Rr. Gerhard Schott: Oberflächen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer.
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untersuchen. Wir wählen hierfür die Ueberf'ahrt des Vollschiffes „Kaiser 1 ', Minnemann, von Iloilo nach
San Francisco (No. 2059), im April 1884 (vom 10. März bis 16. Mai). Es wurde auf dem Schiffe genau
auf die Wasser-Temperaturen geachtet, nachdem man einmal die Schwankungen wahrgenommen hatte;
manchmal wurde auch ausserhalb der gewöhnlichen Termine zur Vervollständigung gemessen.
Die einzelnen warmen und kühlen Partien sind herausgenommen, unter Berücksichtigung der täglichen
Amplitude, sodass also nicht gerade Nachttemperaturen allein in einen kalten Streifen fallen oder umgekehrt.
Folgendes sind (s. Fig. 4 auf Taf. 7) die Mittelwerthe der einzelnen Strecken:
Gels.
Anzahl der
Reobb.
a—b
22.3
42
b—c
17.8
50
c—d
13.3!
5
d—e
15.0
16
e—f
12.2
12
f~9
14.3
8
g—h
12.4
4 zum
h—i
14.0
45 [
i—k
11.1
60 j
k—l
13.7
105
[zeigen kontinuirliches Steigen, auch
[Nachts.
Im Streifen (c—d) tritt wieder dieselbe Erscheinung auf wie am 11. und 12. März 1875 nach den
oben 1 ) angeführten Beobachtungen der „Arcona“.
Wir ersehen aus den Zahlen, dass das zungenförmige Vordringen des Wassers bis über 150° 0. L. noch
zu verfolgen ist; zwischen 140° u. 150° O. L. wurden 2 warme und in der Mitte ein kühler Streifen gefunden,
ganz in Uebereinstimmung mit unserer Karte vom April. Die Stromversetzungen waren bis 150° W. L.
stets nach den 2 östlichen Quadranten gerichtet.
§ 4. Mai.
Es fällt sofort bei Betrachtung dieser Karte der ganz erstaunliche Fortschritt auf, den die Erwärmung
der ostasiatischen Gewässer mit diesem Monate macht: man vergleiche nur z. B. die Lage der 20°- und 5°-
Isotherme im April und Mai.
Wie bekannt, findet der Uebergang vom NE-Monsun zum SW im Mai statt, freilich trifft dies im
Speziellen nur sehr annähernd zu. Für den südlichen Theil unseres Gebietes beginnen bereits im März
Windstillen einzutreten; variable Winde erfüllen in der Chinasee den April und erst Mitte Mai rückt der
SW-Monsun von der Linie her einigermäassen geschlossen vorwärts vor. Um diese Zeit hat aber von Formosa
an nördlich der NE noch ganz entschieden das Uebergewicht gegen alle anderen Winde (mit 49 u /o), er
steht aber östlich und wird in den höheren Breiten ganz auflandig. Dieser so entstehende SE-Monsun ist
es, der im Gelben Meere während des Juni, Juli, August vorherrscht und hier also abwechselt mit dem NW.
Unter Berücksichtigung dieser Wind-Verhältnisse erklärt sich die ganz ausserordentliche Erhitzung
der Chinasee: das Wasser erreicht in diesem Monat die höchsten Temperaturen, es konnten sogar S0°-Iso-
thermen gezogen werden, wobei allerdings zu bemerken ist, dass die Mittelwerthe der eingeschlossenen
Eingradfelder nur um wenige Zehntel den Werth von 80,0 übersteigen. Immerhin muss die Erhitzung des
Wassers als eine ganz beträchtliche bezeichnet werden.
Die nur geringen Tiefen, der Zenithstand der Sonne im Mai für 15°—22° B. und besonders die variablen,
flauen Winde und häufigen Windstillen wirken zusammen, um das Wasser schnell erwärmen zu lassen.
Von der Zirkulation, die die Februarkarte erkennen lässt, ist nichts mehr zu sehen, und die neue
Trift des SW-Monsuns ist noch nicht recht ausgebildet, höchstens ganz im Süden.
Merkwürdig ist die Abnahme der Temperatur nach Osten hin; der östlich von den Philippinen von N
nach S gehende Verlauf der 28°- und 29°-Isotherme ist sicher festgestellt; es ist diese Erscheinung ein
gutes Beispiel für die abnorme Erwärmung, die ein Festlandsgebiet, ja schon 1 ein Inselarchipel, auf die
Temperirung des Wassers auszuüben vermag: gefördert wird die Ausprägung des Phaenomens durch den
*) pag. 24.
Archiv 1891. 3.
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