Dr. Paul Schlee: Niederschlag, Gewitter und Bewölkung etc.
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erwärmt und so zum Aufsteigen gezwungen werden, erwärmt sich die Meeresoberfläche viel weniger
als die Luft und kann daher auch nicht Anlass zum Aufsteigen der unteren Luftschichten gehen. Woher
kommt dann aber das Bewölkungsmaximum in den Nachmittagstunden? Es ist am stärksten im Sommer, und
so finden wir auch in den Werthen für den Sommer den klarsten Aufschluss. (Dasselbe zeigen aber auch
die Zahlen für die anderen Jahreszeiten und für das Jahr.) Während das arithmetische Mittel ein Maximum
gegen 4 h p. m. (genauer um S h p.m.) zeigt, bleibt sich nicht nur die Häufigkeit des bedeckten Himmels
während des ganzen Tages, vom Morgen bis zum Abend, gleich, sondern ebenso auch die Häufigkeit des
wolkenlosen Himmels, welche am Nachmittage nicht abnimmt. Aus unserer Tabelle ist zwar für einige
Jahreszeiten und das Jahr eine kleine Abnahme zu ersehen; das liegt aber nur daran, dass wir nicht nur
Bewölkung sondern auch 1 als wolkenlos gezählt haben. 0—1 wurde bei im ganzen 1197 Beobachtungs
tagen um 8 h a. m., 12 h Mittags und 4 h p. m. 52-, 57- und 47mal beobachtet, 0 allein aber 22-, 18- und 19mal.
Dieser Unterschied, der sich schon zwischen 0 und 1 zeigt, bestätigt unseren Satz: Auf hohem Meere findet
die Zunahme der Bewölkung amNachmittag nur bei gebrochener Bewölkung statt, wolken
loser Himmel verwandelt sich nicht in bewölkten. Daraus ist wohl zu schliessen, dass bei wolken
losem Himmel keine aufsteigenden Luftströmungen entstehen. Ist der Himmel aber theilweise bewölkt, so
werden die Sonnenstrahlen in den Wolken absorbirt. Diese Luftschichten werden leichter durch Erwärmung
und durch Bildung von Wassergas (daher das Bewö^kungsminimum am Vormittag), worauf dann die auf
steigenden Luftströmungen einsetzen und Verdichtung eintritt. Die Verhältnisse liegen auf dem Meere also
insofern anders wie auf dem Lande, als aufsteigende Luftströmungen am Nachmittage als Ausdruck einer
täglichen Periode nicht bei wolkenlosem Himmel eintreten und bei bewölktem Himmel nicht unterhalb von
Wolken tragenden Luftschichten.
Interessant sind schliesslich noch die Häufigkeitszahlen für bedeckten Himmel. Im Sommer und auch im
Herbst, den Jahreszeiten, in welchen bedeckter Himmel am seltensten ist, zeigt sich kaum eine tägliche
Periode. Die unzerrissenen Wolkendecken dieser Zeiten werden fast ausschliesslich durch aufsteigende Luft
strömungen erzeugt, welche eine Folge der Luftdruckvertheilung sind. In den feuchteren Jahres
zeiten, Winter und Frühling zeigt sich jedoch eine ausgesprochene tägliche Periode. Im Winter tritt gegen
Morgen in Folge der Abkühlung oft bedeckter Himmel ein. Diese Verdichtung führt aber im Frühling
in den meisten Fällen schon in der ersten Nachthälfte zur Bedeckung des ganzen Himmels.