E. Knippteig: Die tropischen Orkane der Südsee zwischen Australien etc.
Da eine starke Sonnenstrahlung der Bildung von Orkanen günstig ist, müssen letztere beim Wende
kreis in der Mitte der Orkanzeit in grösster Anzahl Vorkommen, in niedrigeren Breiten dagegen häufiger zu
Anfang und zu Ende, als in der Mitte, vorausgesetzt, dass sie in den betreffenden Breiten ent
stehen und nicht zugewandert sind.
Die folgende Doppelreihe:
Einzelfälle Tabelle I.
Bahnen
Monat XI XII I II III IV
Neu-Kaledonien . . 1 1 11 9 6 -—
Samoa 1 7 10 1 8 2
XI XII I ~n m IV
1 — 4 6 2 —
— 6216 1
zeigt deutlich, dass Neu-Kaledonien nur ein Maximum in der Mitte der Orkanzeit hat, die Samoa-Inseln
dagegen 2 Maxima, eines am x4nfange und eines am Ende der Orkanzeit mit einem Minimum dazwischen.
Die Verspätung der Wirkung der stärksten Sonnenstrahlung beträgt, nach den Orkanzeiten gemessen, etwa
6 Wochen.
Die obige Voraussetzung trifft also zu; die meisten Orkane sind in der Nähe der Inseln entstanden,
nicht zugewandert.
In ähnlicher Weise darf man aus der verschieden langen Dauer des senkrechten Sonnenstandes schliessen,
dass die Gesammtzalil aller Orkane bei Neu-Kaledonien grösser ist, als auf den Fiji-Inseln, hier wieder
grösser, als auf den Samoa-Inseln. Aus dem vorliegenden ungleichartigen Material lässt sich dies nicht
beweisen*), aber bei den Seeleuten dieser Gegend ist diese Ansicht allgemein verbreitet und durch lange
Erfahrung begründet.
Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Orkane auf ihrer Bahn voranschreiten, be
trägt im Mittel aus 39 Werthen 8 Sm. die Stunde. Von den höchsten Werthen kommen vor: 18 Sm. einmal,
16 Sm. einmal, 15 Sm. dreimal.
Bei den nach Südwest gerichteten Bahnstrecken niederer Breiten konnte nur in wenigen Fällen die
Geschwindigkeit bestimmt werden; sie betrug im Mittel ebenfalls 8 Sm.
Wo die Geschwindigkeit desselben Orkans auf mehr als einer Strecke bestimmt werden konnte, zeigte
sich meist ein Anwachsen derselben mit der Breite.
An der australischen Küste wachsen die Werthe von 3 Sm. im Norden bis 11 Sm. im Süden. Bei Neu-
Kaledonien wechseln sie von 2 bis 13 Sm., erreichen auf 30° S. Br. 16 Sm. Westlich und östlich von Ton
gatabu häufen sich die hohen Werthe, 14 Sm. als Mittel aus 10 Fällen, dagegen war die Geschwindigkeit
der von Nord nach Süd über alle Tonga-Inseln gehenden Orkane nur V 3 so gross. Zwischen den Samoa-
und Cooks-Inseln ist das Mittel aus 7 Fällen 9 Sm.; unmittelbar hei den Samoa-Inseln kommen Werthe
von 2 Sm. vor.
Während der Entwickelung eines Orkans darf man ganz geringe Geschwindigkeiten nebst unregel
mässiger Bewegung erwarten, im offenen Meere südlich der Inseln nur in seltenen Fällen 18 Sm.
Barometer. Das Barometer fällt in manchen Orkanen durchaus nicht übermässig tief; Windstärke 11
ist mit 754 mm zusammen beobachtet worden, ein Umstand, der vielleicht Schuld an der irrigen Ansicht
ist, die Orkane der Südsee seien weniger heftig als die anderer Tropenmeere. In manchen Orkanen ist der
Fall ganz beträchtlich; so sind beobachtet in verschiedenen Orkanen: bei Neu-Kaledonien 710, 712 und
713 mm, bei Tanna 714 und 719 mm, auf den Fiji-Inseln 700, 705 und 720 mm, auf Tongatabu 712, Vavau
721, Raratonga 704, endlich in Apia 687 mm.
Der Stand 687 mm (27.05 E - z -) wird von der „Favourite“ im Hafen von Apia unter dem 6. April 1850 be
richtet, als ganz Upolu total verwüstet wurde. Dobson bezweifelt die Angaben des Instrumentes und
nimmt eine Beschädigung an, weil das Schiff wiederholt aufstiess und schliesslich strandete, besonders aber,
„weil das Barometer nach dem Vorübergang der zentralen Windstille noch gefallen sei.“ Letzterer Einwand
ist unbegründet, denn wenn, wie im vorliegenden Falle, während der Entwickelung ein Orkanzentrum über
*) Ausserdem war eine scharfe Trennung von vollen Orkanen, Stürmen mit orkanartigen Böen u. s. w., die allmählich
I in einander übergehen, bei dem spärlichen Material unthunlick, wenn man nicht von vornherein auf eine Anzahl Bahnen
i und Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Orkane verzichten wollte.