Archiv 1895- 1-
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No. 1
Oberfläclientemperaturen und Str ömungs verhältnisse des Aequatorialgiirtels
des Stillen Ozeans.
Von Cäsar Puls.
Einleitung.
Da der vielumstrittene Aequatorialgegenstrom als Hauptgegenstand der vorliegenden Arbeit ins Auge
gefasst wurde, so musste die Gegend desselben, die Kalmenzone, die Mitte des zu untersuchenden Gebietes
bilden. Selbstverständlich kann aber der Gegenstrom nicht ohne die zu seinen beiden Seiten fliessenden,
ihn beeinflussenden Aequatorialströmungen verstanden werden, also musste auch ihr Gebiet in den Rahmen
der Arbeit fallen.
Da nun nördlich von 20°N.Br. und südlich von 10°S.Br. die Aequatorialströmungen nicht mehr, oder
wenigstens nicht mehr regelmässig und deutlich auftreten, 1 ) so wurden jene beiden Parallelkreise als Gren
zen angenommen.
So wird also hier unter „Aequatorialgürtel des Stillen Ozeans“ verstanden die Zone zwischen 20°N.Br.
und 10°S.Br. von der Westküste Amerikas bis hinüber zum Aussenrand des austral-asiatischen Archipels,
bis zu Neu-Guinea und den Philippinen, eine Zone, welche nahezu den halben Erdumfang umfasst, nämlich
die 160 Grade zwischen dem 78. Meridian westlich und dem 122. Meridian östlich von Greenwich.
Im Westen greift diese Zone hinüber in das von Dr. Gerhard Schott ebenfalls auf Grund des Materials
der Seewarte in ähnlicher Weise bearbeitete Gebiet, 2 ) und im Südwesten schliesst sich das von Professor
Krümmel auf Strömungen eingehend untersuchte Gebiet westwärts von 160° O.Lg. unmittelbar an. 3 )
Zunächst möge hier eine kurze Uebersicht über die Entwicklung unserer Kenntniss der Strömungen
und Temperaturen unseres Gebietes folgen, wobei zugleich einige der wichtigsten Darstellungen dieser Ver
hältnisse erwähnt werden mögen.
Erst seitdem die Chronometer soweit vervollkommnet waren, um auf Schiffen zur Bestimmung der
Länge gebraucht werden zu können, also seit etwa einem Jahrhundert, ist es möglich, auf offenem Meere ge
nauere Bestimmungen der Strömungen, durch die Vergleichung des Schiffsortes, wie er durch astronomische
Beobachtungen gefunden wird, mit dem aus der Schiffs- oder Loggrechnung ermittelten, durchzuführen.
So kommt es, dass erst spät in der Mitte der schon Magellan und allen älteren Schiffsführern auf
gefallenen und lange schon in den Karten verzeichneten allgemeinen tropischen Westströmung des Stillen
Ozeans ein Gegenstrom gefunden wurde. Der erste, der ihn in der Mitte des Ozeans zuverlässig beob
achtet hat, nachdem schon von anderen Forschern an den beiden Enden unserer Zone zwischen den beiden
Passatströmungen ein östlicher, vom Winde hervorgerufener Monsunstrom angetroffen wurde, scheint der
Franzose Freycinet zu sein, der in den Jahren 1817—20 auf dem Schiffe ,,L’ Uranie“ zu Forschungszwecken
eine Weltumsegelung unternahm. Auf dieser Reise fand er im September 1819 auf der Fahrt von Hawaii
nach Süden, nachdem er erst Weststrom gehabt hatte, zu seinem grossen Erstaunen 12 Tage hindurch
zwischen 9° und 6°N.Br. und 140—150° W. Lg. einen starken Oststrom von im Durchschnitt 80 Seemeilen
1 ) Vergl. P. Hoffmann: Zur Mechanik der Meeresströmungen. Berlin 1884, pag. 40 u. 46.
2 ) „Oberfläehen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer“ Aus dem Archiv der D. Seew.; XIV. Jahrg.
3 ) Handbuch der Océanographie, Band II. Stuttgart 1887, pag. 488. [1891.