20
Aua dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1893 No. 5 —
In Betreff der übrigen Stationen ist Folgendes zu bemerken. Batavia und theilweise auch Rio und
Manila, sofern man hier die Bewölkung 1 als maassgebend ansieht, scheinen für wolkenlosen Himmel eine
doppelte Periode aufzuweisen, ein Minimum vormittags, ein anderes gegen Abend. Doch ist das nach den
vorhandenen Beobachtungen noch nicht ganz sicher, und die Zukunft muss lehren, ob diese Eigenthüm-
lichkeit allen Jahreszeiten zukommt, oder ob sie nur ein Produkt der Superposition verschiedener einfacher
Perioden ist. Wolkenlosigkeit ist zu Batavia stets und zu Rio und Manila wenigstens tagsüber eine grosse
Seltenheit, so dass die Eintrittszeiten zum mindesten noch wenig sicher sind. Bei Batavia kann von einer
täglichen Periode der Gruppe 0 kaum die Rede sein. In Hongkong ist heiterer Himmel, ausser im Sommer,
am Vormittag seltener als am Nachmittage, doch scheint die Periode einfach. Ob bei den Abweichungen,
welche diese tropischen Küstenstationen von den europäischen zeigen, die täglichen Land- und Seebriesen
eine Rolle spielen, lässt sich noch nicht sagen.
Zu Sagastir an der Lena-Mündung tritt das Minimum der Häufigkeit heiteren Himmels allem Anschein
nach auch schon am Morgen ein. Unzweifelhaft geht das aus unserer Tabelle allerdings nur für den Winter
hervor, im Herbst und zumal im Sommer ist hier wolkenloser Himmel so selten, dass sich der tägliche
Gang dieser Erscheinung aus einjährigen Beobachtungen noch nicht mit Sicherheit ableiten lässt. — Es
mag hier übrigens gleich auf den grossen Gegensatz zwischen dem polaren bezw. östlichen Sibirien und
anderen Gegenden hinsichtlich der BewölkungsVerhältnisse hingewiesen werden, der uns auch weiterhin
begegnen wird; er besteht namentlich in dem grossen Unterschiede der Jahreszeiten, und findet ferner
seinen Ausdruck darin, dass der Winter weit durchgreifendere Aenderungen in der täglichen Periode auf-
weist, als irgend eine andere Jahreszeit. Was also für niedere und mittlere Breiten gilt, dass die Bewölkung
in erster Linie durch den Stand der Sonne bedingt wird, das gilt hier nicht mehr. Hier erscheinen die Winde
als Hauptfaktoren. Sagastir ist zwar Küstenstation, aber nur im Sommer. Dann herrschen östliche Winde
vor, welche vom Janabusen herwehen und mit Dampf beladen sind. Sie bilden Nebel und tiefziebende
Stratuswolken, gegen welche die Sonne nichts vermag, und die Polarforscher mühten sich oft wochenlang,
ohne eine zuverlässige Sonnenhöhe zu gewinnen. Im Winter ist Sagastir nicht mehr als Küstenort anzu
sehen, das umliegende Meer ist gefroren, und die offenen Stellen des Meeres liegen fern; die Winde sind
stürmischer als im Sommer und von mehr wechselnder, vorwiegend kontinentaler Richtung. Daher die
Gleichmässigkeit der starken sommerlichen Bewölkung und der variable Charakter der winterlichen Wolken
decke.
Höchst werthvoll würden endlich vielstündige Beabachtungen von Alexandrien sein. Soweit nämlich
die dreimal täglichen Beobachtungen (obendrein zu den ungünstigen Stunden 9“, 3^, 9P) den Gang der
Häufigkeit wolkenlosen Himmels übersehen lassen (vergl. Tabelle XV), nimmt diese vom Morgen zum
Abend fortwährend zu, sie ist um 9“ am kleinsten, um 9? am grössten. Nur in den Wintermonaten
scheint die Wahrscheinlichkeit unbedeckten Himmels von 9“ bis 3^ eher ab- als zuzunehmen. Das er
scheint besonders im Vergleich zu dem garnicht so fernen, aber an der Nordseite des Mittelländischen
Meeres gelegenen Riva (Tabelle XIII) und dem den Uebergang vermittelnden Lesina (Tabelle XIV) von
Interesse und fordert dazu heraus, das schon so oft studirte Klima der Mittelmeerländer auch nach dieser
Hinsicht einmal zu untersuchen; es mag hier nur auf die wiederum ganz andern Bewölkungsverhältnisse
der spanischen Ostküste hingedeutet werden.
Zur weiteren Charakterisirung der Verschiedenheiten in der Aenderung der Wahrscheinlichkeit heiteren
Himmels bei den Jahreszeiten mag folgende Zusammenstellung dienen.
Es sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Beobachtung wolkenlosen Himmels
unter 20%
zu Chemnitz:
Winter . . von 7 a bis 6 p — 12 Std.
Frühling . » 3 a » 9 J) =19 »
Sommer . » 4 ft » 9 P = 18 »
Herbst . ■ » 6 a »■ 7P = 14 *
zu Sagastir:
Winter .■. v. 9 a bis Mtg. = 4 Std.
Frühling. » 5 a » 8 P =16 »
Sommer . während d. ganzen Tages
Herbst . . v. 2 a bis 10 p = 21 Std.
zu Nukuss:
Winter ■ um 10 a = 1 Std.
Frühlg. . von Mtg. bis 7P = 8 >
Sommer. | , . .
Herbst.. P™ 1 '