Dr. Gerhard Schott: Oberflächen-Temperaturen und Strömungen der Ostasiatischen Gewässer.
17
etwa 30° B. an das Eindringen warmen Wassers in das Gelbe Meer (Gotö-Quelpart-Strom) und wir können
daher ungefähr auf 30° B. und 125° L. die mittlere Grenze der beiden Ströme festlegen, was gut zu dem
Verlauf der 100-Fadenlinie passt, die den 30. Parallel etwas östlich von 126° L. schneidet.
Wir haben auf der Isothermenkarte (Taf. 3) nach beobachteten Versetzungen und den von einzelnen
Schiffen mittelst des Thermometers statuirten Stromgrenzen die ungefähre mittlere Grenze beider Ströme
festzulegen gesucht; sie ist durch die punktirte Linie angedeutet.
Auffallend ist, dass das wärmere Wasser die Mitte des Gelben Meeres einnimmt und nicht, wie L.
v. Schrenek will, allein die östlichen Partien; wir haben hier aber wieder einen Beleg dafür, dass jede
Wasserversetzung, auch wenn sie sehr schwach ist, die einmal angenommene Richtung möglichst lang bei
behält: so verfolgt hier der natürlich nur noch sehr oberflächliche Strom die ihm durch die SW-Ecke von
Korea vorgeschriebene WNW- bis NW-Richtung weiter und füllt keineswegs die Buchten und Häfen der
Westküste Koreas mit warmem Wasser.
Hier seien zum Beweise auch die Beobachtungen einer Ueberfahrt von Chemulpo nach Shanghai im
Februar 1885 angeführt: S. M. Kbt. „Iltis“ fand im Hafen von Chemulpo die Wasser-Temperatur = +0.1,
dann 0.0, -0.1, —0.2, —1.1, +3.3, +5.9 [Position: 34°46', 123° 59'], +6.7, +9.2, +9.4, +11.3, +6.2,
+ 5.7 [Position: 32°30', 123° 19'], +5.9, +6.1, +6.1, +8.3, +8.5, +6.2 (Yan-tze-lciang Wasser). Es ergiebt
sich hieraus evident, dass das warme Wasser die Mitte der Strasse einnimmt, und die Koreaseite gerade beson
ders kalt ist, fast bis nach 124° L. auf 35° B. ; dann folgt in W-Richtung gelagert der Warmwasser-Streifen
(bis 11?8 Max.) und darauf wieder kaltes Wasser von 32V2° B. an: dies ist das bis nach Hongkong hinunter
reichende aus dem Gelben Meere abfliessende kalte Wasser.
Man wird nicht fehl gehen, wenn man die Ursache des Hineindringens der Gotö-Quelpart-Strömung
hauptsächlich in dem für das abfliessende Wasser zu leistenden Ersatz sucht. Diese Rolle der warmen
Strömung ist übrigens schon von Krümmel treffend gewürdigt worden. Der Abfluss selbst aber wird durch
die Winde aus nördlicher Richtung hervorgerufen, ausserdem mag auch die seitliche Aspiration des nach
NO setzenden Kuro-shiwo zu einem Ansaugen von Wasser aus dem westlichen Theile des Gelben Meeres
in den Breiten 28°—30° führen.
Endlich muss bemerkt werden, dass die in der Japanischen See längs der asiatischen Küste herab-
kommende kalte Strömung (Limanstrom Schrenek’s) ganz sicher nicht den Ausgang der Koreastrasse
erreicht, selbst gegen Ende des Winters nicht, und also nie in irgend einer Weise zur Erklärung der kalten
chinesischen Küsten-Temperaturen herangezogen werden darf. Die Koreastrasse ist vollkommen abgesperrt
durch das im Süden vorbei nach WNW setzende Wasser der Gotö-Quelpart-Strömung.
Leider ruht im Februar die Schifffahrt fast ganz im Japanischen Meer, sodass wenig Beobachtungen
vorliegen: aber soviel ergiebt sich, dass auch in diesem Monat die warme Tsushima - Strömung *) an der
Westküste Nippons bis mindestens zur Tsugarstrasse reicht, wo sie zum Theil nach 0 durch die Strasse
entweicht und ihrem weiteren Verlaufe nach oben 2 ) beschrieben ist. Hierüber werden die anderen Monate
noch weitere Aufklärung bringen.
Die wenig nördlicher als die Tsugarstrasse liegende Olga Bay an der Festlandsküste hat im Gegensatz
zu den Temperaturen an der Ostseite der Japansee nach L. v. Schrenck’s Angabe eine mittlere Wasser-
Temperatur im Februar von — 0?9 C.
Zum Schluss geben wir einige erläuternde Beispiele von direkt beobachteten Versetzungen während
des Monats Februar und der dicht angrenzenden Tage; wir bekommen auf diese Weise eine Vorstellung
davon, wie in einem bestimmten Jahr und in einer bestimmten Gegend die Verhältnisse lagen. Die Kenntniss
mittlerer Strom ge schwindigkeiten ist dabei minder wichtig als die der Strom ri chtung, da letztere
das weniger schwankende Element ist, während die Geschwindigkeit infolge anscheinend geringfügiger
Ursachen ausserordentlich variirt.
*) Siehe p 8. 2 ) p. 11.
Archiv 1891. 3.
3