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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1890 No. 1 —
2. Wissenschaftliche Konferenzen„ welche für die Thätigkeit der Seewarte
von Bedeutung waren.
Auch in diesem Jahre betheiligte sich der Direktor als Mitglied des Kaiserlichen Kuratoriums für die
Physikalisch-Technische Reichs-Anstalt in Charlotteuburg an den im Monate März abgehaltenen Sitzungen
der genannten Körperschaft. Wie schon in früheren Jahres-Berichten hervorgehoben, ist es durchaus
wünschenswerth, dass die Arbeiten der Seewarte — sofern sie eine Beziehung zu jenen der Physikalisch-
Technischen Reichs-Anstalt haben — damit im Einklang gehalten werden. Es wird dies am wirksamsten
durch die Betheiligung des Direktors der Seewarte an den Sitzungen des Kuratoriums erreicht.
Auf Veranlassung des Reichs-Eisenbahn-Amtes wurde Seitens des Staatssekretärs des Reichs-Marine-
Amtes die Direktion beauftragt, darüber Bericht zu erstatten, ob es möglich, zweckmässig und der Sache
des freien Verkehrs auf den Eisenbahnen dienlich sei, wenn Erhebungen angestellt werden würden über die
meteorologischen Verhältnisse, unter welchen Schnee-Verwehungen einzutreten pflegen, ob es möglich sei,
dieselben mit einiger Sicherheit Vorhersagen zu können und wie etwa Vorkehrungen getroffen werden könnten
gegen die schädlichen Wirkungen solcher Schnee-Verwehungen, und inwiefern die wettertelegraphischen Ein
richtungen an der Deutschen Seewarte die Mittel zur Realisirung der auf Untersuchungen dieser Art be
gründeten Erwartungen böten. Auf eine Aeusserung der Direktion hin, dass es wünschenswerth sei, den
Gegenstand unter Anlehnung an die Arbeiten der Seewarte auf dem wettertelegraphischen Gebiete zu prüfen,
wurde Seitens der Reichs-Behörden eine Konferenz berufen, bestehend aus den Herren: Geheimer Ober-
Regierungs-Rath Emmrich vom Reichs-Eisenbahn-Amte, Baurath Reps von Allenstein in Ostpreussen und
dem Königlich Sächsischen Finanzrath Gerdek aus Dresden, welchen der Professor Dr. W. Koppen als
Vertreter der Seewarte beigegeben war. Der Assistent Herr Johannes Sieveking funktionirte als Schrift
führer. Die Konferenz trat am 17. April des Berichtsjahres in den Räumen der Seewarte zusammen und
ergab nach dreitägigen Berathungen das Resultat, dass der Versuch gemacht werden sollte, Erhebungen
über die mit den Schnee-Verwehuugen verknüpften Umstände anzustellen und dass die Seewarte als Sammel-
und Zentralstelle für diese Untersuchungen zu dienen hätte. Ein eingehender Bericht über die Resultate
dieser Konferenz wurde den zuständigen Behörden vorgelegt, was zur Folge hatte, dass versuchsweise ein
Dienst zu den beregten Zwecken eingerichtet wurde, für welchen die Seewarte als Sammel- und Zentral
stelle zu dienen hatte. Wenn auch die bei Einrichtung eines solchen Dienstes in Frage kommenden Ge
sichtspunkte fern ab lagen von den eigentlichen Bestrebungen des Institutes, so glaubte doch die Direktion
in ihrer Eigenschaft als Zentralstelle für die Wetter-Telegraphie des Deutschen Reiches ihre Mithülfe in
dieser unzweifelhaft wichtigen Frage nicht versagen zu sollen. Gegen Ende des Berichtsjahres liefen die
Berichte über Schnee-Verwehungen und Schneefall im Allgemeinen bei der Seewarte ein, wurden unter der
Leitung von Professor Koppen gesammelt und von dem Assistenten Sieveking zusammengestellt und
bearbeitet. Das Ergebniss kann begreiflicherweise erst im nächsten Jahres-Berichte bekannt gegeben w r erden.
Die zweite Auflage der Instruktion für die Signalstellen der Deutschen Seewarte neigte
sich ihrem Ende zu, so dass an die Herausgabe einer dritten Auflage gedacht werden musste. Angesichts
dieser Thatsaehe erschien es zweckmässig — ebenso wie bei einer früheren ähnlichen Gelegenheit — eine Kon
ferenz der Beamten der Seewarte zu konstituiren, welche sich mit der Frage über die Wirksamkeit des Sturm-
w'arnungswesens an der deutschen Küste, über die Handhabung des Dienstes und über eventuelle Abänderung
in derselben zu äussern hatte. Unter dem Vorsitze des Direktors der Seewarte trat am 10. März 1889 eine
Konferenz in den Direktorial-Räumen zusammen und berieth die Instruktionen für die Signalstellen, deren
Fassung in allgemeinen Zügen festgestellt wurde. Im September darauf erfolgte die 3. Ausgabe dieser Instruktion*).
Am 16. Oktober des Berichtsjahres trat in Washington (U. S.) eine Konferenz zusammen, welche sich
mit verschiedenen, den Verkehr auf See beeinflussenden Stipulationen zu befassen batte. Den Thätigkeits-
kreis der Seewarte berührten jene Fragen in erster Linie, welche sich mit dem Signal- und dem Sturm-
warnungswesen beschäftigten. Die Direktion der Seewarte hatte zur Information der deutschen Delegirten
für diesen Kongress, welcher sich bis in die ersten Monate des folgenden Jahres hinüberzog, einen um
fassenden Bericht beim Staatssekretär des Reichs-Marine-Amtes eingereicht und damit den Antrag verknüpft,
dass ein Beamter der Seewarte beauftragt werde, den Sitzungen dieser Konferenz in Washington beizuwohnen.
Diesem Anträge wurde eine weitere Folge nicht gegeben.
*) Es wurde aus Versehen im Jahres-Berichte 1889 davon keine Erwähnung gethan.