Dr. Fr. Bolte: Die Methoden der Chrönometer-Kontvöle an Bord etc. 49
Der Fehler in der ßektascension des Mondes würde also gleich Null sein, wenn gleichzeitig A\ — A 2
und dli\ — d!h wäre. Die letztere Bedingung wird aber durch die Gleichheit der Höhen am leichtesten
erfüllt, da unter dieser Voraussetzung zwei Hauptursachen der Höhenfehler, nämlich unbekannte Instru
mentalfehler und Unsicherheit der Refraktion beide Höhen sowohl nach derselben Seite, als auch mit dem
selben Betrage fälschen. Die Gleichzeitigkeit dieser beiden Bedingungen kann aber nur dann stattfihden,
wenn die beiden Gestirne annähernd dieselbe Deklination haben. Wünschenswerth ist es ausserdem noch,
dass die Rektascensionen nicht zu verschieden sind, da sonst die Zwischenzeit zwischen den beiden Be
obachtungsreihen so gross werden würde, dass dadurch erstens die Unsicherheit der während der Versegelung
stattgefundenen Besteckversetzung in Länge die Rektascension des Mondes merklich verändern und zweitens
die Voraussetzung der gleichen Kimmtiefe möglicherweise hinfällig werden könnte. Wählt man als Vergleichs
stern die Sonne, so lässt sich der Uebelstand einer grösseren Zwischenzeit überhaupt nicht vermeiden, da
gerade zu den Zeiten, wo der Rektascensions-Unterschied klein, der Mond nicht zu sehen ist. In diesem
Falle ist auf die Versegelung während der Zwischenzeit, also auf Kompas und Logge, strenge zu achten und
ausserdem die Besteckversetzung in Länge durch vorher und nachher angestellte Chronometerlängen im
Ost- und Westvertikal genau zu kontroliren.
Jedenfalls ist aber einleuchtend, dass selbst für den Fall, wo man grössere Zwischenzeiten zulässt, man
im Allgemeinen nicht auf die genaue Erfüllung der beiden Bedingungen A¡ A 2 und dh\ — dh 2 rechnen
darf. Es ist daher nothwendig, sich nach denjenigen Beschränkungen umzusehen, durch welche die Ausdrücke
sec (f . (cotg A 2 — cotgA\)dg und sec ip . (cosec A 2 dh 2 —cosec A\ dli\) möglichst klein werden.
§ 37. Zweckmässige Anordnung der Beobachtungen. Zunächst muss wegen des in beiden Ausdrücken
auftretenden Faktors sec g die Breite selbst klein sein.
Wenn in der zweiten Differenz (cosec A 2 dh 2 —cosec A\ dh{) die Forderung, dass diu — dh 2 sein soll,
nicht ganz erfüllt ist, so wird im Allgemeinen der Werth der Differenz desto kleiner sein, je kleiner cosec Ai
und cosec A 2 ist, folglich am kleinsten, wenn beide Gestirne in der Nähe des ersten Vertikals beobachtet
sind. In diesem Falle ändert sich der Werth der Kosekante so langsam, dass es hier auf eine Differenz
von 10° bis 15° im Azimut nicht ankommt. Man wird daher lieber auf die Gleichheit der Azimute, als
auf die Gleichheit der Höhen verzichten, und besonders bei minder guten Instrumenten dürfte es sich em
pfehlen, wie bei der Beobachtung korrespondirender Höhen für die zweite Beobachtungsreihe die Höhen
ablesungen der ersteren vorher einzustellen und dann den Moment zu fixiren, wo diese Höhen von dem
zweiten Gestirn erreicht werden.
Wenn auf diese Weise dafür gesorgt ist, dass der konstante Theil der Höhenfehler für beide Ge
stirne möglichst gleich ausfällt, so müssen auf der anderen Seite die zufälligen Bestandtheile der Höhen
fehler, als welche hier besonders die Abweichung der Kimm von einer festliegenden mathematischen Linie
genannt werden möge, durch eine möglichst grosse Anzahl von Beobachtungen beider Gestirne unschädlich
gemacht werden.
Somit ergiebt sich als Forderung für die günstigsten Resultate der Methode zunächst eine nicht zu
grosse Breite, und ausserdem müssen die Vergleichsgestirne so ausgewählt werden, dass dieselben bei nicht
allzugrosser Zwischenzeit eine Beobachtung von ungefähr gleicher Höhe mit der Mondhöhe und nahezu bei
demselben Azimut und zwar in der Nähe des ersten Vertikals gestatten.
§ 38. Einfluss eines Fehlers der Mondrektascension auf den Chronometerstand. Zusammenstellung
zu erwartender Fehler. Es fragt sich nun weiter, mit welchem Einfluss ein Fehler in der Rektascension
des Mondes in die Zeit des ersten Meridians und somit auch in den Chronometerstand eingeht. Nimmt
man als mittlere Rektascensionsänderung etwa 22' in 10 m an, so würde also einem Fehler von l s in der
Rektascension des Mondes ein Fehler von 29 s im resultirenden Chronometerstande entsprechen. Für eine
sehr langsame Rektascensionsänderung konnte derselbe im ungünstigsten Falle bis zu 34 s anwachsen, dagegen
im günstigsten Falle bei sehr schneller Rektascensionszunahme bis 23 s herabgehen.
Um nun im Folgenden diese Erörterungen durch Zahlen anschaulicher zu machen, sollen hier unter
Zugrundelegung einiger Werthe der Breite bestimmte Annahmen über die Differenz der Höhenfehler sowie
über die Azimute gemacht und damit für eine mittlere Rektascensionszunahme der Fehler des Chrono
meterstandes berechnet werden. Der Vollständigkeit halber soll dabei auch der Einfluss eines Fehlers in
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