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Aua dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1894 No. 1 —
hat, und bei den veränderten äusseren Bedingungen, denen das Chronometer auf See unterworfen wird, als
welche hier besonders die öfters stark wechselnden Temperaturen, die Bewegungen des Schiffes und die
erhöhte Feuchtigkeit der Luft in Betracht kommen, darf man gewiss nicht annehmen, dass der Gang der
Uhr nicht dadurch bis zu einem Grade beeinflusst wird, dass die Abweichungen für die Scliiffsrecbnung in
Betracht gezogen werden müssen. Es ist daher dringend erforderlich, dass von Zeit zu Zeit durch geeignete
Methoden der Stand des Chronometers auf andere Weise ermittelt und mit dem aus den Beobachtungen im
letzten Hafen folgenden, extrapolirten Stand fortlaufend verglichen wird. Als solche Kontrolmittel bieten
sich auf See in erster Linie diejenigen Methoden dar, von welchen oben die Itede war, und so sehen wir,
dass dieselben, wenn sie auch in der Rolle der täglichen Längen-Bestimmungen den Chronometer-Längen
gegenüber unterhegen mussten, doch für die ständige Ivontrole der letzteren unentbehrlich sind. Am zweck-
massigsten gestaltet sich diese Kontrole durch Führung eines besonderen Chronometer-Journals. Trägt man
in dasselbe für jeden Tag die aus den letzten Vergleichungen im Hafen folgenden Stände ein und in die
folgende Spalte diejenigen Chronometerstände, welche nach den Kontrolmethoden abgeleitet sind, so giebt eine
fortlaufende Vergleichung dieser Wertlie so feste und sichere Anhaltspunkte über den wahrscheinlichen Stand,
dass man zu jeder Zeit die Zeit des ersten Meridians mit jeder erforderlichen Genauigkeit garantiren kann.
Anmerkung. Wenn, aus irgend einem Grunde das Chronometer während der Reise in Unordnung geräth und
stehen "bleibt, so kann man die obigen Methoden natürlich auch direkt zur Längen-Bestimmung verwertken. Die
Reduktion bleibt dann vollständig dieselbe. Man berechnet, wie gewöhnlich, die aus den Beobachtungen folgende
Greenwicher Zeit und findet dann durch Vergleichung derselben mit der mittleren Ortszeit in bekannter Weise die
Länge.
Was nun die Methoden der Chronometer-Kontrole selbst anbetrifft, so muss man unterscheiden zwischen
denjenigen, bei welchen die Zeit des ersten Meridians direkt als Ergebniss aus den Beobachtungen folgt, und
denjenigen, deren Wesen darin besteht, dass an einem Orte, dessen Breite und Länge durch terrestrische
Ortsbestimmungen bekannt ist, die mittlere Ortszeit ermittelt und hieraus durch Anbringung der Länge in
Zeit die mittlere Greenwicher Zeit gefunden wird.
Die ersteren beruhen sämmtlicli auf der schnellen Bewegung des Mondes unter den Gestirnen. Da die
siderische Umlaufszeit des Mondes ungefähr 27 Vs Tage beträgt, so beschreibt der Mond täglich einen Bogen
von etwa —— = 13° unter den Fixsternen, was einer Ortsveränderung von reichlich 1' in 2 Zeitminuten
27Vs
entspricht. Auf diesem seinem Wege sind nun für bestimmte Greenwicher Zeiten die genauen Positionen
des Mondes durch Bezugnahme auf die am Wege liegenden, als Meilensteine dienenden helleren Gestirnen
in den nautischen Jahrbüchern angegeben, und es leuchtet danach ein, dass, wenn man durch Beobachtungen
den Ort des Mondes auf diesem Wege fixiren kann, man hieraus einen Schluss auf die für den Moment der
Beobachtung geltende Greenwicher Zeit machen kann. Dabei ist es prinzipiell einerlei, ob die Fixirung
des Mondortes durch Berechnung der Rektascension aus Hölien-Beobachtungen, oder durch Abstands-Be
stimmungen von andern Gestirnen oder endlich durch Beobachtungen von solchen Phänomenen geschieht,
bei welchen der Mondrand genau diesen oder jenen Stern erreicht hat, wie bei Stern-Bedeckungen.
Bei der zweiten Gattung geschieht die Bestimmung der Ortszeit entweder in der gewöhnlichen Weise
durch eine Höhe in der Nähe des ersten Vertikals, so z. B. beim Passiren von Land, oder durch korrespon-
dirende Höhen der Sonne oder eines Fixsterns, wenn Beobachtungen über dem künstlichen Horizonte aus
führbar sind.
Man gelangt auf diese Weise zu den folgenden 5 Methoden, welche für den Seemann zum Zwecke der
Chronometer-Kontrole von Bedeutung sind:
A. Mond-Distanzen \
B. Stern-Bedeckungen i (auf See);
C. Mond-Rektascension aus Mondhöhen )
D. Zeitbestimmung in Verbindung mit terrestrischer Ortsbestimmung (beim Passiren von Land);
E. Ivorrespondirende Höhen (im Hafen).
Der Grad der erforderlichen Schärfe im Rechnen bestimmt sich für alle nautischen Probleme erstens
durch die Erwägung, dass jede Reduktion im Einklang mit der Genauigkeit der Beobachtungen und der
andern Rechnungsgrundlagen stehen soll und zweitens durch die Rücksicht auf die Bedürfnisse der Praxis
an Bord. Die Berücksichtigung beider Gesichtspunkte führt zu dem Schlüsse, dass die Anwendung äusserster