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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1891 No. 1 —
X. Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung IV.
Chronometer-Prüfungs-Institut.
Inanspruchnahme des Institutes von Seiten der Chronometer-Fabrikanten und Schiffs-Kapitaine.
Im Jahre 1891 wurden dem Institute von Schiffs-Kapitainen 23 Chronometer — gegen 27 im Vorjahre —
zur Untersuchung übergeben. Es konnten für die Mehrzahl dieser Chronometer volle Temperatur-Unter
suchungen durchgeführt, sowie ihnen Gangformeln oder Temperatur-Tabellen mitgegeben werden. Das Ver
halten der Uhren während der Untersuchung war in den meisten Fällen ein gutes.
Von Uhrmachern wurden der Abtheilung neben den für die Konkurrenz-Prüfung bestimmten Chrono
metern 10 — gegen 4 im Vorjahre —, sowie von wissenschaftlichen Instituten und im Interesse von
Forschungs-Reisenden 14 — gegen 10 im Vorjahre — zur Prüfung übergeben. Auch hier war das Ver
halten der untersuchten Instrumente ein durchgehends befriedigendes.
Die Chronometer-Konkurrenz-Prüfung. In den Tagen vom 1. November 1890 bis 10. April 1891 wurde
die vierzehnte allgemeine Konkurrenz-Prüfung von Marine-Chronometern abgehalten. Es betheiligten sich
an derselben 5 deutsche Fabrikanten durch Einlieferung von 22 Chronometern — gegen 20 im Jahre 1890. —
Das Ergebniss dieser Konkurrenz-Prüfung darf als ein in hohem Grade befriedigendes bezeichnet werden,
indem sämmtliche zu ihr eingelieferten Chronometer bis auf eins den seitens der Kaiserlichen Admiralität
hinsichtlich ihrer Güte festgestellten Anforderungen entsprachen und sich für die Bedürfnisse der nautischen
Praxis als durchaus geeignet erwiesen haben. Von den 22 Chronometern erhielten 6 das Prädikat „vor
züglich“, davon konnten 3 als ganz besonders in der Kompensation vollendet bezeichnet werden, 11 das
Prädikat „sehr gut“, 1 das Prädikat „gut“ und 3 das Prädikat „genügend“. Ein eingehender Bericht über
diese vierzehnte Konkurrenz-Prüfung findet sich in den Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteoro
logie, Jahrgang 1891, Heft VII. Von den Instrumenten wurden 6 seitens der Kaiserlichen Admiralität
prämiirt, sowie ferner 10 von der Admiralität, 3 von wissenschaftlichen Instituten und 1 für eine geographische
Foi'schungsreise angekauft.
Prüfung der Präzisions-Taschenuhren. Zu den im Jahre 1891 abgehaltenen 6 Prüfungen wurden im
Ganzen 31 Präzisions-Taschenuhren — gegen 27 im Vorjahre — eingeliefert; von diesen bestanden 27,
darunter sämmtliche 8 für die grosse Prüfung bestimmte Uhren die Prüfung. Ausserdem wurden aut
Wunsch der betreffenden Fabrikanten 3 Uhren einer Prüfung auf Abhängigkeit des Ganges vom Magnetismus,
sowie eine Uhr, welche in ihrer Konstruktion erheblich von der gewöhnlichen abwich, einer Prüfung auf
ihre Kompensation unterzogen.
Ferner wurden im Aufträge geographischer Forschungs-Reisenden und von wissenschaftlichen Instituten
34 Präzisions-Taschenuhren auf ihren Gang in verschiedenen Temperaturen geprüft. Es ist somit auf diesem
Gebiete eine erheblich gesteigerte Inanspruchnahme der Abtheilung gegen die vorhergehenden Jahre
eingetreten.
Wissenschaftliche Arbeiten. Es wurde von dem Abtheilungs-Assistenten Herrn Dr. C. Stochert eine
Berechnung der Temperatur-Koeffizienten für sämmtliche 42 zu der 13. und 14. Konkurrenz-Prüfung ein
gelieferten Chronometer ausgeführt und im Heft VIII des Jahrganges 1891 der Annalen der Hydrographie
und Maritimen Meteorologie veröffentlicht.
Ausserdem wurde Herr Premier-Lieutenant Graf von Schweinitz, Führer der Ostasiatischen Expedition
nach den Tanganyka See, auf dem Institute in den Monaten September und Oktober in der Behandlung
der Chronometer zwecks geographischer Ortsbestimmung vorbereitet.
Der Bestand des Institutes an Apparaten und Modellen blieb während des Berichts-Jahres unver
ändert, doch wurden demselben seitens der Direktion der Sternwarte ein von letzterer neuerdings angeschaffter
Chronograph von Hipp Nachfolger in Neuchâtel mit Dintenschreiber für die Zwecke der graphischen Auf
zeichnung der Zeitsignale zur Verfügung gestellt.
Während der Beurlaubung des Abtheilungs-Assistenten Herrn Dr. Stechert im Monate August des
Berichts-Jahres übernahm der Observator der Sternwarte, Herr Dr. W. Luther, dessen Vertretung.