4
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1894 Nr. 5 —
Nicht um die Anwendung der berechneten Bessel’schen Formel handelt es sich heut zu Tage, sondern
wesentlich nur um ihre Koeffizienten und zumal die Koeffizienten der ersten Glieder. Es handelt sich also
im Wesentlichen nur darum, aus den gegebenen Funktionswerthen die ersten Koeffi
zienten der Bessel’schen Formel so genau zu bestimmen, als die Genauigkeit der gege
benen Wertlie es zulässt.
Die Gleichungen 4) zeigen, dass bei äquidistanten Beobachtungen die Genauigkeit der Koeffizienten
2^ für solche meteorologische Elemente, die durch eine unendliche Reihe mit, bei wachsendem Index
abnehmenden, Koeffizienten a k , b k dargestellt werden, bei wachsendem n zunimmt, mit wachsendem Index k
dagegen abnimmt. Man erhält leicht die Beziehung
6)
r"
■p
(2 n) (2»)
= Pn
- (2»)
—k
welche für jeden Werth von k besteht, mit der Ausnahme, dass wenn n — 2 k wird, 2 p). c) statt pf c k ‘ und
0 zu setzen ist, woraus sich nebenbei bemerkt die später in einem Beispiel auftretende Relation
ergiebt.
Die aus 24 Stundenmitteln mittels der Lagrange-Bessel’schen Lösung berechneten Koeffizienten würden
somit von den aus den 48 halbstündigen Werthen (mit gleicher Anfangsphase) berechneten Werthen um
folgende Beträge abweichen:
d 2fc)
vT = iC
um
Po
«v}(48)
P 24
Pi 41
„(48)
P23
y 2 24 ’
p
52
pT ]
aq(48)
r 21
Da bei den meteorologischen Elementen, deren Darstellung in Form der trigonometrischen Reihe in Be
trachtgezogen werden könnte, die Ableitung aus 48 halbstündigen Werthen jedenfalls im Allgemeinen zu ge
nügend genauen Koeffizienten der ersten Glieder mittelst der Lagrange-Bessel’schen Lösung (5) führen wird,
so ergiebt sich, dass im Allgemeinen auch die 24 Stundenmittel diese Koeffizienten hinreichend sicher in
dieser Weise berechnen lassen, falls die Glieder mit 24, 23, . . . übersteigendem Index in ihren Gesammt-
beträgen zu vernachlässigen sein werden. Diese Folgerung ist ein etwas anderer Ausdruck für die Bedeutung
der Gleichungen 4), wonach die höheren Koeffizienten a k b k die gleiche Bedeutung für die P' k :> tff 1 besitzen.
Jedenfalls würde die den Beobachtungen anhaftende Ungenauigkeit die berechneten höheren Koeffi
zienten j><«> illusorisch erscheinen lassen müssen, sodass eine Verbesserung der Werthe der ersten Koeffi
zienten keinenfalls zu erhalten wäre, wenn man für den täglichen Gang halbstündige Mittel zu Grunde
legen wollte. Ebenso sicher muss andererseits behauptet werden, dass die Stundenmittel, selbst wenn sie
absolut sicher wären, nicht ausreichen können, um die Besonderheiten der Kurve darzustellen, welche die
höheren Koeffizienten a k b k der unendlichen Reihe zum Ausdruck bringen. Ganz gewiss vermag ebenso
wenig das vollkommenste Verfahren der Konstruktion der Kurve aus den 24 Stundenwerthen, jene Be
sonderheiten in die Kurve hinein zu verlegen, was doch erforderlich wäre, falls die Ermittelung der
Konstanten aus den Integralen mehr leisten sollte als die gewöhnliche Berechnungsart. Für die Rechnung,
wie für die graphische Darstellung sind die höheren Koeffizienten a k b k in solchen Fällen unbestimmbar, nicht
zum Ausdruck zu bringen, und somit kann die graphische Auswerthung der Integrale an und für sich
hier keine genaueren Werthe ergeben als die Rechnung.
Eine Vergleichung der nach der Lösung von Lagrange-Bessel berechneten Koeffizienten mit den aus
den Integralwerthen graphisch abgeleiteten Werthen dürfte kaum zu einer Entscheidung über die relative
Güte der beiderlei Werthe führen, da die den letzteren anhaftenden Fehler auch keineswegs irgend genau
zu bestimmen sind.
Der Werth der Lagrange-Bessel’schen Lösung dürfte demnach bei genügend grosser Zahl der gege
benen äquidistanten Beobachtungen, wozu meist die 24 stündlichen Werthe, wie auch wohl zuweilen die 12
Mittel der bürgerlichen Monate ausreichen werden, ein unbestrittener bleiben, und dürfte wohl schwer
der Beweis zu liefern sein, dass bei solchen meteorologischen Elementen, die überhaupt die Reihendar
stellung als ihrem Wesen entsprechend durch den Verlauf der Werthe der Koeffizienten erkennen lassen,
die aus den Integralwerthen berechneten Werthe den Vorzug verdienen.