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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1S90 No. 3 —
graphische Interpolation erhaltene Kontaktzahl 60.27 zweifelhaft und er benutzt zur Bestimmung der der
Geschwindigkeit 62.24 entsprechenden Anzahl von Kontakten die für das Anemometer von Dubinsky
abgeleitete Formel:
v = 0.910+1.02729 c—0.00076 c 2 ,
aus welcher man für c = 60.04 den Differential-Quotienten = 0.935 erhält. Mit Hülfe desselben erhält
de
man als die der Geschwindigkeit 62.24 im zweiten Falle entsprechende Kontaktzahl 60.22. Indem er auch
den im zweiten Fall beobachteten Mitwind auf die Geschwindigkeit des ersten reduzirt, erhält er folgende
Zahlen:
V 0 C x
62.24 60.04 4.91
62.24 60.22 4.67
0.18 0.24
Reduzirt man mit dem Differential-Quotienten 0.935 die Kontaktzahl auf Geschwindigkeit, so entsprechen
0.18 Kontakten 0.17 Kilometer.
Daher ist
Vi-Vi
X\—Xi
0.17
0.24
= 0.71 — a.
Der wahre Mitwind wäre danach sehr nahe 5 % der Rotations-
geschwindigkeit. Es ist dies die von Dohrandt gefundene Zahl. Da die von letzterem untersuchten
Instrumente aber grössere Dimensionen hatten, so bleibt noch eine Differenz bestehen, die sich nach
Marvin dadurch erklärt, dass Dohrandt ein Flügel-Anemometer, Dubinsky ein Robinson’sches mit dem
zu untersuchenden Instrument rotiren liess.
Marvin hat bei seiner Diskussion des Dubinsky’scheu Versuches übersehen, dass die von ihm
benutzte Gleichung für die geradlinige Bewegung gilt, während, wie sich aus den angeführten Zahlen
unzweifelhaft erkennen lässt, der Versuch nur bei der Rotationsrichtung N-O-S-W ausgeführt wurde, womit
die weiteren Folgerungen hinfällig werden.
Uebrigens scheint die benutzte Methode zu einer entscheidenden Bestimmung von a nicht geeignet,
da schon eine geringe Unsicherheit in der zweiten Dezimale des Zählers und Nenners von a, die beide
kleine Grössen sind, genügt, um den Werth des Quotienten sehr zweifelhaft zu machen.
Die bisher gewonnenen Resultate können wir in folgende Sätze zusammenfassen:
1) Das mit einem feststehenden Flügel-Anemometer bestimmte Verhältniss des Mitwindes zur Rotations
geschwindigkeit bleibt auf relativ weite Strecken in horizontaler und vertikaler Richtung sehr nahe konstant.
2) Die Rotation des Schalenkreuzes hat, wenigstens bei einem Anemometer von der Grösse der
Recknagel’schen, auf das Verhältniss keinen merklichen Einfluss.
3) Ebenso ist die Stellung des Anemometers auf dem Apparat, namentlich der Winkel, den seine
Axe mit dem Horizont bildet, ohne Bedeutung für die Grösse des Mitwindes.
4) Für Geschwindigkeiten, die nicht viel über 12 m hinausgehen, ergiebt sich für das Recknagel’sche
Anemometer ein Werth von — = 0.073.
v
5) Dieser Werth ist sehr wahrscheinlich zu hoch; der Werth 0.060—0.065, der bei höheren Ge
schwindigkeiten gefunden, dürfte der Wahrheit näher kommen, umsomehr, als er sich auch bei Anwendung
kürzerer Radien als gültig erwiesen hat.
6) Eine seitliche Komponente des Mitwindes hat nur bei sehr hohen Geschwindigkeiten mit Bestimmt
heit konstatirt werden können; eine Messung derselben gelang nicht; immerhin scheint dieselbe so klein
zu sein, dass sie für praktische Zwecke unbedenklich vernachlässigt werden kann.
7) Im Folgenden soll für den Mitwind in runder Zahl 6% der Rotations-Geschwindigkeit als der
Werth in Rechnung gebracht werden, der als der wahrscheinlichste erscheint. Von einer Verminderung
dieses Werthes für kleinere Geschwindigkeiten, die theoretisch gefordert scheint, kann bei der grossen
Unsicherheit, die der Bestimmung des Mitwindes der Natur der Sache nach anhaftet, abgesehen werden.