Dr. C. Stechert: Das Marine-Ghronometer und seine Verwendung in der nautischen Praxis.
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Es ist nun der hauptsächlichste Zweck der Voruntersuchung, die in dieser Gleichung enthaltenen Grössen a
und b, welche man — wie oben bereits erwähnt — für längere Zeit als Konstante betrachten kann, für jedes
Chronometer zu ermitteln. Zu diesem Zwecke wird der Gang der Instrumente beobachtet, während dieselben
in Räumen aufgestellt sind, deren mittlere Temperatur mit grosser Schärfe bestimmt werden kann. Je nach
dem sich die Prüfung der Chronometer auf ihr Verhalten hei höheren oder tieferen Temperaturgraden er
strecken soll, wendet man hierfür sogenannte Wärme- oder Kälte-Apparate *) an. Der hauptsächlichste Ge
sichtspunkt, welcher bei der Anfertigung derartiger Prüfungs-Apparate in Frage kommt, ist die Möglichkeit,
die Temperatur des Aufstellungs-Raumes während einer längeren Zeit in beliebiger Höhe konstant zu erhalten.
Bei den Wärme-Apparaten werden zu diesem Zwecke die Wände des Prüfungskastens aus doppelten, etwa
10 cm von einander entfernten vernieteten Kupfer- oder Eisenblech-Tafeln hergestellt und der Zwischen
raum der Wandungen mit einem schlechten Wärmeleiter, z. B. Schlackenwolle oder Kieselguhr ausgefüllt.
Die untere Hälfte des Apparates, welche mehrere kleine Gasbrenner enthält, ist von der oberen durch
doppelte Blechtafeln getrennt; über letzteren sind Lattengitter angebracht, auf welche die zu untersuchenden
Chronometer gestellt werden. Oben ist der Kasten durch doppelte Deckel aus Sjnegelglas geschlossen. —
Bei den Kälte - Apparaten bestellt die grösste Schwierigkeit darin, che Bildung von Feuchtigkeits-Nieder
schlägen zu vermeiden, welche eintritt, sobald die Aussenluft in den abgekülilten Apparat eindringt. Mau
richtet aus diesem Grunde für den genannten Zweck ein kleines Zimmer an einem kühl gelegenen Orte:
z. B. im Keller, ein, versieht es mit starken Wänden und Doppeltküren und stellt in dem Kasten, welcher
zur Aufbewahrung der Chronometer dient, noch mehrere Schalen mit Chlorcalcium auf. Das genannte Salz,
welches in seiner Zusammensetzung dem gewöhnlichen Kochsalz nahe steht, ist in hohem Maasse hygro
skopisch. d. h. es besitzt die Eigenschaft, der umgehenden Luft den Wasserdampf zu entziehen und dieselbe
hierdurch zu trocknen. Die Abkühlung des Kältezimmers wird mit Hülfe von Eis ausgeführt, Avelches direkt
von aussen durch eine seitliche Klappe in einen im Zimmer stehenden verschlossenen Schrank gebracht
wird. — Während der Wintermonate gelingt es in unserem Klima meistens, eine vollständige Temperatur-
Untersnckung der Chronometer, Avelche sich auf die Temperaturen von 5° bis 30° C. erstreckt, ohne Be
nutzung eines Kältezimmers, allein mit Hülfe, eines Wärme-Apparates auszuführen. Man erlangt hierdurch
den Vortheil, dass die Chronometer Avährend der ganzen Beobachtungszeit an derselben Stelle stehen bleiben
können. Bei den alljährlich auf der Abtheilung IV der Deutschen Seewarte in Hamburg stattfindenden
Chronometer-Konkurrenz-Priifungen wird diese Praxis befolgt.
Noch auf eine vortkeilliafte Anordnung der Temperatur-Untersuchungen, Avelche ZAvar nicht absolut
notlnvendig ist, indessen zur Sicherheit der Bestimmung der Koeffizienten und zau- Erleichterung der
rechnerischen Venverthung der Resultate Avesentlich beiträgt, möge hier besonders hingewiesen werden.
Dies ist die symmetrische Anordnung der angeAvendeten Temperaturgrade in Bezug auf die Mitte der
Untersuchungszeit. Man beginnt die eigentliche Untersuchung erst, nachdem man die Instrumente all
mählich auf eine der beiden Extrem-Temperaturen, z. B. 30° C. gebracht hat, geht dann in bestimmten
Zeitabschnitten stufenweise zu den übrigen Temperaturen über, bleibt auf der anderen Extrem-Temperatur
während eines doppelten Zeitabschnittes und kehrt ebenso stufenweise zur ersten Extrem-Temperatur
zurück. — Bei den Konkurrenz-Prüfungen, Avelche als Typen einer vollständigen Temperatur-Untersuchung
gelten können, ist als Zeitabschnitt für jede einzelne Temperatur stufe die Dekade (10 Tage) eingeführt,
und Avird die Prüfung selbst nach folgendem Temperatur-Schema vorgenommen.
Dekade 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Temperatur C. 30° 25° 20° 15° 10° 5° 5° 10° 15° 20° 25° 30°
Die Liebergänge von Stufe zu Stufe Averdeu nicht etAva durch plötzliche Veränderung, sondern durch
allmähliche Vermehrung, bezAv. Verminderung der Temperatur während der beiden ersten und letzten Tage
jeder Dekade ausgeführt. Bei solide ausgeführten Prüfungs-Apparaten gelingt es meistens, die beabsichtigte
Mittel-Temperatur während jeder Dekade bis auf einige Zehntheile des Grades genau herzustellen.
In welcher Weise nun die Beobachtungs-Resultate zur Berechnung der Grössen a, b und c verwendet
Averden, wird sich am besten durch das folgende Beispiel erläutern lassen.
*) Die folgende Beschreibung ist gemäss den in Abtheilung IV der Seewarte bestehenden Einrichtungen gegeben.