Skip to main content

Full text: 17, 1894

Dr. C. Stechert: Das Marine-Chronometer und seine Verwendung in der nautischen Praxis. 
5 
würde, dass die Windungen der im Innern befindlichen Zugfeder sich aufwinden, und dass nunmehr die Ver 
bindung zwischen Federhaus und Kette wieder hergestellt würde, so würde offenbar die Trommel in Folge der 
Wirkung der elastischen Zugfeder bestrebt sein, eine Drehung auszuführen, welche der soeben beschriebenen 
entgegengesetzt ist. Diese Bewegung würde sich in Folge des Aufwindens der Kette auf die Aussenwand 
der Trommel, auf die Schnecke und das ganze Räderwerk übertragen, so dass man in dieser Weise im 
Stande ist, dem letzten Rade des Räderwerkes, dem Hemmungsrade, das schon oben erwähnte Bestreben 
der Drehung in einem bestimmten Sinne zu ertheilen. Man erkennt ferner leicht, in welcher Weise die 
konische Form der Schnecke geeignet ist, die nicht immer in gleicher Stärke wirkende Zugfeder zu einem 
nahezu konstanten Motor umzugestalten: In dem Maasse, wie die Zugfeder sich im Innern der Trommel 
abrollt und damit ihre Wirkung verringert, wächst der Hebelarm, an welchem die sich abrollende Kette die 
Sclmecke dreht. — Es möge noch bemerkt werden, dass durch das tägliche Aufziehen des Chronometers nicht, 
wie in der obigen Veranschaulichung angenommen, eine unmittelbare Bewegung des Federhauses hervor 
gebracht wird; es wird vielmehr die Schnecke vermittels des Aufziehzapfens d um ihre Axe gedreht und 
hierdurch die Kette von der sich drehenden Trommel abgerollt und in die Windungen der Schnecke ge 
bracht, doch wird durch eine Vorrichtung, welche zwischen den Rädern D' und £)"' gelegen ist, verhindert, 
dass sich die Aufzieh-Bewegung direkt auf das Räderwerk überträgt. Die Beschreibung dieses Mechanismus, 
welcher gleichzeitig die Bewegung des Räderwerkes während des Aufziehens in dem richtigen Sinne unter 
hält. sowie eines anderen, welcher ein übermässiges Anspannen und Zerreissen der Kette verhindert, mögen 
hier, als nicht unbedingt zum Verständnisse des eigentlichen chronometrischen Apparates nöthig, unter 
drückt werden. 
§ 6. Ueberblickt man nach dieser Besprechung der einzelnen Theile des Instrumentes nun nochmals 
das Spiel des ganzen Mechanismus, so erkennt man, dass zwischen dem Motor und dem Regulator eine 
Wechselwirkung in der Art besteht, dass einerseits der Regulator das durch das Räderwerk mit dem Motor 
in Verbindung stehende Hemmungsrad nur zahnweise fortschreiten lässt und seine Bewegung gleichmässig 
macht, und dass andererseits die nicht durch Reibung verlorene Kraft sich durch das Hemmungsrad auf 
den Regulator überträgt, um die Schwingungen desselben zu unterhalten. — Auch möge hier noch besonders 
darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Regulator nur während der kurzen Zeit, wo er den Antrieb 
durch das Hemmungsrad erhält, mit dem Räderwerke in Verbindung steht, sonst aber von diesem völlig 
unabhängig seine Schwingungen vollführt; diese Einrichtung bildet das Wesen einer sogenannten „freien 
Hemmung“ und ist eine der Hauptbedingungen für den guten Gang des Chronometers. 
§ 7. Koch ein anderer sehr wichtiger Umstand, von welchem gleichfalls che Zuverlässigkeit der An 
gaben des Instrumentes abhängt, möge hier in Kürze besprochen werden. Es wird trotz der Zwischen 
schaltung der Schnecke zwischen Zugfeder und Räderwerk niemals in der Vollkommenheit gelingen, einen 
für alle Zeiten konstanten Motor ‘für das Chronometer herzustellen. In Folge davon wird der Antrieb! 
welchen das Hemmungsrad dem Regulator ertheilt, kleinen Schwankungen unterworfen sein, und in weiterer 
Folge hiervon wird auch die Schwingungsweite des Regulators kleine Veränderungen erfahren. In gleicher 
Weise sind die Schwankungen des Schiffes, die Bewegungen beim Transporte des Chronometers, Ver 
änderungen in der Reibung der Unruhzapfen oder Verdickung des Oeles in den Zapfenlöchern im Stande, 
die Schwingungsweite zu beeinflussen. Es ist demnach für den regelmässigen Gang des Chronometers ein 
unbedingtes Erforderniss, dass die Dauer der Unruhschwingung durch die Verschiedenheit der Schwingungs 
weite keine Veränderung erleide oder — in der Sprechweise des Technikers ausgedrückt —, dass der 
Regulator „isochron“ schwinge. Aus diesem Grunde war die folgende Entdeckung, zu welcher Pierre Leroy 
auf experimentellem Wege gelangte, für die Chronometrie von grösster Wichtigkeit; er fand: Es giebt bei 
allen Spiralfedern von hinreichender Länge eine gewisse Länge, bei welcher alle Schwingungen — mögen 
sie gross oder klein sein — isochron sind, d. h. in gleicher Zeitdauer vollendet werden. Bei grösserer 
Länge der Spiralfeder werden die grossen Schwingungen langsamer als die kleinen ausfallen, und das Um 
gekehrte findet bei geringerer Länge statt. — Durch spätere Untersuchungen wurde festgestellt, dass der 
Isochronismus der Spirale nicht an eine ganz bestimmte Länge gebunden ist, sondern dass jeder Umgang 
zwei sogenannte „isochrone Punkte“ enthält, welche — als Befestigungspunkte gewählt — den Isochronismus 
hersteilen. Endlich fand der französische Ingenieur Phillips auf theoretischem Wege, dass man jede Spiral 
feder isochron machen kann, indem man ihren Endkurven, d. h. denjenigen Tlieilen der Spirale, welche 
in der Nähe der beiden Befestigungspunkte gelegen sind, eine ganz bestimmte, mathematisch zu ermittelnde
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.