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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1894 No. 4 —
Bord kaum durchführen lässt, und die geringste Vernachlässigung hat stets starke Gangänderungen des
Chronometers im Gefolge. Der Vortheil, den eine solche Einrichtung bietet, steht deshalb in keinem Ver
hältnisse zu der mit derselben verbundenen Gefahr.
§ 33. Es ist ferner, um einen regelmässigen Gang des Chronometers zu erhalten,' sehr wichtig, dass
das Instrument täglich zu genau derselben Stunde aufgezogen wird, weil man nur dann von einem durch
Eederkraft getriebenen Uhrwerke einen regelmässigen Gang erwarten darf, wenn man täglich die Federkraft
in gleicher Weise zur Erhaltung der Bewegung auf das Werk wirken lässt. Es sind zwar absichtlich die
meisten Chronometer derart eingerichtet, dass sie eine Gangzeit von 56 Stunden besitzen, damit, wenn ein
mal das Aufziehen durch ein Versehen an einem Tage unterbleibt, das Instrument sich am nächsten Tage
noch in gehendem Zustande befindet. Da aber die Regulirung des Instruments und die Gangbestimmung
auf dem Observatorium hei täglichem Aufziehen ausgeführt wird, so erhält man unter Umständen eine kleine
Abweichung, wenn man die Federkraft des zweiten Gangtages wirken lässt. — Das Aufziehen ist bei den
jenigen Chronometern, welche mit einer Schnecke versehen sind, links herum (also entgegengesetzt der Be
wegungs-Richtung des Uhrzeigers), bei Chronometern ohne Schnecke rechts herum auszuführen. Beim Auf
ziehen zähle man stets die vollendeten halben Umdrehungen und merke sich für die Folge genau die Anzahl
derselben (gwöhnlich 8), welche täglich für den vollständigen Aufzug erforderlich ist. Gegen das Ende des
Aufziehens drehe man vorsichtig und leicht, so dass man den Widerstand, welcher die Vollendung angiebt,
sofort bemerkt. — Beim Abziehen des Schlüssels verhindere man ein plötzliches Zurückschnellen der häufig
mit einer starken Feder versehenen Verschlussplatte, weil das Instrument hierdurch leicht eine merkliche
Erschütterung erhalten kann; auch lasse man beim Umkippen das Gehäuse nicht zu früh der Hand ent
gleiten, so dass dasselbe in eine pendelnde Bewegung geräth. Endlich ist darauf zu achten, dass ein voll
ständiges Umwenden des Zifferblattes, wobei die VI an die Stelle kommt, wo früher die XII war, vermieden
wird. Nach Beendigung des Aulziehens überzeuge man sich davon, ob sich das Chronometer in gehendem
Zustande befindet; es ist bisweilen vorgekommen, dass beim Umlegen des Instrumentes die früher erwähnte
Bewegung ausgeführt worden ist, durch welche ein Stillstehen der Unruhe eintreten kann. — Es möge noch
bemerkt werden, dass aus den oben erwähnten Gründen das Chronometer täglich vollständig und nicht nur
um einige Umgänge aufgezogen werden muss. Bei sogenannten Achttage - Chronometern ist das Aufziehen
Avöchentlich einmal, stets aber an dem gleichen Wochentage — gewöhnlich wählt man dazu den Sonntag —
auszuführen. — Beim Aufziehen eines Taschen-Chronometers drehe man nur den Schlüssel, bezw. den Auf
ziehknopf, nicht aber die Uhr, weil durch diese Bewegung leicht ein Ueb erschwingen der Unruhe hervor
gerufen werden kann.
Was den Zeitpunkt des Aufziehens anbetrifft, so empfiehlt Prof. Gelcich, dies nach Beendigung der
Vormittags-Beobachtungen oder eine beträchtliche Zeit vor denselben auszuführen. Als Begründung hierfür
wird angeführt, dass durch das Umkippen des Chronometers, besonders bei bewegter See für kurze Zeit
eine Gangveränderung hervorgebracht wird und dass deren störende Wirkung auf die astronomischen Be
obachtungen durch die obige Wahl am besten abgeschwächt werden kann. — Es möge an dieser Stelle
eingeschaltet werden, dass nach Ansicht fast aller Fachleute ein sorgfältig ausgeführtes Umdrehen des In
strumentes beim Aufziehen keineswegs von nachtheiliger Wirkung auf den Mechanismus ist. Es wird hier
durch das an den oberen Enden des vertikalen Zapfens befindliche Oel, welches sich bei der gewöhnlichen
Lage des Instrumentes leicht aus dem Zapfenlager entfernt, wieder an die richtige Stelle gebracht.
^ 34. Soll ein stehen gebliebenes oder angehaltenes Chronometer wieder in Gang gesetzt werden, so
warte man hiermit bis zu der Zeit, welche durch die Zeiger angegeben wird. Kurz vorher zieht man das
Instrument auf und führe es besonders vorsichtig wieder in die horizontale Lage zurück. Ist die auf dem
Ziff'erblatte angezeigte Zeit herangekommen, so fasse man mit beiden Händen den Kasten des Instruments
und gebe ihm eine sanfte horizontale Drehung um etwa 90°. Es ist vortheilhaft, um pendelnde Bewegungen
des Gehäuses zu vermeiden, dass hierbei der Arretirhebel für einen Augenblick in die Gabel gedrückt und
festgestellt wird. Befindet sich das Instrument in unverletztem Zustande, so wird es nach der vorerwähnten
Drehung sofort wieder in Gang kommen. — Es ist oben empfohlen worden, die auf dem Zifferblatte ange
zeigte Zeit für das Ingangsetzen abzuwarten, weil das Stellen der Zeiger stets nach Möglichkeit vermieden
werden muss. Nur in dem Falle, wo der Minutenzeiger nicht mit dem Sekundenzeiger übereinstimmt, d. h.
wenn ersterer nicht genau über einem Theilstrich steht, während letzterer die Sekunde Null passirt, ist eine
entsprechende Veränderung des Minutenzeigers vorzunehmen. Zu diesem Zwecke stelle man das Gehäuse