Dreizehnter Jahres-Bericlit der Direktion.
„ludern sich mm Buys-Ballot selbst dem Studium der Witterungs-Erscheinungen zuwandte, machte er
vor Allem den Zusammenhang zwischen der Vertheilung des Luftdruckes und der Richtung und Stärke des
Windes zum Gegenstände seiner Forschung.
„Hierbei gelangte er im Laufe der 50er Jahre allmählich zur Erkenntniss gewisser Gesetzmässigkeiten,
deren zusammenfassenden Ausdruck man später kurzweg als „Buys-Ballot’sches Gesetz“ bezeichnete.
„Tlmtsächlich ist dieses Gesetz, welches später durch den Amerikaner Ferrel in streng mathematische
Form gebracht wurde, beinahe der einzige meteorologische Satz, welcher den Namen eines Gesetzes im vollen
Sinne des Wortes verdient, das wahre Grundgesetz für die Bewegungen der Atmosphäre.
„Es ist unmöglich, hier auf die einzelnen Veröffentlichungen des unermüdlichen Forschers einzugehen,
und es mag genügen, darauf hinzuweisen, dass sie wesentlich in der konsequenten Verfolgung und im Aus
baue der oben dargelegten Grundgedanken bestehen.
„Dagegen muss eine andere Seite von Buys-Ballot’s 'l'hätigkeit noch etwas beleuchtet werden, nämlich
seine rastlosen Bemühungen zur Erzielung eines internationalen Zusammenwirkens zum Zwecke meteoro
logischer Forschung.
„Es wurde schon oben darauf hingewiesen, wie frühzeitig er den Werth solchen Zusammenwirkens
erkannt hatte.“
Wenn in dem Vorstehenden in grossen Zügen der wissenschaftlichen Thätigkeit und Erfolge Buys-Ballot’s
gedacht wurde, so würde doch das Bild seiner Erscheinung als Folger Maury’s nicht vollständig sein, würde
nicht besonders hervorgehoben werden, wie der unermüdliche Gelehrte stets darauf bedacht war, auch die
wissenschaftlichen Ergebnisse im Interesse des Weltverkehres zur See zu verwerthen. Als eines der hervor
ragendsten Mitglieder der Brüsseler Konferenz (1853) vertrat er in allen seinen Arbeiten bis zum Abschlüsse
seines segensreichen Lebens den Gedanken der Anwendung wissenschaftlicher Errungenschaften auf den
praktischen Seeverkehr. Was Buys-Ballot auf diesem Gebiete für den Seeverkehr seiner Nation und den
aller Nationen geleistet hat, bedarf nicht der besonderen Erwähnung in diesen Blättern: es stehen seine
Erfolge mit unvergänglichen Zügen in der Geschichte der Zivilisation eingetragen.
Ganz besonderen Dank weiss die Deutsche Seewarte dem heimgegangenen grossen Gelehrten für die
unveränderte treue Gesinnung, welche er derselben bewahrte. Nicht nur, dass Buys-Ballot den Arbeiten
der Deutschen Seewarte ein stets ungeschwächtes Interesse widmete, mit diesem Institute einen regen Ver
kehr bis in die letzten Tage seines Lebens unterhielt, bezeugte er auch bei verschiedenen Gelegenheiten
ein warmes Interesse für die Entwickelung des von ihm in vieler Hinsicht als neue Bahnen betretend er
achteten Institutes und hat namentlich durch sein persönliches Erscheinen am Tage (14. September 1881)
der feierlichen Einweihung des neuen Dienstgebäudes der Seewarte durch Kaiser Wilhelm I. der Pflege der
Wissenschaften, welche die Hauptaufgabe derselben bilden, eine wesentliche Stütze geboten.
Wenn die Direktion in diesem ihrem Jahres-Berichte dem Heimgange Buys-Ballot’s Worte der Erinnerung
widmet, so wünscht sie dadurch nicht nur die Verehrung für den im Berichts-Jahre heimgegangenen Ge
lehrten vom allgemeinen Standpunkte aus zu bekunden, sondern auch dem Danke einen Ausdruck zu ver
leihen, welchen sie einem der treuesten und begabtesten Förderer ihrer Aufgaben schuldet.
Es sei nur daran erinnert, wie das Entgegenkommen Buys-Ballot’s es ermöglichte, zu einem Ueberein-
kommen zwischen der Deutschen Seewarte und dem König!. Niederländischen Meteorologischen Institute
hinsichtlich des Austausches des maritim-meteorologischen Materiales beider Institute für die Veröffentlichung
der Resultate der Eingradfelder und der Theilung der Bearbeitung derselben zu gelangen.
Als im Dezember 1875 sich in den Räumen der Deutschen Seewarte eine Konferenz versammelte, um
über die Einrichtung der ausübenden Witterungskunde im Nordwesten Europas zu berathen, war es wiederum
Buys-Ballot, der — ungeachtet der Strenge des Winters — sich einfand, um über für die Deutsche See
warte wichtige Fragen seinen Rath zu ertheilen. Mit ihm zugleich war in jenen Tagen Kapitän Hoffmeyer,
der unvergessliche Förderer der Meteorologie, nach Hamburg geeilt, um den zu treffenden Maassnahmen
einen möglichst internationalen Charakter zu verleihen. So lange das Institut der Deutschen Seewarte be
stehen wird, wird sie dem Andenken dieser beiden Gelehrten die dankbarste und treueste Erinnerung bewahren.
Um diesen Empfindungen auch nach Aussen einen Ausdruck zu geben, hatte sich der Direktor der
Seewarte nach Utrecht begeben, um der am 7. Februar stattfindenden Beerdigung Buys-Ballot’s beizuwohnen
und einen Kranz auf den Sarg des entschlafenen Freundes niederzulegen.