terrestrische Ursachen zurück.
Mühry 16 ) vermisst in all diesen Hypothesen den leitenden Gedanken, welcher die elektrischen Meteore
mit den übrigen verbindet. Ebenso wie da, n ) wo dieser Naturphilosoph kurze Zeit vor seinem Tode
(13. Juni 1888) seine warnende Stimme erhebt gegen die derzeit alle meteorologischen Untersuchungen mit
Erstickung bedrohende Theorie der Luftdruck-Minima, so stellt er sich auch hier auf einen hohen allgemeinen
Standpunkt. Die Verbreitung des Quantums der Luftelektrizität geht auf der Erde im allgemeinen parallel
mit der Verbreitung der Temperatur; sie ist mit dieser zunehmend und abnehmend, sowohl in dem Raume,
als in derZeit; als Quelle der Luftelektrizität ist die Insolation der Erdoberfläche zu betrachten (wobei als
mitwirkend die Reibung feuchter Winde gegen trockenen Erdstaub möglich ist). Obwohl dieser Mühry’sehe
Satz im grossen Ganzen eine nicht zu leugnende Grundwahrheit enthält, so ist er doch zu allgemein ge
fasst, um Anspruch zu erheben auf den Namen Erklärung, d. h. eine ursächliche Zurückführung auf bekannte