Pr. Fr. Boite: Die Praxis der Sumner’schen Standlinien an Bord.
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dort zur Einführung der Sehne führte. Wir hatten aus Fig. 1 gesehen, dass die Tangente um so ungenauere
Resultate liefert, je weiter der wirkliche Schiffsort von dem berechneten angenäherten Ort, durch welchen
die Tangente gezogen werden soll, auf der Standlinie entfernt ist, und daher war hei der Beobachtung
einer einzigen Höhe die Tangente aus dem Grunde zu verwerfen, weil man dort die Grösse dieser Ab
weichung nicht ermitteln kann. Bei dem Zweihöhenproblem dagegen, wo der wirkliche Schnittpunkt der
Standlinien berechnet wird, bietet ein Vergleich desselben mit dem berechneten angenäherten Orte ein Mittel
dar, bei stärkerer Abweichung nöthigenfalls eine Wiederholung der Rechnung mit Zugrundelegung der be
rechneten Breite resp. Länge vorzunehmen, und daher wird man hier der Anwendung der Tangente den
Vorzug geben, weil diese für jede Höhe nur die Berechnung eines einzigen angenäherten Ortes verlangt.
§11. Ableitung der Formel für Tafel I und II. Bezeichnet man in Fig. 6
mit A den mit einer gegissten Breite (nach Regel I) oder einer gegissten Länge
(nach Regel II) berechneten angenäherten Ort, mit B einen um ein bestimmtes
Stück entfernt liegenden Punkt auf der Tangente, so ist, wenn man den Längen
unterschied mit dl, den Breitenunterschied mit db bezeichnet,
AG = dl und (wegen der vergrösserten Breiten)
BC = db . secb .
und da <G B AC gleich dem Azimutwinkel ist, so ist
dl = db . secb . cotang Azim.
Nach dieser Formel ist Tafel I berechnet worden, welche mit den Argumenten
den Längenunterschied giebt, welcher einem Breitenunterschied von 1' entspricht.
„Breite“ und „Azimut“
Ebenso führt die durch Umformung gewonnene Formel
db = dl .cos b . tang Azim.
zur Berechnung von Tafel II, mit welcher man denjenigen Breitenunterschied findet, welcher bei gegebener
Breite und Azimut einem Längenunterschied von 1' entspricht.
Der Vortheil dieser Tafeln besteht darin, dass durch sie die Berechnung eines zweiten angenäherten
Ortes für jede Standlinie erspart wird.
Anmerkung. Die Ermittelung des wahren Azimuts kann in verschiedener Weise geschehen. Entweder kann
dasselbe unter günstigen Verhältnissen besonders bei kleinen Höhen durch eine Peilung mit Hülfe von Ortsmiss-
weisnng und Deviation des Peilkompasses gewonnen werden, oder man kann dasselbe sehr bequem den an Bord
von allen eisernen Schiffen gebräuchlichen Azimuttafeln direkt entnehmen; drittens endlich lässt sich dasselbe nach
der Sinusregel aus dem sphärischen \ ZPG leicht durch die Formel
sin A = cos S sin t. sec h
mit 4steliigen Logarithmen berechnen.
§ 12. Gang der Rechnung. Gebrauch von Tafel I und II. Es ist von § 8 her bekannt, dass für die
Reduktion einer Höhenbeobachtung die Entscheidung darüber maassgebeud ist, ob das Azimut des beob
achteten Gestirns zwischen 45° und 185° oder ausserhalb dieser Grenzen liegt, indem für den ersteren Fall
Regel I, für den zweiten Regel II zur Anwendung gelangt. Führt man diese Behandlungsart auch bei dem
Zweihöhenproblem durch, so sind 3 Fälle möglich.
1) Beide Azimute liegen zwischen 45° und 135°.
2) Das eine Azimut hegt zwischen 45° und 135°, das andere ausserhalb dieser Grenzen.
3) Beide Azimute liegen ausserhalb dieser Grenzen.
Es ist klar, dass für den ersten Fall bei beiden Höhen Regel I in Kraft tritt und zwar ist es für
die Zwecke der Rechnung, wie im folgenden ersichtlich werden wird, am bequemsten, die Stundenwinkel
beider Gestirne mit derselben gegissten Breite zu berechnen, so dass die beiden angenäherten Oerter auf
demselben Breiten23arallel liegen.
Im zweiten Falle reduzirt man zunächst diejenige Beobachtung, deren Azimut zwischen 45° und 135°
liegt, nach Regel I und hierauf die andere nach Regel II, wobei man am zweckmässigsten die nach Regel 1
gefundene Länge als gegisste Länge bei Regel II zu Grunde legt. In diesem Falle liegen also die beiden
angenäherten Oerter auf demselben Meridian.
Archiv 1894-