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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1894 No. 4 —
Instrumente während mehrerer Jahre konstant gehlieben ist, und es lässt sich aunehmen, dass in diesen
Fällen nur eine direkte Einwirkung der Feuchtigkeit stattgefunden hat, ohne dass eine wesentliche Rost-
und Schimmelpilz-Bildung in Folge des hohen Feuchtigkeitsgrades an Bord eingetreten ist. — Der ,. Hafen-
gang“ unterscheidet sich vom „Seegang“ meistens nur um eineu sehr geringen Betrag.
§ 28. Für die Zuverlässigkeit des Chronometers ist die richtige Wahl des Aufstellungsortes au
Bord von grosser Wichtigkeit. Es kommt vor Allem darauf an, dem Instrumente einen solchen Platz zu
geben, dass dasselbe vor Erschütterungen möglichst geschützt ist; es ist im allgemeinen vortheilhaft, das
Chronometer mittschiffs, möglichst tief im Schiffe und nahe dem Schwerpunkte des gesammten Schiffskörpers
aufzustellen, weil hier die durch Seegang hervorgebrachten Bewegungen das Instrument am wenigsten be
einflussen werden. Andererseits ist aber auch der Ort so auszuwählen, dass die Erschütterungen, welche
durch das Arbeiten der Maschine, der Schrauben, der Pumpen und der Spille erzeugt werden, in möglichst
geringem Grade einwirken können; auf Kriegsschiffen ist ausserdem die Aufstellung in der Nähe der Ge
schütze zu vermeiden. Da das Oberdeck beim Uebernelimen der Ladung, durch das Zuschlägen der Luken
und durch das Betreten seitens der Mannschaft vielfachen Erschütterungen ausgesetzt ist, so ist jede Auf
stellung, welche das Instrument in unmittelbare Verbindung mit dem Oberdeck bringt, von vornherein als
unvortheilhaft zu bezeichnen.
Es kommen bei einer sacligemässen Auswahl des Aufstellungsortes aber noch andere Gesichtspunkte
wesentlich in Betracht. Wir haben oben gesehen, dass die Veränderungen der Temperatur, die Feuchtig
keit und der Magnetismus als Quellen erheblicher Gangänderungen bezeichnet werden müssen. Es ist aus
diesen Gründen erstens für die Aufbewahrung des Chronometers ein Raum auszuwählen, in welchem eine
möglichst gleichmässige Temperatur hergestellt werden kauu, und von welchem vor Allem die Extreme der
Aussentemperaturen fern gehalten werden können; bei Reisen nach den Tropen ist deshalb ein kühl ge
legener Ort und bei Reisen nach den Polargegenden ein heizbarer Raum empfehlenswert]). Vollständig un
geeignet wegen der häufig sehr hohen Temperatur ist ein Raum, welcher in unmittelbarer Nähe der Dampf
kessel und der Kombüse gelegen ist. Zur Vermeidung des gangändernden und zerstörenden Einflusses hoher
Feuchtigkeitsgrade ist es aber zweitens nothwendig, dass der betreffende Raum frei von dumpfer, modriger
Luft (Bilge-Luft) ist, und dass er von Zeit zu Zeit ausreichend ventilirt werden kann; das beständige Durch
strömen von Zugluft ist indessen nicht günstig. Endlich darf das Chronometer nicht an einem Platze stehen,
in dessen unmittelbarer Nähe sich starke Magnete, Dynamo-Maschinen und grosse Eisenmassen, wie eiserne
Masten, Davits, Schornsteine u. s. w. befinden. Die Befürchtung, dass der Magnetismus eines eisernen
Schiffskörpers (oder gar der Erdmagnetismus) den Gang des Chronometers wesentlich beeinflussen könnte,
dürfte auf Grund zahlreicher Beobachtungen nur dann gerechtfertigt sein, wenn Unruhe und Spirale seihst
mit permanentem Magnetismus behaftet sind; immerhin wird es bei der Aufstellung des Chronometers räth-
lich sein, die unmittelbare Nähe der eisernen Bordswand zu vermeiden.
Es wird gewiss in manchen Fällen nicht möglich sein, einen Platz für das Chronometer zu ermitteln,
wo sämmtliehe soeben angegebenen Bedingungen einer günstigen Aufstellung erfüllt sind; es bleibt dann
dem richtigen Ermessen des Kapitäns überlassen, von mehreren Uebeln das kleinste zu wählen. Bei der
verschiedenartigen Konstruktion unserer Seeschiffe ist es natürlich aber noch weniger möglich, ein für alle
mal einen Platz für die Aufstellung anzugeben; es konnten nur die hauptsächlichsten Gesichtspunkte, welche
bei dieser Wahl maassgebend sein müssen, hier angeführt werden. — Es ist vortheilhaft, die Disposition
über den Aufstellungsort schon vor Ankunft des Chronometers zu treffen, damit später keine Stellen-Ver
änderung nothwendig wird.
§ 29. Um in noch vollständigerer Weise die bereits mehrfach besprochenen schädlichen Einflüsse aus-
zuschliessen, sowie zur zweckmässigen Behandlung und bequemen Benutzung der Chronometer empfiehlt es
sich, dieselben in einem Spinde von etwa folgender Konstruktion aufzubewahren. Die Wände des Spindes
sind aus Holz angefertigt und innen mit Platten von Zinkblech belegt, welche an den Verbindungsstellen
sorgfältig zusammengelöthet sind. Der Deckel besteht aus einer starken Spiegelscheibe in Holzfassung.
Letztere trägt auf einer Seite Scharniere zum bequemen Oeffnen und wird rings herum durch sogenannte
Vorreiber auf die mit Gummi belegte Oberkante des Holzkastens gepresst. Diese Vorreiber sind an den
äusseren Wänden des Holzkastens befestigt und wirken, wenn sie in die Gebrauchsstellung umgelegt sind,
auf ein starkes, keilförmiges Messingstück, welches auf der oberen Seite der Holzfassung angebracht ist.
Das Spind enthält, je nach der Anzahl der vorhandenen Instrumente, mehrere mit Rosshaar gepolsterte