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Full text: 15, 1892

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S92 No. 2 — 
'I’urkestans gehört und ich die Reise gerade während der gefährlichsten Jahreszeit unternehmen musste. 
Einer meiner Kosaken war die ganze Zeit krank, so dass er überhaupt zu nichts zu brauchen war. Ich 
habe während der drei Monate, die ich in Buchara zubrachte, im Ganzen über ein halbes Pfund Chinin 
verbraucht, wovon ich allein wenigstens drei Viertheile vertilgt habe. Gegen Ende der Expedition war 
zudem mein linkes Auge von den vielen Sonnen-Beobachtungen so entzündet, dass ich mit dem rechten 
Auge beobachten musste, mit dem ich nicht gewohnt war, zu beobachten. 
Astronomische Beobachtungen. 
Die Polliöhen und Uhrkorrektionen bestimmte ich mit dem Pistor’schen Prismenkreis, dessen von 10 
zu 10 Minuten getheilter Kreis einen Durchmesser von 252 Millimetern hatte; mit den Nonien konnte man 
10 Sekunden ablesen. Sein Fernrohr hatte eine siebenfache Vergrösserung. Dieses Instrument war Jahre 
lang in den Händen von Dilettanten gewesen und deshalb in einem schauderhaften Zustand. Der silberne 
Limbus des Kreises war stellenweise durch Quecksilber geschwärzt und die Theilung deshalb kaum zu 
sehen; ausserdem war die federnde Schraubenmutter, welche die Alhidade am Kreis festhält, entzwei ge 
drückt, so dass der Konus, um welchen sich die Alhidade bewegte, wackelte. Die Ursache dieses letzteren 
Misstandes gelang es mir erst in Tschiraktschi zu entdecken und zu beseitigen, indem ich die nöthigen 
Werkzeuge von einem einheimischen Hufschmied entlehnte. Die Quecksilberflecken auf dem Limbus ver 
dunsteten allmälig von selbst in Folge der Einwirkung der Sonnenstrahlen. In Folge des erwähnten Um 
standes war ich gezwungen, bei der Berechnung einen Theil der vor dem 10. Juni ausgeführten Be 
obachtungen auszuschliessen. Das Amalgam des Quecksilberhorizontes war ganz verbrannt und mit einer 
schwarzen Kruste bedeckt, in Folge dessen das Quecksilber bei jedem Windhauch und bei jedem Hufschlag 
der Pferde in Bewegung kam, was die Beobachtungen ungemein erschwerte. Am 20. Juni kratzte ich die 
erwähnte schwarze Schichte ab und seitdem funktionirte der Horizont sehr gut. In Folge des Umstandes, 
dass ich zur Uebernahme der Expedition erst im letzten Augenblick bestimmt worden war, hatte ich nicht 
mehr Zeit gefunden, die Instrumente vor meiner Abreise noch zu untersuchen, hatte dies auch nicht für 
nöthig gehalten, weil der mit der Verwahrung der Instrumente betraute Offizier mich versichert hatte, dass 
dieselben alle im besten Stande seien. 
Für die Zeit- und Polhöhen-Bestimmungen benutzte ich ausschliesslich Sonnenhöhen, die ich überall 
genau nach demselben Schema beobachtete. Für die Polhöhen beobachtete ich in der Regel ungefähr 
sechszehn Circummeridianhöheu, wobei ich jedesmal beide Sonnenränder beobachtete. Bis zum 16. August 
beobachtete ich die Mittagshöhen mit der linken Hand, weil in Folge der grossen Sonnenhöhe bei der ge 
wöhnlichen Kreislage das Sonnenbild durch das Prisma verdeckt wurde; vom 20. August an konnte ich 
mit der rechten Hand beobachten. Für die Zeitbestimmungen beobachtete ich in der Regel um 10 Uhr 
herum je sieben Koinzidenzen der vorausgehenden und ebensoviele Koinzidenzen der nachfolgenden Sonnen 
ränder, und sodann Nachmittags ebensoviele Koinzidenzen beider Ränder auf denselben Kreistheilungen 
wie am Morgen. Nur in Nisbasch, Pskent, Tschim-kurgan und Karamuk bestimmte ich die Uhrkorrektioneu 
aus einseitigen Sonnenhöhen; in den ersten zwei Fällen, w r eil keine grosse Genauigkeit erforderlich war, 
in den zwei letzten Fällen, weil die Beobachtung der korrespondirenden Nachmittagshöhen durch die 
Witterung vereitelt worden war. Zur Bestimmung des Kollimationsfehlers des Kreises beobachtete ich in 
der Regel je zehn Koinzidenzen beider Sonnenränder, wobei ich die eine Hälfte der Bestimmungen vor den 
Vormittags- und die andere nach den Nachmittags-Beobachtungen ausführte, um mich von der Unveränder 
lichkeit des Kollimationsfehlers im Verlaufe der Beobachtungen zu überzeugen. Die Chronometer ver 
glich ich jedesmal zweimal, vor und nach den korrespondirenden Höhenbeobachtungen. 
Zur Illustrirung der Anordnung der Beobachtungen und der ungefähren Genauigkeit derselben lasse 
ich hier als Beispiel die Beobachtungen vom 16. August folgen.
	        
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