Di'. Willi. Meinardus: Beiträge zur Kenntniss der klimatischen Verhältnisse etc.
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13 Stürme gewesen, im April unter 3580 Beobachtungen 10, im Mai unter 2115 Beobachtungen 9 Stürme.
Mit Ausnahme des Jahres 1890, in welchem übrigens am 25. März in 0°—2° S. Br. und 88° 0. L. von zwei
Schiffen schwere Westböen (Stärke 7—8) und hohe wilde See angetroffen wurden, sind in jedem Jahre ent
weder im März oder April stürmische Unwetter in der äquatorialen Zone zur Beobachtung gekommen. Be
rücksichtigt man die Breitengrade, in welchen die Schiffe von den Stürmen erfasst wurden, so kann einem
nicht entgehen, dass im April das Häufigkeits-Maximum der Stürme etwas nördlicher liegt als im März,
nämlich in etwa 0°—2° N. Br., im März aber etwa in 2° S. Br. Also auch diese Klasse von Erscheinungen
hat die Tendenz nordwärts fortzuschreiten. (Die Stürme im Mai tragen zum Theil einen andern Charakter
wie die der voraufgehenden Monate. Der Südsturm, welcher sich am 16. Mai 1887 in 2°—4° S. Br. ent
fesselte, hängt vermuthlich mit der Cyklone zusammen, welche sich um jene Zeit in der Andamanensee
entwickelte.)
Das System atmosphärischer Erscheinungen, dessen wesentlichste Elemente in der Tabelle auf Seite 23
und in der vorhergehenden Uebersicht stürmischer Winde dargestellt sind, bewegt sich, wie man sieht, in
den Monaten März und April ausserordentlich langsam in nördlichere Breiten. Die in der Tabelle markirte
Front der Böen-, Regen- und Westwindzone rückt von Anfang März bis Ende April in 40 Tagen durch
schnittlich nur um 4° vom Aequator nordwärts vor. Denken wir uns die Bewegung mit gleicher Geschwindig
keit fortgesetzt, so würde nach weiteren 20 Tagen, d. h. um Mitte Mai, etwa 6° N. Br. erreicht werden.
Thatsächlich findet etwa um diese Zeit auf Ceylon, welches unter jener Breite liegt, der „Ausbruch des
Monsuns“ statt. 1 )
An jedem Orte der äquatorialen Zone, welcher in den Bereich des fortschreitenden Systems von
Witterungs-Erscheinungen gelangt, gehen nach einander folgende Aenderungen in der Grösse der einzelnen
Witterungselemente vor sich. Die vorher meist nördlichen oder nordöstlichen Winde werden durch veränder
liche und Stillen ersetzt, die Windstärke nimmt ab, die Temperatur, die Gewitter- und Regenneigung wächst.
Dann setzen stärkere, böige Winde aus dem westlichen Quadranten ein, die Temperatur und Gewitterhäufig
keit beginnen langsam zu sinken, dagegen werden die Regenhäufigkeit und Bewölkung noch grösser. Es ist
fast dieselbe Folge von Erscheinungen, welche um die Zeit des Monsun-Ausbruchs über Vorderindien beob
achtet wird. 2 ) Aber wegen der mit der Breite wachsenden Gegensätze der Jahreszeiten und wegen der grösseren
Fortpflanzungs-Geschwindigkeit des Phänomens ist der Witterungsumschlag über Vorderindien ein viel gewal
tigeres Ereigniss ln der äquatorialen Zone sind die jahresperiodischen Schwankungen der klimatischen Ele
mente so geringfügig, dass selbst, wenn die Extreme zeitlich nahe bei einander lägen, die aus den Mittel-
werthen benachbarter Monate bestimmte Aenderung des Witterungs-Charakters keinenfalls bedeutend sein
würde. Thatsächlich liegen die Extreme zeitlich ziemlich weit aus einander, es findet, nach den Mittelwerthen
zu urtheilen, ein allmählicher Uebergang von dem einen zum andern Witterungstypus statt. Jedoch hat man
sich zu vergegenwärtigen, dass die in den Tabellen des Anhangs gegebenen Mittelwerthe wenig geeignet
sind, den wahren Charakter eines fortschreitenden Witterungsaktes erkennen zu lassen. Wegen der un
periodischen Schwankungen der Grenzen der Windgebiete (der Südgrenze des NE-Monsuns, der Nordgrenze
des Gebiets westlicher Winde), denen vermuthlich ähnliche Schwankungen der Gewitter- und Böenzone ent
sprechen, stellen die mittleren Witterungsverhältnisse eines im Bereich jener Schwankungen liegenden
Ortes eine Mischung verschiedener, heterogener Witterungstypen dar, die in Wirklichkeit (und in synoptischer
Darstellung) räumlich und zeitlich scharf von einander geschieden sind. Es ist demnach nicht unwahrschein
lich, dass in niederen Breiten in den Monaten März und April durch das Vordringen und Zurück
weichen der oben charakterisirten Witterungszonen, gewissermaassen ein oftmaliger Ausbruch des
Monsuns erfolgt und dass die dem Sommer-Monsun eigenthümlichen Erscheinungen (grosse Regen- und
Böenhäufigkeit, massige Temperatur u. s. w.) erst ständig werden, wenn der Ausbruch des Monsuns in höheren
Breiten erfolgt ist. Hier pflegt es nicht ein mehrmaliges Vordringen des Monsuns zu sein, welches allmählich
den Witterungswechsel herbeiführt. In der Regel ist es vielmehr eine einmalige, schnell erfolgende, durch
greifende Aenderung im Witterungs-Charakter, welche von einem Extrem ins andere, von der heissen, fast
*) Blanford, Climates of Imlia. Seite 185.
-) Vgl. Blanford, a. a. 0. Seite 185. Haun, Handbuch der Klimatologie. Seite 307 ff.
Archiv 1893. 7.
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