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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1894 No. 4 —
Weiter wird auch der Kapitän bei regelmässiger Journalführung vor groben Rechnungsfehlern, welche sich
hei nur gelegentlich ausgeführter Vorausberechnung leicht einstellen können, am sichersten geschützt sein.
Ausser diesen nicht zu unterschätzenden Vortheilen, welche in erster Linie der vermehrten Sicherheit
in der Navigirung des eigenen Schiffes zu Gute kommen, kann aber auch der Kapitän durch sorgfältige
Führung des Chronometer-Journals im Verein mit den Observatorien nutzbringend für den weiteren Kreis
seiner Berufsgenossen wirken: Die in der nautischen Praxis erlangten Chronometer - Beobachtungen bieten
ein äusserst werthvolles statistisches Material zur Ausführung von Chronometer-Studien, welche dazu dienen
sollen einerseits dem Fabrikanten Direktiven zur Vervollkommnung des Instruments anzugeben, andererseits
die rechnerische Berücksichtigung der auf mechanischem Wege nicht eliminirbaren Fehlerquellen möglich
zu machen. Ein Blick auf die Geschichte der Uhrmacherkunst während des letzten Jahrhunderts belehrt
uns, welche wichtigen Hülfen speziell der Chronometrie durch die Beobachtungen und Erfahrungen an Bord
zugeflossen sind. — Seitens der Direktion der Deutschen Seewarte ist auf diese wechselseitige Unterstützung
zwischen dem Observatorium und der nautischen Praxis von jeher hingewiesen worden, und die guten Er
folge, welche das genannte Institut durch die bereitwillige Mitarbeit seitens der Kapitäne auf dem Gebiete
der Deviation der Kompasse zu verzeichnen hat, lassen hoffen, dass sich auch ähnliche Erfolge auf dem
Gebiete der Chronometrie gewinnen lassen. — In § 45 der vorstehenden Abhandlung sind die hauptsäch
lichsten Gesichtspunkte angegeben, nach welchen die Journalführung über Chronometer-Beobachtungen an Bord
auszuführen ist; es konnten aber naturgemäss nicht alle zu verzeichnenden Einzelfälle aufgezählt werden, und
ist deshalb, um dem Kapitän die Anleitung zu richtiger Beobachtung und sinngemässer Aufzeichnung zu
bieten, das Kapitel II, „Ueber die Ursachen der Gangabweichung“, eingehender behandelt worden als für
das unmittelbare Bediirfniss des Einzelnen erforderlich ist.
Die Deutsche Seewarte erbietet sich in bereitwilligster Weise für diejenigen Kapitäne, welche gewillt
sind, das Chronometer-Jourual in der angegebenen Weise zu führen und dem Institute zurückzuliefern, eine
gebührenfreie Untersuchung der Instrumente auszuführen sowie auch kostenfrei die Formulare für das Jour
nal zu verabfolgen. Es liegt natürlich im Interesse der Sache, dass die Chronometer möglichst sowohl vor
wie nach der Reise einer kurzen Untersuchung auf dem Observatorium unterzogen werden; aber auch dann,
wenn die Umstände die Ausführung dieser Bedingung nicht zulassen, ist ein sorgfältig geführtes Chronometer-
Journal keineswegs werthlos für chronometrische Studien. — Selbst wenn das Chronometer während der Reise
ein ganz unzulängliches Verhalten gezeigt hat, möge der Kapitän es nicht versäumen, das Instrument zunächst
auf das Observatorium zu bringen und dort im Beisein der Beamten von dem Fabrikanten öffnen und unter
suchen zu lassen. Die durch solche Inspizirungen gesammelten Erfahrungen, welche vielleicht sonst nur dem
einzelnen Fabrikanten zu Gute kommen oder gar vergessen werden, können in dieser Weise für die Allge
meinheit nutzbar gemacht werden. Es sind z. B. durch einzelne Fabrikanten Vermuthungen über die Be
einflussung des Chronometerganges durch die Ladung ausgesprochen; Andere glaubten konstatiren zu können,
dass sich stets starke Gangabweichungen nach dem Besuch gewisser Hafenplätze (z. B. Montreal, sowie einiger
Häfen auf den Antillen) eingestellt hätten. — Die sichere Beantwortung solcher und vieler ähnlicher Fragen
wird natürlich dem einzelnen Fabrikanten unmöglich sein; hierzu bedarf es der sorgfältigen Diskussion eines
auf einer Zentralstelle gesammelten, ausgedehnten statistischen Materials, und die Observatorien sind ihrem
Zwecke gemäss in erster Linie dazu berufen, die Funktion einer solchen Zentralstelle wahrzunehmen.
Möge diese Erkenntniss von der Nothwendigkeit wechselseitiger Unterstützung zwischen dem Observa
torium und der nautischen Praxis immer weitere Verbreitung im Kreise der Seeleute finden, und möge auch
die vorstehende Abhandlung, welche ihre Entstehung hauptsächlich diesem Wunsche verdankt, zur Förderung
dieses Zieles beitragen!