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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1891 No. 3 —
die Segelanweisung lautet für den Sommer, auf der Fahrt von Nord nach Süd, „sich ganz dicht an der
chinesischen Küste halten“ 1 ), weil durch die ganze Breite der Strasse der Strom entgegensetzt, und zwar
in von W nach 0 steigendem Maasse.
Bark „Ferdinand“, Westergaard, loggte auf der Rhede von Takao im Jahre 1883 vom 1.—20. Juni
einen starken Strom nach N bis NNW, bei südlichen Winden 3, ja 4 Knoten pro Stunde!
Was in „Aus dem Archiv der D. Seewarte“ 2 ) Kapt. Duhme über das Aufkreuzen im nördlichen Theile
der Chinasee gegen den SW anräth auf Grund einer schnellen Reise einer dänischen Brigg, nämlich unter
Formosa nach Süd aufzuarbeiten, erscheint nach dem einen vorliegenden Fall als allgemein gültig noch
nicht genügend gesichert.
Wenden wir uns zum Japanischen Meere und dem Kuro-shiwo-Gebiet.
In der Japansee liegen im Juni die Verhältnisse noch sehr denen des Mai analog: das Vordringen des
warmen Wassers von der Koreastrasse nach beiden Seiten hin, sowohl nach NO wie NNW wird aber
entschiedener; die zwar nicht sehr bedeutenden, aber von verschiedenen Schiffen in verschiedenen Jahren
gleichmässig beobachteten Versetzungen sind auch an der Ostküste Koreas, unter dem 130. Meridian, nörd
liche. So ward die Bark „Papa“, Bannau, (No. 1988), von der Koreastrasse bis nach Wladiwostok vom
3.—9. Juni 1883 im Ganzen 59 Sm. versetzt in einem Generalkurse N4°0. Das Schiff „Hans“, Le Moult,
(No. 1160), wurde sogar am 29. und 30. Juni 1878 zwischen 40° 50' auf 132° 48' und 42° 58' auf 134° 10' versetzt
28 Sm. nach N53°W, doch ist nicht anzunehmen, dass im Juni der Einfluss dieses Theiles der Tsushima-
Strömung immer bereits über die Breite von Wladiwostok hinaufreicht. Jedenfalls ist das Bild, welches
wir uns von den Strömungs-Vorgängen für Juni, Juli zu machen haben, ganz dasselbe wie das des Gelben
Meeres 3 4 ); der Ueberschuss des in das Meer von Süd eingeführten Wassers entweicht durch die zwei öst
lichen Passagen.
Im Kuro-shiwo-Gebiet ist auch in den Karten dieser zwei Monate deutlich zu erkennen, dass der
Strom die den Ostseiten der Lu-Chu-Inseln benachbarten Meerestheile nicht betritt; was ausserdem für den Juni
z. B. eine Reise des Schiffes „Palma“, Jäger, bestätigt, von Yokohama nach Hongkong, 1870, auf welcher
östlich der Inselreihe (das Schiff schnitt 30° B. unter 134 1 /2°L., 25° B. unter 132° L.) von 28° B. an nirgends
nennensvverthe Versetzungen nach Osten getroffen wurden, dieselben waren vielmehr hauptsächlich westlich
gerichtet, theils auch südlich von West.
Die Juli-Karte zeigt, uns ferner zuerst eine wesentliche Aenderung im Strom östlich vom 140. Meridian:
der Strom setzt jetzt — aber auch erst vom Juli an, im Juni noch nicht — und während des August
(s. d. Karte) recht Nord, eine natürliche Folge der sommerlichen südlichen und südöstlichen Winde an
dieser Küste.
Der Strom geht jetzt — im August noch mehr — näher an Land, ja sehr häufig bis unmittelbar
an die Küste, wo er dann bei auflandigem Winde unter Umständen mit furchtbarem Getöse anbrandet; so
traf es z. B. Kapt. Lindenberg von der Bark „Frida Grampp“ J ) zwischen Hakodate und Yokohama und
dies wird dem Verfasser auch von Herrn Kapt. Hegemann (Assistent der D. Seewarte), der diese Gewässer
selbst gut kennt, als charakteristisch für den Sommer bestätigt. Gelegentliche Wind-Aenderungen sind aber
leicht im Stande, den Kuro-shiwo wieder etwas vom Lande abzutreiben.
Eine nothwendige Folge dieser Annäherung an das Land ist das Verschwinden der Neerströmung von
Inaboye Saki an ziemlich bis zur Tsugar-Strasse hin, und damit ist auch nothwendig eine bedeutende Ab-
schwächung des bisher in allen Monaten nachgewiesenen Neerstromes an der Südküste Nippons von Yoko
hama bis Kii-Kanal verbunden, ja auch letzterer Strom kann dann ganz verschwinden.
Im Juni — die Drehung der Stromachse ist im Osten noch nicht eingetreten — ist der Neerstrom
oft noch recht kräftig gefunden worden, so von der Brigg „Minerva“, Duhme, auf der Fahrt Yokohama-
Nagasaki (30. Juni bis 11. Juli 1883) zwischen 30° und 31° B. (!) sogar Strom nach W 1—1.5 Sm. pro Stunde 5 )
*) China Sea Directory, vol. III, 1884, p. 46.
2 ) Jahrg. IX, 1886, No. 4, p. 45.
3 ) Siehe p. 29 und 23.
4 ) Siehe Annalen der Hydrographie, 1889, p. 18.
5 ) Annalen der Hydrographie, 1884, p. 496.