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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S91 No. 3 —
Die hauptsächlichsten Segelrouten sind auf der Tafel 1 eingetragen: ein grosser Theil der Schiffe geht
im Herbst von Europa ab, steht etwas nach Neujahr vor den östlichen Durchfahrten und tritt, da der NE
in der Chinasee den direkten Weg natürlich verbietet, meist durch die Djilolostrasse (seltener durch die
Molukkenstrasse) unter 130° 0. L. und 0° B. in den Grossen Ozean, geht am Wind nordwärts, um dann mit
raumem Winde die chinesische Küste (Hongkong) anzusteuern. Von dort versegelt das Schiff, falls es
nicht einige Zeit in der Küstenschifffahrt beschäftigt bleibt, was besonders in den siebziger Jahren sehr
oft der Fall war, entweder nach den Philippinen (Manila, Zebu, Iloilo), um Hanf und Zucker zu laden,
oder nach einem indischen Reishafen (Saigon, Bangkok, Singapore u. s. w.) Die von Mai an vor dem indischen
Archipel ankommenden Schiffe gehen dagegen direkt durch die Sundastrasse mit dem SW-Monsun die
Chinasee hinauf und zurück mit dem NE auf demselben Wege. In den Monaten der Windstillen (März,
April, Oktober) werden auch andere Routen eingeschlagen, z. B. durch die Makassarstrasse, Celebessee,
Basilanstrasse, Sulusee und Mindoropassage.
Es ist ganz kurz auf diese Segelschiffswege deshalb eingegangen worden, weil hierdurch für die ein
zelnen Monate der Grad der Zuverlässigkeit der vorliegenden Temperaturkarten sich ändert, z. B. haben
wir für die Gegend östlich der Philippinen nur im Winter aus angegebenem Grunde vollständig ausreichen
des Material, im Sommer sind daselbst nur sehr vereinzelt Schiffe gewesen; für die Chinasee ist dagegen
in allen Monaten gleichmässig Zahlenmaterial vorhanden. Die Segelrouten in der nördlichen Hälfte unseres
Gebietes sind leicht aus der Karte zu entnehmen: sie sind nach den Jahreszeiten weniger unterschieden als
im Süden, sodass auch für das Gelbe Meer und den Golf von Pe-tshi-li Beobachtungen aus allen Monaten
ungefähr ausreichend vorhanden sind. Oestlich von 130° 0. L. sind in allen Monaten ziemlich reich mit
Beobachtungen besetzt die nördlich von 25° N. B. nach den japanischen Inseln zu liegenden Gewässer, da
weiter südlich die Schifffahrt zwischen China und Japan gering ist. Es ist dies die' Gegend, in welcher
der Kuro-shiwo in vieler Beziehung am ausgebildetsten erscheint. Ferner lieferte die Fahrt zwischen Yoko
hama und Hakodate die höchst interessanten und wichtigen Stromgrenzen des Kuro- und Oya-shiwo. In
der Japanischen See konnten die Wintermonate nur ungenügend zur Darstellung kommen, es ruht die
Schifffahrt fast gänzlich, nicht nur an der asiatischen Küste wegen der Vereisung der Häfen, sondern auch
an der japanischen Küste wegen des überaus stürmischen, auf die Küste aufstehenden NW-Windes.
Die Journale der zwischen San Francisco und Asien verkehrenden amerikanischen Postdampfer konnte
Verfasser leider nicht benutzen, sie hätten besonders nach Osten hin wohl manche Lücke ausfüllen helfen.
Desgleichen fehlen, bis auf ein oder zwei Schiffe, für den Golf von Tongking deutsche Beobachtungen gänzlich.
Im Ganzen kann man aber glücklicherweise sagen, dass gerade die wissenschaftlich interessantesten
Gebiete zu den befahrensten gehören, so die Formosastrasse und die südlich von Japan liegenden Theile
des Ozeans.
Zu dieser von den Beobachtungen durch die Segelschiffe gebildeten Grundlage kamen noch hinzu —
aber für die meisten Gegenden nur auszugsweise •— 97 Journale der deutschen Kriegsmarine aus den Jahren
1861—1889, welche dadurch werthvoll sind, dass ihre Routen häufig in Gegenden führen, in welche Segel
schiffe fast nie kommen. Die von den Kriegsschiffen durchgängig auch während des Stillliegens in Häfen
fortgeführten Messungen der Wassertemperatur mussten im Ganzen leider unberücksichtigt bleiben, da es
hier zunächst auf eine Darstellung der eigentlich ozeanischen Verhältnisse ankam und, wie wir sehen werden,
alle einigermaassen geschützten Häfen ganz unabhängig vom offenen Ozean und dessen Strömungen sind.
Diese in sehr reicher Menge vorhandenen Hafenbeobachtungen (für Hongkong, Swatau, Amoi, Futschau,
Shanghai, Tsliifu, Tientsin, Niutschwang, Chemulpo, Wladiwostok, Nagasaki, Kobe, Yokohama, Hakodate
u. s. w.) erfordern eine eigene Bearbeitung und würden dieselbe wohl lohnen, da oft Monate lang die
Schwankungen der meteorologischen Phänomene sich werden verfolgen lassen, z. B. die stellenweise sicher
vorhandene Abhängigkeit der Wassertemperatur vom Windwechsel, der Auf- und Zugang der Flüsse u. s. f.
Endlich wurden noch 61 Dampferjournale benutzt, von 1875 (1870) an bis 1890; zu nennen sind
speziell die Aufzeichnungen der ostasiatischen subventionirten Reichspostdampfer-Linie (Bremen-Shanghai)
und diejenigen einiger Schiffe der Hamburger Kingsin-Linie nach Japan, sowie 2 an der Küste fahrende
Dampfer, die gerade für die hochnordischen Gegenden Ausbeute ergaben,
Es wurde mit den bis zum 6. Aug. 1890 bei der Deutschen Seewarte eingegangenen Journalen abge
schlossen : im Ganzen sind 436 Tagebücher benutzt.