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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte 1892 No. 2 —
Zu den magnetischen Beobachtungen benutzte ich dieselben Apparate, mit welchen ich auch meine
früheren Reisebeobachtungen in den Jahren 1877—80 angestellt hatte und welche ich im III. Bande der
Annalen der Taschkenter Sternwarte ausführlich beschrieben habe. Diese bestanden in einem Inklinatorium,
•einem Azimutkompass, einem Schwingungsapparat und zerlegbarem Stativ, sämmtlich von Brauer in
Petersburg.
Ich muss hier eine Ungenauigkeit berichtigen, die sich ohne mein Verschulden in der erwähnten Be
schreibung eingeschlichen hat. Es heisst nämlich daselbst, dass die Zeichnungen der magnetischen Apparate
in halber natürlicher Grösse angefertigt seien, während dieselben in Wirklichkeit in natürlicher Grösse
dargestellt sind; dies kam daher, dass mein Auftrag, die in natürlicher Grösse hergestellten Zeichnungen
beim Druck um die Hälfte zu verkleinern, nicht ausgeführt wurde, was ich, da das Lesen der Korrekturen
»von einem Moskauer Professor besorgt wurde, erst nach Beendigung des Druckes erfuhr.
Die Sternwarte in Taschkent besitzt zwar einen vorzüglichen Wild’schen magnetischen Theodolithen und
ich hätte denselben gern für die Reise verwendet, weil die Beobachtungen mit den Brauer’schen Apparaten
minder genaue Resultate geben und dabei äusserst umständlich sind (eine vollständige Deklinationsbestim
mung z. B. erfordert zwölf Beobachtungen der Sonne, ebensoviele Einstellungen auf die Nadel, sechs
Nivellirungen des Apparates und sechsundneunzig Kreisablesungen); die Benutzung des Theodolithen wurde
mir aber verweigert, weil derselbe beim Transport zu Pferde, für den er nicht eingerichtet war, auf ge
fährlichen Gebirgswegen, leicht hätte Schaden nehmen können. Der Umstand, dass zum Transport des
Theodolithen und des zu demselben nöthigen Beobachtungszeltes zwei weitere Packpferde erforderlich ge
wesen wären, die Mittel für die Expedition diesmal aber so knapp bemessen waren, dass ich nur Dank der
Gastfreundschaft der Bucharischen Behörden ohne Defizit davon kam, veranlasste mich, nicht auf meiner
Forderung zu bestehen.
Als Convoi wurden mir zwei Kosaken des in Samarkand garnisonirenden zweiten Orenburger Kosaken-
Regiments zur Verfügung gestellt; ausserdem miethete ich als Dolmetscher und zur Hülfeleistung beim
Beobachten den Taschkenter Sarten Abu-Kadir, der vorher in gleicher Eigenschaft fünf Jahre bei der
Sternwarte in Taschkent gedient hatte.
Arbeitsplan.
Für die geographischen Ortsbestimmungen war mir folgendar Plan vorgeschrieben worden mit der
Erlaubnis, denselben je nach Umständen zu modifiziren. Als Ausgangspunkte für die Längen-Bestimmungen
sollten einerseits Samarkand, anderseits Margelan dienen, deren Längen schon vorher telegraphisch und
durch Chronometer - Uebertragung gegen die Sternwarte in Taschkent bestimmt worden waren. Da die
Dauer der Reise von Samarkand bis Margelan, die durchaus zu Pferde und auf grösstentheils unbekannten
Wegen gemacht werden musste, voraussichtlich zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen musste, so
sollte ich unterwegs noch in Gusar, Baisun, Baldschuan und Garm die absoluten Längen durch Beobachtung
von Sternbedeckungen bestimmen. Zwischen diesen Hauptpunkten sollte ich die Längen folgender achtzehn
Punkte: Schaar, Jakkobag, Wus, Kelif, Tschuschka-Gusar, Schir-abad, Derbent, Denau, Karatag, Faisa-
bad, Mamin-abad, Kalai-chum, Tobi-dara, Sanku, Bok-bascb, Karamuk, Kara-kasyk und Wuadil durch Chro-
nometer-Uebertragung bestimmen.
Marschroute.
In welcher Weise ich die Arbeiten in Wirklichkeit durchführte, ist am besten aus nachstehendem
Arbeitskatalog zu ersehen. Aus Taschkent reiste ich ab am Abend des 19. Mai, betimmte vom 20. bis
25. Mai auf dem Postwege nach Samarkand die magnetischen Koordinaten in Nisbasch, Alt-Taschkent,
Tschinas, Malek, Mursa-Rabat, Agatschty, Dschisak, Jany-kurgan und Kamenny Most und langte am
26. Mai in Samarkand an. Die zur Berechnung der Deklinations-Bestimmungen nöthigen Uhrkorrektionen
konnte ich auf den einzelnen Stationen aus Mangel an Zeit nicht besimmen. Ich bestimmte dieselben auf
der ersten Station Nisbasch und in Samarkand und leitete dann aus dem hiermit bekannten Gang meiner
fünf Chronometer mit Zugrundelegung der bekannten Längen der Beobachtungsorte die Uhrkorrektionen
für die Zwischenstationen mit hinreichender Genauigkeit ab.
Von Samarkand, wo ich die letzte Ausrüstung der Expedition besorgt hatte, marschirte ich ab am
1. Juni. Meine Karawane bestand ausser mir aus dem Dolmetscher Abu-Kadir, den Kosaken Abu-Bakir