Dr. Fr. Bolte: Die Methoden der Chronometer-Kontrole an Bord etc.
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man muss sich zunächst eine angenäherte scheinbare Höhe berechnen, indem man in erster Näherung mit
der wahren Höhe eingeht und an diese die hierfür ausgenommene Refraktion und Parallaxe mit dem eben
angegebenen Vorzeichen anhringt. Mit dieser scheinbaren Höhe entnimmt man dann den Tafeln die definitiven
Werthe für Refraktion und Parallaxe, um mit denselben dann die wahren Höhen in scheinbare zu verwandeln.
Unter gewöhnlichen Verhältnissen kann man jedoch auch die definitiven Werthe mit den wahren Höhen
ausnehmen. Für die Refraktion würde dies bei 10° Höhe einen Fehler von 3", hei 5° Höhe einen solchen
von 16" in der scheinbaren Höhe nach sich ziehen; für die Parallaxe der Sonne und der Planeten ohne
Bedeutung sein und für Parallaxe—Refraktion des Mondes hei 10° wahrer Höhe die scheinbare Höhe um
etwa 20", bei 7° Höhe um etwa 45" und bei 5° um 1' 20" verfälschen. Man darf also sagen, dass man nur
beim Monde bei Höhen unter 10° zweimal einzugehen braucht. Dass man bei dieser Verwandlung wahrer
Höhen in scheinbare nur sehr roh einzugehen braucht, da man die letztere nur auf volle Minuten gebraucht,
ist an sich verständlich.
Beispiele.
Name
des Gestirns
Berechnete
wahre Höhen
Refraktion
Parallaxe
Scheinbare
Höhen
®
21° 13!4
2' 28"
8"
21° IG'
Aldebaran..
8 29.3
G 7
0
8 35
Venus
7 33.2
G 50
8
7 40
Hor.-Par.
Par.-Refr.
C
22° 4S!8
57' 40"
50' 54"
21° 5S'
C
5 41.1
55 56
45 49
4 55
C
G 20.0
59 4
49 47
5 30
§ 3. Ermittelung der scheinbaren Mittelpunkts-Distanz, Korrektion der Halbmesser. Um die durch
direkte Beobachtung gefundene Randdistanz in die für die weitere Reduktion nothwendige Mittelpunkts-
Distanz zu verwandeln, muss man die Halbmesser der Gestirne anbringen. Die Entscheidung darüber, oh
dieselben zu addiren oder zu subtrahiren sind, hängt davon ab, oh der zur Berührung gebrachte Rand dem
andern Gestirn zugewandt oder ihm abgewandt ist. Man erkennt leicht, dass für Distanzen nächsten Randes
der Halbmesser zu addiren, für Distanzen entfernten Randes zu subtrahiren ist.
Speziell für Sonne—Mond-Distanzen ist zu beach
ten, dass der Mond sein Licht von der Sonne erhält,
folglich derselben stets den hellen Rand zuwendet. Bei
Distanzen zwischen Sonne und Mond sind also beide
Halbmesser zu addiren.
Ist das Distanzgestirn ein Planet, so wird dessen
Halbmesser nicht angebracht, weil man wegen der
schwachen Vergrösserung des Fernrohrs den Planeten
nicht als Scheibe oder Sichel erkennen, also auch
keine Randdistanzen von ihm beobachten kann.
Auch hier braucht man natürlich nicht die wahren
Halbmesser von Sonne und Mond, sondern diejenigen
Winkelwerthe, unter denen sie bei der Distanzmessung
erscheinen, also korrigirt um die Vergrösserung durch
Parallaxe und um die Verkürzung durch Refraktion.
§ 4. Die Vergrösserung des Mond-Halbmessers
durch Parallaxe. In nebenstehender Figur giebt r den
wahren, II den scheinbaren wegen der grösseren Nähe
vergrösserten Werth des Halbmessers des Mondes oder der Sonne an, dessen Grösse, in Längenmaass ge
messen, mit o bezeichnet ist; ferner bedeuten E und e die Entfernungen des Mittelpunktes M vom Erd
mittelpunkte C resp. vom Beobachtungsorte O, und endlich Oh und CE den scheinbaren resp. wahren
Horizont. Dann ist