No. 2.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse der siebenten, achten und neunten
auf der Seewarte in den Jahren 1883—84, 1884—85, 1885—86 abgehaltenen
Chronometer - Konkurrenz - Prüfungen.
Von Dr. Carl Stecliert.
Im Anschlüsse an die in den früheren Jahrgängen des „Ans dem Archiv der Deutschen Seewarte“
veröffentlichten wissenschaftlichen Ergebnisse der ersten 6 Konkurrenz-Prüfungen von Marine-Chronometern
sind auch die Beobachtungs-Resultate der während der Jahre 1883—86 abgehaltenen 3 Konkurrenz-Prüfungen
(No. 7, No. 8 und No. 9) einer eingehenden rechnerischen Diskussion unterzogen worden.
Der Modus der Untersuchung, insbesondere die Reihenfolge und die Amplitude der zur Anwendung
gebrachten Temperaturen, war in allen 3 Fällen vollständig analog dem bei den früheren Konkurrenz-
Prüfungen befolgten Verfahren. Die Temperatur des Prüfungsrauines wurde nach 10- resp. 20tägiger Unter
suchungszeit um je 5 Grad geändert, und zwar wurden die Instrumente folgenden Temperaturen ausgesetzt:
6°, 10°, 15°, 20°, 25° und 30° C. Da gemäss den durch Seine Excellenz den Herrn Chef der Admiralität
bestätigten Beschlüssen der ersten Chronometer-Konferenz für die einzelnen Temperaturstufen gleiche Unter-
suchuugsdauer und als Gesammtzeit 180 Tage festgesetzt worden war, so entfielen auf jede der 6 Stufen
3 Dekaden. Was die Reihenfolge der angewendeten Temperaturen betrifft, so wurde die Prüfung stets bei
15° C. begonnen und zunächst eine Erwärmung, aufsteigend bis 30°, ausgeführt. Nachdem diese Maximal-
Temperatur während zweier Dekaden auf die Chronometer eingewirkt hatte, wurde die Temperatur stufen
weise bis 5° C. vermindert. Diese Minimal-Temperatur wurde, so weit es sich ohne Anwendung von Eis,
also nur durch Oeffuen von Klappen u. s. w. ermöglichen liess, während dreier Dekaden innegehalten; dann
wurde bis zum Schluss der Prüfung wiederum eine Erwärmung bis 30° C. durchgeführt.
Es erübrigt noch, hier einige Worte über die Prüfung bei niedrigen Temperaturgraden hinzuzufügen.
Da die Erfahrung gezeigt hatte, dass bei Anwendung von künstlicher durch Eis erzeugter Kälte trotz aller
Vorsicht Wasser-Niederschläge aus der atmosphärischen Luft an den Instrumenten und an den Wänden
des Prüfungsraumes, welcher in Veranlassung des Aufziehens und Vergleichens der Chronometer täglich
mindestens ein Mal betreten werden musste, sich nicht vermeiden Hessen, so wurde für die Chronometer-
Konkurrenz-Prüfungen von der Erzeugung künstlicher Kälte vollständig Abstand genommen, und es wurden
dementsprechend die Termine der Art gewählt, dass die Dekaden tiefster Temperatur in die kälteste Zeit
des Jahres fielen. Durch Oeffnen der inneren Fenster des Oberlichtes wurde dann die Einwirkung der
Aussen-Temperatur auf die Temperatur im Prüfungsraume herbeigeführt, und es ist fast immer gelungen
in dieser Weise die beabsichtigte Temperatur von 5° C. innerhalb eines Grades herzustellen.
Noch geringer waren im Allgemeinen die Schwankungen während der Dekaden höherer Temperatur.
In dieser Zeit waren sämmtliche Fenster des Oberlichtes geschlossen, es wurde auch das Oeffnen der Thür
so viel wie thunlich vermieden, so dass selbst schnelle Aenderungen der Aussen-Temperatur eine nur ganz
allmähliche Beeinflussung auf die Temperatur im Innern des mit doppelten Luftwänden versehenen Prüfungs
raumes hervorbringen konnten. Ausserdem wurde durch sorgfältig ausgeführte Regulirung der Heiz-
Vorrichtung, wobei stets nur geringe Veränderungen in der Höhe der Spitzbrenner vorgenommen wurden,
die programmgemäss festgesetzte Untersuchungs-Temperatur hergestellt.
Archiv 1800. 2.
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