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Full text: 17, 1894

Dr. L. Ambronn: Breitenbestimmungen zur See. 
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II. B. Den Schiffsort zu finden nach der Methode der Standlinien oder der sog. Sumner-Linien. 
§ 27- Diese Methode ist die Sumner-Metliode, genannt nach dem Kapt. Thomas Sumner, welcher sie 
in einer Abhandlung, die zu Boston 1843 erschien,*) zuerst für den Gebrauch der Schiffsführer empfahl und 
erläuterte. Man kann am besten zum Verständniss ihres Wesens gelangen, wenn man sich vergegenwärtigt, 
dass der Ort eines Schiffes auf See, wie schon Eingangs bemerkt, durch den Durchschnittspunkt zweier 
Linien, nämlich eines Parallelkreises und eines bestimmten Meridianes festgelegt wird. Derselbe Punkt 
lässt sich natürlich auch defmiren durch den Durchschnitt zweier anderer Kreise, welche schief zu den 
Ersteren liegen, aber auch ihrer Lage nach auf irgend eine Art bestimmt sind. Es bleibt dann nur 
insofern eine Zweideutigkeit übrig, als ebenso wie Parallelkreis und Meridian sich in zwei Punkten schneiden, 
das auch bei den schiefen Kreisen dann der Fall ist, wenn sie sich überhaupt durchschneiden. 
Es wird aber bei einer auch nur einigermaassen genäherten Bekanntschaft mit dem jeweiligen Schiffs 
ort immer sofort die Entscheidung, welcher von beiden Schnittpunkten der gerade gültige ist, zu treffen sein. 
§ 28. Die Entstehung zweier solcher Kreise, Standlinien, kann man sich in folgender Weise veran 
schaulichen. 
Denkt man sich an einem Orte der Erdoberfläche zu einer bestimmten Zeit die Höhe eines Gestirnes 
über dem Horizonte gemessen, so wird damit auch dessen momentaner Abstand vom Zenit bekannt, denn 
er beträgt eben 90° weniger der gemessenen Höhe (90°—h). Würde man sich um den Betrag dieser Zenit 
distanz z von dem Beobachtungsorte entfernen, und zwar genau in der Richtung (Azimut) nach dem beob 
achteten Gestirne, so wird man nach einem Punkte gelangen, der das Letztere gerade im Zenit stehen hat. 
Die Entfernung der beiden Erdorte ist also gleich der gemessenen Zenitdistanz. Würde man sich jetzt 
denken, dass mit dieser Zenitdistanz als Radius um den zweiten Ort ein Kreis auf der Erdkugel geschlagen 
wird, so wird dieser selbstverständlich durch unseren Ausgangspunkt gehen, ausserdem aber wird seine 
Peripherie dargestellt werden durch alle jene Punkte der Erdoberfläche, an welchen ein Beobachter den 
betreffenden Stern zu der gegebenen Zeit in derselben Höhe resp. Zenitdistanz gesehen haben würde. Dieser 
Kreis bestimmt also auf der Erde den geometrischen Ort gleicher Zenitdistanz für den beobachteten 
Stern für die gegebene Zeit. — Auf diesem Kreise muss sich daher unfehlbar das Schiff befunden haben, 
als man die Zenitdistanz des Sternes maass. Es ist damit dasselbe bestimmt, als wenn man sagte, die 
geographische Länge eines Schiffes vom Meridiane von Greenwich ist so und so gross, damit ist nur gesagt, 
dass es sich zur gegebenen Zeit auf irgend einem Punkte des gekennzeichneten Meridianes befand. An 
welchem Punkte des Meridianes resp. unseres Kreises bleibt noch zu bestimmen. Diese Frage kann aber 
dadurch erledigt werden, dass man zur selben Zeit (z. B. durch einen zweiten Beobachter) auch noch die 
Zenitdistanz eines zweiten Sternes ermittelt und so sich noch einen zweiten Kreis verschafft, welcher eben 
falls die Eigenschaft des ersten besitzt, nämlich dass sich das Schiff auf seiner Peripherie befinden muss. 
Es ist nun ohne Weiteres sofort klar, dass der Ort des Beobachters dann einer der beiden Durchschnitts 
punkte beider Kreise sein wird. Welcher von diesen beiden Punkten der gesuchte ist, muss hei nur einiger 
maassen genäherter Ivenntniss der Gegend, in welcher sich der Beobachter befindet, sofort zu entscheiden 
sein. Ein solcher Durchschnittspunkt zweier Kreise wird um so genauer gekennzeichnet, je mehr sich der 
Winkel, unter welchem sich die beiden Kreise (resp. ihre Tangenten) schneiden, einem Rechten nähert. 
Dieser Bedingung kann dadurch genügt werden, dass man die beobachteten Gestirne nicht willkürlich wählt, 
sondern darauf achtet, dass der Azimut-Unterschied derselben nahe gleich 90° genommen wird. 
§ 29. In der Praxis ist das beobachtete Gestirn meist die Sonne, und in Folge dessen werden die ge 
messenen Höhen nicht auf zwei Gestirne zur selben Zeit bezogen, sondern auf dasselbe Gestirn, wenn dasselbe 
im Laufe mehrerer Stunden eine genügend grosse Azimut-Aenderung erlitten hat. 
Durch diesen Umstand komplizirt sich die hier gestellte Aufgabe einigermaassen, zumal während der 
Zwischenzeit auch das Schiff seinen Ort geändert haben wird. 
Auf rechnerischem Wege würde die Lösung unserer Aufgabe auf diejenige der „doppelten Höhen“ 
zurückführen. Hier aber soll dieselbe zunächst durch Konstruktion behandelt werden, und es sind deshalb 
einige Fragen vorher zu erledigen. 
*) A new and accurate metliod of finding a ship’s position at sea Ъу projection on Mercator’s chart, by Capt. Thomas 
H. Sumner. Boston 1S43.
	        
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