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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 189S No. 1 —
Regenzeit. Die Zeit des Nordwest-Monsuns und des gestörten Passates ist auch zugleich die Regen
zeit für diese Gebiete. Die hohe Luft- und Wasserwärme, der ausserordentliche Dampfgehalt, die von einer
senkrechten Sonne erzeugten vertikalen Strömungen, mit Windstillen abwechselnde umlaufende Winde sind
reichlichem Regenfall in dieser Jahreszeit besonders günstig.
Verdunstung. Die Verdunstung ist während dieser Monate in dem westlichen Theile der Südsee
eine besonders schnelle, die horizontale Abfuhr des Wasserdampfes fast ganz unterbrochen. Die Bewegung
der Gewässer ist das ganze Jahr hindurch im Westen durch die Inseln gehemmt; in demselben Sinne wirkt
der gestörte Passat während der wärmeren Jahreshälfte, sodass im südlichen Sommer Luft und Wasser im
Westen 3—4° Cels. wärmer sind als im Osten.
Ferner bilden die Inselketten und -Gruppen, Riffe und Atolle eine Menge mehr oder weniger abge
schlossener Becken, in denen die Temperatur des Wassers noch höher steigt, als auf offener See. Die
Wasserflächen, auf denen die Verdunstung eine besonders starke ist, sind vielfach beträchtlich grösser als
die zugehörigen Landflächen. Zwischen Neu-Kaledonien, den Loyalitäts - Inseln und den äussersten Riffen
lässt sie sich beispielsweise auf das Vierfache, bei der Fiji-Gruppe auf das Fünffache der Landfläche schätzen,
sodass bei hohem Sonnenstände und ungehinderter Strahlung die Verdunstung in der Nähe aller Riff-Inseln
ungewöhnlich schnell vor sich geht, die Luft mit Wasserdampf meist gesättigt ist.
Bedingung des Vorkommens von Orkanen. Der Gegensatz zwischen der Ost- und West-Hälfte
gipfelt aber in der Thatsache, dass dort Orkane unbekannt sind, hier kein Jahr ohne einen oder mehrere
derselben vergeht. Wir schliessen daraus, dass sowohl der gestörte Passat als auch die Orkane der West-
Hälfte durch die Anwesenheit der Inseln bedingt sind, und ferner, dass sich innerhalb einer beständigen
breiten Luftströmung kein Orkan bildet. Das letztere gilt ebensowohl für den vollentwickelten Nordwest-
Monsun wie für den Südost-Passat.
Grundlage der Untersuchung. Zur näheren Untersuchung der Orkane der West-Hälfte dienten
die 138 Nummern der Liste und des Anhanges, von denen 55 durch Bahnen vertreten sind. Einzelne Num
mern erscheinen ohne Datum, andere ohne Monat oder Jahreszahl, sodass in der folgenden Tabelle nur 125
vertreten sind.
Tabelle I.
Uebersicht der Orkane nacli der Gegend ihres ersten Auftretens und nach dem Monat.
Sept.
Okt.
Nov.
Dez.
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Summe
Nordost-Australien
2
0
ü
1
6
Salomon-Inseln
—
—
—
1
i
—
2
—
—
4
Neu-Kaledonien und Neu-Hebriden ..
i
1
1
1
ii
9
6
—
—
30
Fiji-lnseln
—
—
—
4
7
6
10
1
—
28
Tonga-Inseln
—
—
2
1
2
4
5
2
1
17
Samoa-Inseln
—
—
i
7
10
1
8
2
—
29
Cooks-Inseln
—
—
—
—
1
—
—
—
—
1
Tibuai-Inseln
—
—
■—
i
—
1
1
2
—
5
Gesellschafts-Inseln
—
—
-
i
2
—
—
-
—
b
Paumotu-Inseln
i
—
—
—
—
1
—
—
— ■
2
Summe
2
1
4
i6
36
22
35
8
1
| 125
Von den 125 Orkanen dieser Tabelle entfallen 109 auf die Monate Dezember bis März, 12 auf April
und November, 4 auf September, Oktober und Mai.
Von Mitte Dezember bis Ende März darf man am ehesten einen erwarten; ganz vereinzelt kommen
sie schon im September und noch im Mai vor.
Bei den Fiji-lnseln nimmt die Zahl der hier zuerst beobachteten Orkane von Dezember bis März stetig
zu, während bei Neu-Kaledonien und bei den Samoa-Inseln der Januar die höchsten Werthe aufweist.
Bei weitem die meisten Orkane, 104, wurden zuerst bei den Haupt-Inselgruppen beobachtet, Neu-
Kaledonien, Neu-Hebriden, Fiji-, Samoa- und Tonga-Inseln; die übrigen 21, ein Sechstel aller, vertheilen