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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1895 No. 1 —
Der SE-Passat wird im Dezember im Westen ganz verdrängt. Von den Philippinen bis zum Bismarck
archipel herrscht ein monsunartiger N- bis NW-Wind und zwischen 150° und 180° 0. Lg. liegt ein Gebiet ver
änderlicher Winde, auch vorwiegend aus nördlicher Richtung. Erst östlich von 180° ist der Passat wieder
anzutreffen, der im Dezember seine alte Nordgrenze noch fast behauptet hat, zuweilen auch schon mit dem
NE-Passat verschmilzt, im Januar aber von dem anrückenden NE-Passat zurückgedrängt ist. Die Kalmen
zone verschwindet gänzlich, und wo östlich von 150° W.Lg. eine schmale Zone mit veränderlichen Winden
bleibt, da sind es doch nur die beiden Passate, die um die Vorherrschaft streiten; nicht mehr sind, wie bis
in den Dezember hinein, die SW-Winde vorherrschend. Diese letzteren werden erst regelmässig wieder an
getroffen östlich von 95°W.Lg. bis in den Golf von Panama hinein.
Mit dem NE-Passat ist auch die Abkühlung weiter nach Süden fortgeschritten. Vom Kap San Lucas,
der Südspitze von Californien, wo im Herbst eine bedeutende Temperaturscheide liegt, — denn
zu dieser Zeit gehört der Golf von Californien mit zu dem Gebiete des ruhenden, hocherwärmten Wassers
an der Westküste von Mexico, während an der Westküste Californiens kühleres'Wasser aus dem Norden
nach Süden fliesst, — rücken die Isothermen, nachdem der Passat das warme Wasser aus dem Golf von
Californien vertrieben hat, auf das Kap Corrientes zu und treten in unser Gebiet ein. So knüpft im De
zember die 26°-Isotherme schon an das Kap Corrientes an und geht in einem nach Norden offenen Bogen
zu den Revilla Gigidos-Inseln und von da steil nach SW bis über 10°N.Br. hinaus; im Januar aber heftet
sich die Isotherme von 25°, die im Dezember noch auf das Kap San Lucas zulief, schon südlich vom Kap
Corrientes an die Küste an und nur wenig nördlich davon auch die Isothermen von 24° bis 21°. Es hat
hier am Ausgang des Golfs von Californien also in kurzer Zeit ein ganz bedeutendes Sinken der Tempe
ratur stattgefunden. Der im Dezember noch vorhandene Gürtel von Wasser über 26° erleidet das Schicksal,
das im September oder Oktober den an derselben Stelle liegenden, von der 27 p -Isotherme umsäumten ge
troffen hat, er zerreisst. Die bis auf 10°N-Br. vordringende 25°-Isotherme bleibt im Januar schon ganz
innerhalb unseres Gebietes, indem sie im Westen an die Insel Lugon sich anschliesst; und die 21°-Isotherme
tritt in unser Gebiet ein.
Die Kältezunge der SE-Passattrift ist noch im ganzen dieselbe geblieben, ja die seit September etwas
zurückgewichenen Enden der Isothennen schieben sich wieder weiter vor, so dass z. B. die Isotherme von
25° im Januar ihre Spitze weiter westlich hat als im September. Dagegen sehen wir südlich der eigent
lichen Kältezunge die Erwärmung etwas gewachsen, die Temperaturen sind, besonders im Südosten, südlich
der Galapagos, gestiegen, das Auftriebwasser unter der Küste von Amerika ist nicht mein- so kalt und
wird nicht mehr so weit in den Ozean hinaus geführt, so dass die Verbindung mit der Kältezunge
mehr und mehr unterbunden wird. Infolge dieser Erwärmung südlich der Kältezunge wird die Zunge
selbst immer schmäler. Im September sieht sie ziemlich gedrungen aus, im Dezember treten die umgebo
genen ostwärts gerichteten Enden der 22°- und 23°-Isotherme immer mehr nach Osten an die Küste und die
Galapagosinseln hinan und im Januar heftet sich die letztere gar an die Inselgruppe an, so dass die von
ihr eingeschlossene Wasserfläche nicht mehr eine Kältezunge, sondern eine langgestreckte Kälteinsel westwärts
der Galapagos bildet, und auch diese droht (die 22°-Isotherme ist inzwischen in Folge des Fortschreitens
der Erwärmung verschwunden) sich in mehrere Inseln aufzulösen und so auch zu verschwinden. Manche
Schiffe passiren schon die Linie westwärts der Galapagos, ohne ein starkes Sinken der Temperatur zu ver
zeichnen. (Im allgemeinen ist den Journalen, die dieses auffällige Sinken der Temperatur unter der Linie
nicht verzeichnen, nicht so grosses Vertrauen entgegenzubringen, weil zuweilen ausgefallene Beobachtungen
später nach Gutdünken ersetzt werden; ein Verfahren, das im allgemeinen schwer, in der Gegend der so
auffallenden aber doch so ziemlich unbekannten Kältezunge leicht entdeckt werden kann. Aber im Januar
wird so häufig beim Passiren dieser Gegend höhere Temperatur notirt, dass man nicht daran zweifeln
kann, dass in einigen Jahren die Kältezunge oder -Insel unterbrochen oder schon verschwunden ist; das
ist dann ein verfrühtes Eintreten der Verhältnisse, wie sie im Februar und März vorhanden sind, die
später besprochen werden.)
Mehr in die Augen fallend, als hier im Osten, ist im Westen die Verlegung des höchsterwärmten
Gebiets in südlichere Breiten. Die 28°-Isotherme, die im Dezember im Norden nur noch bis 10°, im Januar
bis wenig über 5°N.Br. gebt, hat sich im Süden weit über unser Gebiet hinaus erstreckt; die 29°-Isotherme
ist weiter nach Süden gerückt, geht im Dezember schon bis zum Südrand unseres Gebietes und liegt im