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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S93 Ko. 7 —
liehen Theil des Festlandes einen selbständigen Angriffspunkt. Es wird hier eine der Küste parallele Luft
druck-Furche in das nord-südliche Gehänge, welches von dem kontinentalen Hochdruck-Gebiet zur äquato
rialen Luftdruck-Furche führt, eingegraben. Infolge dessen wird über dem nordtropischen Ozean ein Luft
druck-Maximum abgesondert, ein selbständiger Luftdruck-Rücken liegt jetzt zwischen der ozeanischen und
festländischen Luftdruck-Furche, auf seiner Nordseite wehen südwestliche (See-)Winde, auf seiner Südseite
nach wie vor NO-Winde. Wenn die Luftdruck-Furche über dem südlichen Theil des Festlandes noch so
flach ist, dass sie sich kaum von einer Terrasse in dem nord-südlichen Luftdruck-Gehänge unterscheidet, liegt
die Kammlinie des Luftdruck-Rückens dem Festland sehr nahe, aber je weiter der Luftdruck auf dem Lande
sinkt, desto grössere Gebiete werden den auflandigen Luftdruck-Gradienten einverleibt, desto weiter greifen
die Seewinde rückwärts aus, ein der rückschreitenden Erosion vergleichbarer Vorgang. Die windscheidende
Kammlinie gleitet gewissermaassen südwärts au dem ursprünglichen, nordsüdlichen Luftdruck-Gehänge herab;
immer kleinere absolute Werthe des Luftdrucks werden relativ am höchsten. Aber die hieraus resultirende
Abnahme der absoluten Höhe des Luftdruck-Rückens wird noch dadurch beschleunigt, dass das ursprüng
liche, nord-südliche Luftdruck-Gehänge flacher oder, was dasselbe besagt, das Gefälle an der Südseite des
Luftdruck-Rückens geringer, also die NO-Winde schwächer werden. ’Wenn es gestattet ist, eine innige Be
ziehung zwischen Luftdruck- und Temperatur-Vertheilung anzunehmen, so mag die Ursache jener Erschei
nung in Folgendem liegen. An zwei Bedingungen ist die selbständige Existenz des Luftdruck-Rückens ge
knüpft; an den Bestand eines nord-südlichen, vom Lande zum Meere geneigten und eines süd-nördlichen, von
der äquatorialen Luftdruck - Furche nordwärts geneigten Temperatur-Gradienten; der Luftruck - Rücken be
stellt so lange, als die Temperatur der Luft über dem nordtropischen Ozean geringer ist als die Tempe
ratur der Luft sowohl im Norden als auch im Süden. Der nord-südliche Temperatur-Gradient beruht auf
der schnelleren und bedeutenderen Erwärmung des Landes als des Meeres. Der süd-nördliche Temperatur-
Gradient ist nichts anderes wie der vom Aequator zum Pol gerichtete Temperatur-Gradient, welcher auf
einer homogenen mit Wasser bedeckten Erdkugel auftritt. Der erstere Temperatur-Gradient nimmt zu mit
fortschreitender Jahreszeit, d. h. mit wachsender Kulminationshöhe der Sonne, weil der Temperatur-Ueber-
scliuss auf dem Lande immer grösser wird. Dagegen nimmt der andere Temperatur-Gradient, welcher von
der äquatorialen Luftdruck-Furche nordwärts gerichtet ist, gleichzeitig ab, 1) weil die Erwärmung des nord
tropischen Ozeans zunimmt, ohne durch kalte Meeres-Strömungen oder Auftriebwasser gehemmt zu werden,
denn eine Kommunikation mit Meeren höherer Breite bezw. ablandige Winde fehlen; 2) weil die Temperatur
der über dem Meere im Gebiet des Luftdruck-Rückens absteigenden Luft immer höher wird, da sie zum Theil
einer Zirkulation angehört, durch welche sie über das hochgradig erwärmte Laud im Norden geführt wird;
ihre Temperatur muss also mit der Temperatur des Landes steigen.
Der Erfolg dieser Temperatur-Veränderungen ist der bereits erwähnte, dass die Kammlinie des Luft
druck-Rückens nach Süden verschoben wird, dass die Höhe desselben abnimmt und das südliche Gehänge
flacher wird. Gleichzeitig rückt (wie auf anderen Ozeanen) die äquatoriale Luftdruck-Furche langsam nord
wärts vor. Weil sich auf diese Weise Luftdruck-Rücken und Furche immer näher kommen, werden u. A.
die Gradienten der Regen-Wahrscheinlichkeit immer steiler. Denn die in der Luftdruck-Furche aufsteigende
Luft ist stark mit Wasserdampf gesättigt, welcher ihr theils durch die Verdunstung unter dem Aequator
selbst, theils durch den über weite Meere streichenden SO-Passat zugeführt wird. Dagegen ist die der äqua
torialen Luftdruck-Furche von Norden her zuströmende Luft relativ trocken, weil sie über dem nahen Luft
druck-Rücken abgestiegen ist. Das Vorrücken der Luftdruck-Furche nach Norden wird also dem Vordringen
einer feuchten Luftmasse gleichen. Die zwischen dem Luftdruck-Rücken und der kontinentalen Luftdruck-
Furche stattfindende Zirkulation ist vorwiegend trocken, weil die im Gebiet des hohen Luftdrucks absteigende
Luft sehr weit vom Sättigungspunkt entfernt ist, sich auf dem Wege über das Meer nicht hinreichend mit
Wasserdampf zu sättigen vermag und bei der aufsteigenden Bewegung über dem Land nur selten die Tbau-
punkt-Isothermenfläche übersteigt. Erst mit der Zeit wird der Weg über das Meer länger: die Möglichkeit
zur Aufnahme von grösseren Wasserdampfmengen nimmt zu; die vertikalen Zweige der Zirkulation werden
höher und damit wächst die Möglichkeit zur Kondensation jenes Wasserdampfes.
Die Südwärts-Bewegung des Luitdruck-Rückens strebt ebenso wie das Abflachen des südlichen Gehänges
des Rückens einem Grenzfall zu, welcher zu einer Katastrophe führt. Die Südwärts-Bewegung (das Hinab
gleiten der windscheideuden Kammlinie an dem ursprünglichen, nord-südlichen Luftdruck-Gehänge) muss auf
hören, wenn die Kammlinie des Luftdruck-Rückens die nördliche Grenze der äquatorialen Luftdruck-Furche