Dr, Gerhard Schott: Oberflächen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer.
41
Man kann demnach im November noch nicht einen kontinuirlichen Südstrom festsetzen vom Tsushan-
Archipel an bis hinab zur Linie: die Südtrift der Chinasee entwickelt sich allein aus dem Monsun der
Chinasee und wird ihr Wasser zum grossen Theil aus der Abzweigung des äquatorialen Stromes beziehen,
nur zum geringeren Theil aus der Formosastrasse selbst. Erst von Ende Dezember an scheint die Verbindung
mit der vom Gelben Meere herabkommenden Trift vollkommen hergestellt zu sein.
Zu dem Kreislauf der Gewässer in der Chinasee, bezüglich dessen wir auf Polack’s und Wagner’s
Darlegungen wiederum verweisen, sei nur bemerkt, dass die rücklaufende nordöstliche Bewegung des Wassers
längs der Ostseite der Chinasee, obwohl sie gerade im Süden nur sehr schwach ausgebildet zu sein pflegt,
doch von 8° B. an weit nach W reicht, da am Kap Padaran ein vollständiger Stromwirbel entsteht, auf
dessen östlichem Band das Wasser naturgemäss nördlich setzt 1 ); das Vollschiff „Columbus“, Sauermilch,
(No. 2463), hatte auf der Fahrt Manila-Sundastrasse im November 1885 auf 11° B. und 111° L. noch Gegen
strom von 1 Knoten per Stunde. 2 )
§ 9. Dezember. Januar.
Nur einiges Wenige ist über diese beiden Monate noch zu sagen, und dies betrifft das Gelbe und das
Japanische Meer.
Im November war, wie wir sahen, noch nicht die einfache winterliche Zirkulation, welche die Februar
karte zeigt, durchgedrungen; von Dezember an aber ist dies der Fall; der jetzt vollkommen durchgekommene
NW-Wind der chinesischen Küste nördlich von Shanghai bringt den schwachen Neerstrom zum Verschwinden
und treibt dafür in der ganzen westlichen Partie des Gelben Meeres das Wasser südwärts, während da
durch das warme Wasser der Goto-Quelpart-Strömung Gelegenheit findet, sich weiter auszubreiten und
weiter nordwestlich vorzudringen.
Besonders deutlich ist dies in der Dezember-Karte ausgeprägt; die punktirte Linie soll die ungefähre
mittlere Lage der Stromgrenze angeben. Man findet jetzt den nordwestlichen Strom bis nach 37° B. und
123° L. hinauf (z. B. Dampfer „Tai-chong“, am 6. Dezember 1889); südlich von Quelpart-Insel setzt der
selbe (warme) Strom fast West, worauf die Isothermen schon hinweisen, was uns auch Kapt. z. S. von Kall
für S. M. S. „Hertha“, 3. und 4. Januar 1882, bestätigt. 3 )
Die Temperaturgegensätze sind auch jetzt wieder ganz schroff ausgebildet, was im November noch nicht
der Fall war. Die im Golf von Pe-tshi-li rasch eintretende starke Erkaltung des Wassers (im November
noch 12°, im Januar 2—3° und stellenweise Treibeis, so vor Tshifu im Januar 1878) lässt den Abfluss des
Gelben Meeres scharf hervortreten; im Dezember sind auf der Grenze beider Ströme im Jahre 1878 binnen
vier Stunden Differenzen beobachtet worden von 7?8, ja 12?4 (No. 1160, Bark „Hans“, Le Moult); freilich
sind dies extreme Fälle, doch beträgt die mittlere Differenz reichlich 4° bis 5°. (Man vergleiche S. S. J.
No. 1571 am 7. Januar 1882, No. 1914 am 5. u. 6. Januar 1883, No. 1154 am 6. Januar 1878.)
Wir sind mit einem Worte wieder bei den Verhältnissen, welche für den Monat Februar gelten und
welche wir ausführlich oben behandelt haben, angelangt. —
Eins fällt noch in der Januarkarte auf: der nordöstliche Theil der Formosastrasse scheint im Januar kälter
zu sein als im Februar, und zwar um volle 5°, was dem gewöhnlichen Wärmegang des Wassers widerspricht.
Wir vermuthen, dass hier an der NW-Ecke der Insel Formosa ein Auftrieb gebiet liegt, da diese Küste
entschieden im Windschutze liegt; an der südwestlichen Küste kommt die Erscheinung nicht zum Aus
druck wegen der warmen Strömung.
Es ist bei dieser Erklärung aber wieder kein Grund einzusehen dafür, dass im Februar, in welchem
der NE auch noch sehr beständig und kräftig weht, das warme Wasser an der Westküste Formosas bis
weit nach Norden reicht; wir vermögen hinreichend diese Anomalie nicht zu erklären. —
Im Japanischen Meere endlich ist der von Schrenck beschriebene Verlauf des Wassers jetzt auch vollständig
nachweisbar: man hat in Olga-Bay im Dezember Wasser-Temperatur nach Schrenck +1?8 (Monatsmittel), im
Januar +0?4 (Monatsmittel), gegenüber aber au Yezos Westküste Temperaturen bis zu 14°, bezüglich 11?
*) Annalen der Hydrographie 1890, pag. 33.
2 ) Siehe hierzu die Strombilder in Bergbaus’ phys. Atlas (Hydrographie) No. 21, auf welchem Blatte aber der Golf
von Siam fälschlich in die Zirkulation einbezogen ist.
3 ) Annalen der Hydrographie 1882, pag. 295.
Archiv 1891. 3. 0