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Full text: 17, 1894

Dr. C. Stechert: Das Marine-Chronometer und seine Verwendung in der nautischen Praxis. 
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eine Gangänderung von 11?2 täglich in verlierendem Sinne. Hiervon entfallen nach Caspari*) l s 5 auf die 
unter 1), 0?5 auf die unter 2) genannte Wirkung, während über 9 Sekunden der Elastizitäts-Veränderung 
der Spirale zuzuschreiben sind. 
Um nun dem erwähnten gangändernden Einflüsse der Temperatur entgegen zu wirken, ist die Unruhe 
des Chronometers mit der sogenannten Temperatur-Kompensation versehen, deren Wesen darin besteht, 
dass durch dieselbe die Trägheit der Unruhe bei steigender Temperatur in dem Maasse verringert und 
hierdurch eine Beschleunigung des Ganges erzeugt wird, in welchem durch die oben erörterten Wirkungen 
mittelbar eine Verzögerung hervorgebracht wird. Der Ring der Unruhe ist zu diesem Zwecke aus zwei 
Metallreifen von verschiedener Dehnbarkeit zusammengesetzt, und zwar befindet sich dasjenige Metall, 
dessen Ausdehnungs-Koeffizient grösser ist (gewöhnlich Messing) auf der Aussenseite. Der innere Ring 
besteht aus Stahl. Um eine innige Verbindung beider Metalle an der Berührungsfläche zu erzielen, wird 
die Unruhe in der Art angefertigt, dass man geschmolzenes Messing um eine massive stählerne Scheibe 
herumgiesst und dann den Ring und die Speichen herausarbeitet. — Der Ring der Unruhe (siehe Fig. 1) 
ist nahe an den Speichen an zwei diametral entgegengesetzten Stellen durchschnitten, so dass jeder Halb 
kreis nur an einem Ende mit einer Speiche zusammenhängt. Auf dem Halbkreise sind zur Verstärkung 
der kompensatorischen Wirkungen verstellbare Gewichte und Schrauben angebracht. — Die Wirksamkeit 
der ganzen Vorrichtung besteht nun darin, dass bei steigender Temperatur die freien Schenkel der Unruhe 
in Folge der grösseren Ausdehnung des auf der Aussenseite befindlichen Messings sich nach innen biegen. 
Die kompensatorischen Massen werden sich also der Umdrelmngsaxe nähern, das Trägheitsmoment des 
ganzen Systems wird verringert und der Gang der Uhr beschleunigt werden. Bei sinkender Temperatur 
findet die gegentheilige Wirkung statt. — Indem man die verstellbaren Gewichte auf den Schenkeln der 
Unruhe verschiebt, ist man im Stande, Veränderungen der kompensatorischen Wirkung**) hervorzubringen 
und durch letztere den oben besprochenen Einfluss der Temperatur innerhalb gewisser Temperaturgrenzen 
nahezu aufzuheben. — Es ist aber von vornherein einleuchtend, dass ein solcher Ausgleich beider Wir 
kungen nie in aller Schärfe für sämmtliche Temperaturgrade erreicht werden kann: Die Gangänderungen, 
welche sich — wie oben beschrieben — aus Dimensions-Veränderungen von Unruhe und Spirale und vor 
Allem aus den Elastizitäts-Veränderungen der letzteren ergeben, erfolgen nach ganz anderen Gesetzen, 
als diejenigen Gangänderungen, welche in Folge der Wirksamkeit der Kompensations-Unruhe eintreten. 
Würde man im Stande sein, für beide Wirkungen erschöpfende mathematische Ausdrücke aufzustellen, so 
würden ohne Zweifel die Formeln für den ersteren Fall weit komplizirter sein und ein ganz anderes Ge 
präge tragen, als für den zweiten Fall. — Es ist deshalb in der Praxis dem Uhrmacher weiter nichts 
möglich, als die Kompensations-Gewichte so einzustellen, dass das Chronometer bei zwei passend gewählten 
Temperaturen, z. B. bei 0° und bei 30°, die gleichen Gänge zeigt. Dann werden weder bei den zwischen - 
liegenden, noch bei den in der Praxis vorkommenden extremen Temperaturen sehr grosse Gangänderungen 
auftreten. 
Ein für die soeben erwähnten Temperaturen genau kompensirtes Chronometer wird bei der Tempera 
tur von 15° C. etwa zwei Sekunden gewinnen. — Sind dagegen als Kompensations-Punkte 0° und 15°, 
oder 15° und 30° gewählt worden, so werden die Ausschläge im ersten Falle bei 30° und im zweiten 
Falle bei 0° etwas mehr als vier Sekunden betragen. Die Erfahrung lehrt, dass bei graphischer Darstellung, 
wenn man die Temperaturen als Abscissen und die Gangwertlie als Ordinaten aufträgt, innerhalb der 
gewöhnlich vorkommenden Temperaturgrenzen eine Curve entsteht, welche sich der Parabel sehr nahe 
anschliesst. 
Zu der obigen Beschreibung der Unruhe möge noch hinzugefügt werden, dass sich ausser den kom 
pensatorischen Massen auf den Schenkeln noch zwei oder vier kleine Schrauben befinden, welche zur Ver 
änderung der absoluten Grösse des Uhrganges dienen. Diese Gang- oder Zeitschrauben sind dort angebracht, 
wo die Speichen der Unruhe mit den Schenkeln Zusammentreffen, sie werden also bei verschiedenen Tem 
peraturen stets nahezu gleiche Entfernung von der Ünruli-Axe behalten. 
*) Caspari, Untersuchung über Chronometer und nautische Instrumente, Seite 29 und 30. 
**) Je mehr mau das Kompensations-Gewicht dem freien Ende des Unruheschenkels nähert, desto mehr wird es bei 
steigender Temperatur dem Mittelpunkte der Unruhe zugeführt.
	        
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