Dr. Willi. Meinardus: Beiträge zur Kennlniss der klimatischen Verhältnisse etc.
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reichen, bleibt während des Sommers regenarm und heiss, trotzdem dort das Luftdruckminimum gelegen
ist, eine Erscheinung, welche Blanford durch die grössere Zufuhr von trockener Luft aus den westlichen
Wüstendistrikten und eine dadurch bewirkte Entsättigung der vom arabischen Meere herbeigeführten Luft
erklären möchte. (Rainfall of India. S. 71 u. 72).
Drei Monate hindurch, von Juni bis August, sind die in grossen Zügen geschilderten Verhältnisse vor
herrschend. Im September aber, wenn die Sonne ihre nördliche Deklination rasch mindert, beginnen sich
die prägnanten Züge zu verwischen. Die Luftdruckfurche, welche jetzt nur noch durch die Isobare von
753 mm umzogen wird, hat sich um einige Breitengrade südwärts verschoben und erstreckt sich jetzt südost-
wärts über die südlich von der Mahanadimündung gelegenen Küstenstriche in die Bai hinaus. Trockene
Winde aus dem nordwestlichen Quadranten unterbrechen namentlich in Nordwestindien und im oberen
Gangesthal die Regen häufig auf längere Zeit. Ueber der Bai von Bengalen bleibt auch im September die
Windrichtung SW, die Windstärke hat aber abgenommen. Infolge der Südwärtsverschiebung der Luftdruck-
furche werden nun auch Gebiete des zentralen Indiens und der Ostküste, welche während des Hochsommers
wenig Regen erhalten (s. o.), in die Zone reichlichen Niederschlags gerückt, andere nördlichere ihr entzogen.
Diese Erscheinung wird im Oktober ausgeprägter. Während der Witterungscharaktar des September noch
dem der eigentlichen Sommermonsunzeit ähnelt, — er wird von den indischen Meteorologen deshalb dieser
Zeit zugerechnet —, findet man im Oktober nichts mehr von den charakteristischen Eigenthümlichkeiten
der sommerlichen Luftdruckvertheilung über der vorderindischen Halbinsel. Die Luftdruckfurche ist auf
dem festen Lande verschwunden, dagegen hat sich ihr im September südostwärts in die Bai vorgeschobener
Ausläufer als selbstständiges, aber sehr flaches Minimum über dem westlichen Theil der Bai erhalten und
ist südwärts bis nach 15° N. Br. gerückt. Die schnellere Abkühlung des festen Landes hat für das thermisch
trägere Meer einen Temperaturüberschuss ergeben, welcher sich in der Luftdruckvertheilung auszuprägen
beginnt. Das Luftdruckmaximum, welches für die winterliche Luftbewegung über Indien bestimmend wird,
ist bereits im Oktober in einer flachen Wölbung der isobarischen Flächen zwischen Narbada und Jumna
angedeutet. Jedoch sind die Luftdruckunterschiede auf dem ganzen Gebiet sehr klein, und betragen selbst
zwischen Minimum und Maximum kaum 2 mm. Die cyklonale Luftbewegung um die Depression über dem
westlichen Theil der Bai ist daher nur sehr schwach ausgebildet. Südlich von etwa 12° N. Br. sind über
dem Meere westliche und südwestliche Winde am häufigsten, den mittleren und östlichen Theil der Bai um
kreisend, wehen sie als niederschlagsreiche östliche und nordöstliche Winde gegen die nördliche Ostküste
Vorderindiens und die Ostghats, den Herbstregenfall Carnatics erzeugend. 1 )
Da die Depression sehr flach ist, sind die Winde namentlich in ihrem zentralen Theil, wo starke Nieder
schläge fällen, schwach und veränderlich, Windstillen häufig. Werden die Niederschläge stärker und kon-
zeutrirt sich die cyklonale Luftbewegung, so kommt es gelegentlich zur Entwicklung eines jener mehr oder
weniger heftigen Wirbelstürme, welche von der Mitte der Bai sich nordwestwärts gegen die Küste von
Circars oder Orissa zu bewegen pflegen und die Schiffahrt in diesen Gewässern gefährden.
Mit nord-südwärts fortschreitender Abkühlung der nördlich gelegenen Gebiete, welche die weitere Ent
wicklung des schon erwähnten Luftdruckmaximums begünstigt, verschiebt sich das Gebiet niedrigen Luft
drucks von Oktober bis November in die Breite der südlichen Coromandelküste und Ceylons, in Gestalt
einer Furche über die Bai bis zu den Nicobaren hinüberziehend. Während aber die Gradienten auf der
Südseite dieser Furche fast verschwunden sind, wie sich später aus einer Betrachtung der dortigen Wind
verhältnisse ergeben wird, sind auf deren Nordseite durch die Entwicklung des Luftdruckmaximums die
Gradienten steiler geworden. Ein sanft abfallender, breiter Rücken hohen Luftdrucks erstreckt sich in den
Wintermonaten (von November bis Februar) von der indischen Wüste südostwärts über die südlich vom
Gangesthal gelegenen Höhen bis zur Mahanadimündung und nimmt also eine etwas südlichere Lage ein als
die sommerliche Luftdruckfurche.
Als Isobaren, welche jenen Rücken umziehen, lassen sich für November die 760, Dezember 761,
Januar 761.5, Februar 760 mm Isobaren angeben.
An der Nordseite dieses Luftdruckmaximums wehen trockene nordwestliche Winde die Gangesebene
abwärts und um das südöstliche Ende desselben biegend, vereinigen sie sich mit den nordöstlichen Winden
der Bai, welche im November bis zum 10. Grad N. Br. zur Herrschaft gelangt sind und ihr Ziel in dem
*) Blanford, Rainfall of India. S. 77 ff.