Dr. W. J. van Bebber: Beiträge zur Kenntniss der Windverhältnisse etc.
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Die Zahlen dieser beiden Tabellen haben eine grosse Uebereinstimmung. Das Maximum der östlichen
Komponente fällt auf den April, das der westlichen auf den Juli, das der nördlichen auf den Mai und das
der südlichen auf den November oder Dezember, so dass also in der jährlichen Periode das Maximum eine
Drehung macht, welche der Bewegung der Uhrzeiger entgegengesetzt ist. Eine ähnliche Drehung in der
jährlichen Periode macht das Minimum der Grösse der Komponenten: für die östlichen Winde fällt das
selbe in den Juli, für die westlichen in den April, für die nördlichen in den Februar und für die südlichen
meist in den Mai.
Nach Tabelle IV nehmen die Winde mit östlicher Komponente zu im Dezember, im April und in den
Monaten von August bis Oktober, indessen ist die Zunahme in den letzteren 3 Monaten nicht so bedeu
tend, dass dieselben ein Maximum erreichten; eine Abnahme der östlichen Winde findet statt in den
B Monaten Mai bis Juli und dann im November. Umgekehrt ist das Verhalten der Winde mit westlicher
Komponente, wie es ja von vorneherein zu erwarten war.
Die nördliche Komponente nimmt zu im Januar und in der Zeit vom März bis Mai, sie nimmt ab in den
Monaten Februar, Juni, Juli und November, umgekehrt die südliche Komponente.
Der resultirende Winkel zeigt ein entschiedenes Rechtdrehen (mit der Bewegung des Uhrzeigers) in
den Monaten März und April, ein entschiedenes Zurückdrehen in den Monaten Mai und September.
Die Aenderungen der Komponenten sowie der Resultirenden in der täglichen Periode sind in der
Tabelle V (siehe Seite 8) veranschaulicht. Die Werthe für 8 h a. m. sind in der ersten Spalte gegeben worden,
diese sind von den Werthen für 2 h p. m. abgezogen und ebenso von denjenigen für 8 h p. m. die für 2 h p. m.,
so dass wir über die Aenderungen der Komponenten und der Resultanten während des Tages ein ganz
deutliches Bild erhalten.
Obgleich die Zahlen dieser Tabelle manche Unregelmässigkeiten zeigen, so geht doch daraus hervor,
dass für alle Jahreszeiten eine tägliche Periode der Windrichtung vorhanden ist, so dass der Wind im
Sinne der Bewegung der Uhrzeiger sich dreht. Diese Drehung ist am geringsten im Winter und Herbst,
am stärksten im Früjahr und Sommer.
Die östliche Komponente nimmt am Vormittage im Allgemeinen ab, am Nachmittage im Allgemeinen
zu; umgekehrt die westliche Komponente. Die nördliche Komponente wächst am Vormittage und nimmt
am Nachmittage, insbesondere in der wärmeren Jahreszeit, ab, während die Südkomponente am Vormittage
und meist auch am Nachmittage abnimmt. Die Drehung bis um 2 Uhr nachmittags beträgt für den Winter
für alle Küstenstationen durchschnittlich 7°, für den Herbst 16°, für den Sommer 34° und für den Frühling
117°; im Winter und Herbst erfolgt bis 8 Uhr abends ein Zurückdrehen um durchschnittlich bezw.
2° und 3°, dagegen im Sommer und Frühling ein weiteres Rechtdrehen um bezw. 9° und 50°, so dass also
von 8 h a m. bis 8 h p. m. die ganze Drehung für den Sommer 43°, und für den Frühling 167° beträgt.
Im Einzelnen zeigt Sylt im Frühjahr am Vormittage ein Zurückdrehen des Windes, während
am Nachmittage die Bewegung der Windfahne sich den allgemeinen Verhältnissen anschmiegt; ein
Zurückdrehen des Windes am Nachmittage findet in Neufahrwasser statt. Im Sommer sind auf Borkum und
Sylt, zu Hamburg und Memel die Winde sowohl am Vormittage als auch am Nachmittage rechtdrehend,
dagegen an den übrigen Stationen am Vormittage rechtdrehend, am Nachmittage zurückdrehend. Im
Herbst und im Winter ist, wie bereits gesagt, die tägliche Periode des Windes wenig ausgesprochen.
Zur Erklärung der täglichen Periode der Winddrehung wollen wir kurz nur Folgendes bemerken:
Wegen der mit der Höhe abnehmenden Reibung der Luftschichten nimmt nach oben hin sowohl die
Windgeschwindigkeit, als auch der Ablenkungswinkel der bewegten Luft zu. Daher ziehen die Wolken in
der Regel rechter Hand vom Unterwinde. Mit der Erwärmung in der täglichen Periode findet ein vertikaler
Luftaustausch statt, welcher in den ersten Nachmittagsstunden am stärksten ist. Die absteigenden Luft
massen theilen ihre Bewegung dem Unterwinde mit, und daher muss dieser nach rechts abgelenkt werden.
Es ist daher einleuchtend, dass die tägliche Periode in der wärmeren Jahreszeit und ebenso an heiteren
Tagen viel schärfer hervortreten muss als in der kälteren Jahreszeit und bei bedecktem Himmel. Ausser
dem ist die Lage des Ortes zum Kontinente und zum Meere zu berücksichtigen, indem hierdurch die
tägliche Periode erheblich verringert oder verstärkt werden kann.