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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte — 1889 No. 4 —
In Fig. 2 ist gleichzeitig der Grundriss des
Seemannshauses und in Fig. 3 derjenige des See
warten-Gebäudes angegeben ;*) die kleinen Quadrate
bedeuten aufgesetzte Tbürme. Die ganze bisherige
Behandlung des vorliegenden Objektes geschah
auf Grund der stillschweigend gemachten An
nahme, dass die Aufstellung des Anemometers
auf der Seewarte die ungleich günstigere, wenn
nicht eine vollkommen einwurfsfreie sei; denn
das Schalenkreuz wird hier durch ein leichtes
Eisengerüst getragen, welches sich um 5.5 Meter
über die Brüstung des Thurmes erhebt; die
absolute Höhe desselben übertrifft um etwa
7.4 Meter diejenige, welche das Schalenkreuz
auf dem Seemannshause besass. Wäre nun in
der That das neue Anemometer allen Winden
gleich günstig exponirt, so sollte man erwarten,
dass die Angaben des alten Anemometers sich
denen des neuen im Südwest-Quadranten am
meisten nähern müssten, und nicht — wie es
die Thatsachen zufolge Fig. 2 ergeben, im Süd-
Quadranten ; denn auf dem Seemannshause nahm
ja das Anemometer die (abgestumpfte) Südwest-Ecke des Gebäudes ein. Geht man nur von dieser Vor
stellung bezüglich der Beeinflussung der Anemometer durch die nähere Umgebung aus, so würde man
vielleicht zu dem Schlüsse geführt, dass auch das neue Anemometer noch in merkbarer Weise gestört
werde, indem es z. B. am meisten den Westwinden exponirt sei,
und für diese gewissermaassen zu hohe Angaben liefere; hieraus
würde die Verschiebung des Minimums in dem Quotienten Sw.jSh.
von SW nach S sich ziemlich gut erklären.
Es bleibt indessen noch manches Befremdende übrig; warum
treten z. B. bei Nordostwind die Angaben auf dem Seemannshause,
das doch gegen Nordost offen ist, gegen dieselben Winde auf der
Seewarte (neues Dienstgebäude) so ungemein stark zurück?
Etwas mag daran der Umstand schuld sein, dass sich das
Anemometer auf dem Thürmchen des Seemannshauses nicht in
dessen Mitte befand, sondern in der Nähe des südwestlichen
Randes, während in der Mitte eine dünne Fahnenstange auf-
gestellt war.**)
Erhebt man sich mit dem Anemometer nicht vollständig
aus der Einflusssphäre eines Gebäudes oder der Unebenheiten
eines Terrains, so wird man Unregelmässigkeiten in dessen Auf
zeichnungen wohl selbst bei der gründlichsten Diskussion der Beobachtungen nicht erschöpfend erklären
können. Auch kommt es zunächst nur darauf an, dass die Kontinuität der Windaufzeichnungen, jener von
1876—1881 auf dem Seemannshause und jener von 1881 und weiterhin, gewahrt bleibe.
Zur Erreichung des soeben genannten Zieles erscheint es noch von Wichtigkeit, dass die zu den
vorstehenden Vergleichungen benutzten Anemometer hinsichtlich ihrer Registrirungen und deren Werth
gekennzeichnet werden. Es musste daher därauf Bedacht genommen werden, die beiden Instrumente hin
sichtlich ihrer Angaben strengstens zu kontroliren. Eine Bestimmung der Konstanten der Instrumente auf dem
Rotations-Apparate schien hierzu weniger zweckmässig, als die direkte Vergleichung der beiden in der freien
Luft und unter möglichst gleichen Bedingungen aufgestellten. Zu diesem Behüte war auf dem West- (dem
*) Wobei die 2° 32' betragende Abweichung von der genaueren Orientirung unberücksichtigt bleibt. „Aus dem Archiv
der Deutschen Seewarte“, 1884, No. 2, S. 7.
**) Siehe auch No. 2 „Aus dem Archiv der D. Seewarte“ 1884, Seite 10 und 1885, No. 2, Seite 34.